Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Spielfeld hinweg.
Ein gedämpftes Klopfen ertönte an der Tür. Lucas trat ein. »Ihr Gast ist eingetroffen, Ma’am.«
Ein warmes Summen breitete sich in ihrem Bauch aus. »Ich bin gleich unten.« Ja, das war wirklich ein Tag, an dem alles perfekt lief!
Robin Harveys Hände folgten fasziniert den Seiten ihres Brustkorbs und kamen mit leichter Berührung auf ihren Hüften zur Ruhe. »Versuche, den Rücken besser gerade zu halten, während du mit den Händen im Wasser auftriffst«, wies er sie an. »Und stelle dich so hin, daß das Gleichgewicht mehr auf den Fersen ruht.«
»So?« Julia lehnte sich rücklings an ihn. Ganz an der Schwelle zur Wahrnehmung spürte sie ein leises Zittern in seinen Fingerspitzen.
»Nicht ganz so stark.« Er ließ sie plötzlich los.
Julia tauchte ins Wasser, durchstieß elegant die Oberfläche.
Das Schwimmbecken war eine große ovale Angelegenheit hinter dem Haus und mit Sprungbrettern und einer mehrfach verschlungenen Rutschbahn ausgestattet. Dazu kamen ein reichhaltiger Vorrat an bunten Wasserbällen und Luftmatratzen sowie eine Wellenmaschine. Die umliegende Veranda wies eine Bar- und Grillzone auf. Alles war fürs Vergnügen ausgelegt.
Julia tauchte wieder auf und strich sich das Haar zurück. Robin Harvey lächelte zu ihr herunter.
Er war ihr am Mittwoch aufgefallen, als man ihr die englische Schwimmermannschaft vorstellte – ein starkes, breites Gesicht, borstiges blondes Haar; er war schrecklich nervös gewesen bei der Aussicht, ihr zu begegnen. Sein kräftiger Körperbau, seine Jugend – er war achtzehn, ein Jahr jünger als sie – und dieser Hauch von verlegener Bescheidenheit bildeten eine gewinnende Kombination.
Er war so viel natürlicher als Patrick.
Sie hatte Wert darauf gelegt, noch während der Trainingsstunde mit ihm zu plaudern. Sein Stil war der Schmetterling, und er hatte Spaß am Springen, obwohl er behauptete, dabei keinen professionellen Standard zu erreichen.
»O Mensch, das habe ich mir auch immer gewünscht!« sagte sie harmlos. »In den Sportsendungen sieht das immer so geil aus, wie ein Ballett in der Luft. Sie könnten mir doch nicht ein paar der einfacheren Sprünge beibringen, oder?« Sie gestattete sich bei den letzten Worten einen hoffnungsvollen Unterton. Die einsame, teure Prinzessin, die nicht einen Moment lang Spaß haben durfte.
Eine so leidend vorgebrachte Bitte der Teamsponsorin abzulehnen kam natürlich nicht ernsthaft in Frage.
»Das war sehr gut«, meinte Robin, als sie die Leiter heraufstieg. »Du lernst schnell.«
In Bern war ich die Amateur-Sprungmeisterin der Schülerinnen unter fünfzehn. »Weil ich einen so guten Lehrer habe.«
Sein Grinsen wirkte echt. Es gefiel Julia. Sie würde viel Spaß mit Robin haben, entschied sie. Bei Schwimmern hatte sie wenigstens die perfekte Ausrede dafür, sie gleich zu Anfang von neunzig Prozent ihrer Kleider zu befreien. Die übrigen zehn Prozent müßten ihr eigentlich großen Spaß machen.
Sie sprang von der obersten Sprosse und holte tief Luft. Robins Augen wanderten hilflos zur Wölbung ihrer Brüste unter dem schlüpfrigglatten scharlachroten Stoff des rückenfreien, einteiligen Badeanzuges hinab. Bikinis zeigten zu viel, fand Julia; die männliche Vorstellungskraft war eine so mächtige Waffe – man mußte nur wissen, wie man sie gegen ihren Inhaber einsetzte.
»Ich würde gern einen Salto rückwärts probieren«, sagte sie.
»Ah, sicher.«
Nach dem Schwimmen führte sie ihn durch den großen Wintergarten, der sich an den Ostflügel von Wilholm anschloß. Der Glasanbau diente inzwischen einer ganz anderen Funktion als ursprünglich gedacht. Gefärbte Scheiben wehrten jetzt viel von der rauhen Kraft der Sonne ab; die Klimaanlage surrte fortwährend und hielt die Luft auf kühlen zwei Grad Celsius. Die Arbeitsgruppe, die mit der Renovierung des Landsitzes beauftragt war, hatte Thermalschirme an der Außenwand in die Erde eingegraben, um das Vordringen der Wärme nach innen zu stoppen. Der Garten war ein aus der Zeit herausgeschnittenes Segment, immun gegen die warmen Jahre, die an der Außenseite der mit Kondenswasser beschlagenen Scheiben vorbeizogen, und bot ein paar seltenen Exemplaren von Englands einheimischem Blattwerk ein Zuhause. Julia führte Robin einen Weg aus Steinplatten zwischen zwei Rabatten entlang. Junge Laubbäume wuchsen zu beiden Seiten in der fruchtbaren schwarzen Erde, und ihre höchsten Zweige scharrten bereits über das schräge Glasdach. Streifen
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