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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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sah.
    Er hatte sich überlegt, Zivilkleidung zu tragen, dann aber entschieden, daß es unpraktisch wäre; er hatte zuviel Zeug mitzuschleppen. Obendrein sollten Nebel und Nacht genug Deckung bieten. Die Schwarzhemden bewachten die Grenzen ihres Gebiets streng, aber innerhalb Waltons konnte man sich einigermaßen frei bewegen. Und die außersinnliche Wahrnehmung würde ihn ohnehin vor Zufallspatrouillen warnen.
    »Okay, Morgan, wir sind auf der Erde«, meldete Greg. »Geben Sie mir jetzt bitte Colin.«
    Colin hatte darauf bestanden mitzumachen, obwohl er eigentlich zu krank war für einen längeren Einsatz der Drüse. Greg brachte es jedoch einfach nicht übers Herz, das abzulehnen, nicht angesichts dieses tapferen, stumm flehenden Gesichts. Noch mehr verdammte Schuldgefühle.
    »Hier bin ich, Greg.« Colins Stimme klang dünn, besorgt und eifrig.
    Greg malte sich die ganze Versammlung in Morgans Büro aus: Eleanor, still und voller Sorge; Gabriel mit grimmigem Blick auf die Funkkonsole; Morgan mit seinen scharfen Augen, ganz ernst; Colin auf seinem Stuhl vor einem Flachbildschirm, der das Satellitenbild von Walton zeigte; das technische Personal an der Peripherie. Und der Commander des Hardlinerteams der Sicherheit, der insgeheim hoffte, daß man ihn noch in den Kampf schickte.
    »Wo steckt unser Mann?« erkundigte sich Greg.
    »Er hat sich nicht gerührt. Es muß sein Wohnhaus sein.«
    »Klar, danke, Colin.« Greg rief erneut die Computersimulation ab. Eintönige grüne Spielzeughäuser leuchteten auf und markierten die Grenze des Werksgeländes, sechzig Meter entfernt. Greg kippte das Display in senkrechte Position und reduzierte die Darstellung, bis sie ein Panoramamodell des ganzen Bezirks ergab. Das Haus, das Colin als Knebels Standort genannt hatte, blinkte in hellem Bernsteingelb. Es waren siebenhundert Meter bis dorthin, direkt nach Süden. Eine Wegegraphik baute sich von der Fabrik aus auf, eine orangene Schlange, die sich durch die Nebenstraßen und die engen Gassen wand.
    »Gehen wir«, sagte Greg. Das Display wechselte wieder zur maßstabsgerechten Darstellung, in der sich der Weg als rötlich orangefarbene Glasschlange abzeichnete.
    »Ich halte dich auf dem laufenden«, sagte Colin.
    Greg sah, wie Teddy ihm das Gesicht zuwandte; das ausdruckslose Band über den Augen verriet nichts.
    »Nein, Colin, gib uns erst wieder den aktuellen Stand, wenn wir ein paar hundert Meter weit gekommen sind, damit wir Bescheid wissen, ob er noch dort ist.«
    »Ich schaffe es schon, Greg.«
    »Yeah, aber falls er anfängt herumzuspazieren, wirst du ihm für uns nachspüren müssen. Ich möchte nicht, daß du dich überanstrengst.«
    »Ja. Tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht.«
    »Okay, ich gebe durch, sobald wir soweit sind.« Er leitete eine Drüsensekretion ein und setzte sich entlang der orangenen Linie in Marsch, wobei die Füße bis zu den Knöcheln in dem beschaulichen Photonenstrom versanken.
     
    Auf den Straßen war der Nebel dünner, aufgelockert durch Wände und eine leichte Brise, die von den Fens hereinwehte. Die Sichtweite stieg auf fünfzehn Meter. Greg schaltete die Simulation auf Umrißzeichnung zurück, und das Lichtverstärkerbild schimmerte in rauchigem Grau und Blau aus den echten Wänden und Straßen hervor.
    Eine Geisterstadt, kein Vertun.
    Nirgendwo brannte eine Straßenlaterne. Die öffentlichen Einrichtungen in Walton genossen zur Zeit keine nennenswerte Priorität beim Stadtrat. Biolicht sickerte aus einigen Häusern hervor, schimmerte durch geschlossene Fensterläden. Der Lichtverstärker zeigte sie als fast massive Streifen, die sondierend über die Straßen tasteten.
    Pro-PSP-Graffitis waren auf sämtliche Wände gespritzt. Greg und Teddy folgten einer Gasse mit einem kunstvollen Zaungemälde, das Volkspolizisten und sozialistische Klischee-Arbeiter darstellte, kühn emporblickend und in stolzer Pose; vergammelte Zaunlatten hatten schartige Löcher hinterlassen, voller Hohn für die Vision des Künstlers.
    Schwarze Säcke, die wie geschwollene Kürbisse wirkten, und Tangkartonschachteln voller Abfall bildeten eine bucklige Gezeitenlinie entlang der Bürgersteige. Der Fäulnisgestank verwesender Vegetation hing stark in der Luft und vermischte sich mit dem Geruch des Salzwassers aus den Fens. Greg sah Ratten zwischen den Beuteln herumkrabbeln und an matschigen Leckerbissen knabbern. Winzige schwarze Augen wandten sich ihm und Teddy gänzlich furchtlos zu, als sie vorübergingen. Mehrfach

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