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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Urfassung so schrecklich steif klang. Natürlich konnte sie die Rede nicht vergessen, nicht, solange die Netzknoten das Gedächtnis stützten, aber die Implantate konnten ihr nicht helfen, wenn sie über die Aussprache stolperte.
    Die Vorstellung des Raumgleiters würde das technische Ereignis des Jahres sein; sie konnte sich keinen Fehler erlauben. Zu viele Leute waren da, zu viele Fernsehkameras. Sie hatte das Gefühl, als führte eine Staffel Schmetterlinge in ihrem Bauch Kunstflugübungen durch.
    Das viertausend Pfund teure Sabareni-Kostüm, für das sie sich entschieden hatte, bestand aus reiner Seide von hellem Korallenrot. Die maßgeschneiderte Jacke hatte einen breiten Kragen und große weiße Knöpfe; der Rock war glatt und reichte bis fünf Zentimeter über die Knie. Sabareni gehörte zu ihren Lieblingsdesignern; sie fühlte sich in dem Kostüm wunderbar elegant. Sie hatte sich gegen pompösen Schmuck entschieden und sich auf ihren üblichen goldenen Christophorus sowie eine Cartier-Diamantenbrosche geeinigt. Das Mädchen hatte ihr das kastanienbraune Haar glattgebürstet, so daß es bis fast auf die Hüften fiel; es zurechtzumachen, erforderte viel Mühe, aber da es zehn Jahre gebraucht hatte, um soweit zu wachsen, wollte Julia verdammt sein, wenn sie es sich jetzt wieder schneiden ließ. Obendrein kopierten viele Mädchen inzwischen die »Juliafrisur«. Sie hatte eine Medienpräsenz entwickelt, von der Rockstars und Fernsehberühmtheiten nur träumen konnten.
    Festansprache beenden. Wenn sie sie jetzt nicht beherrschte, würde sie es nie mehr tun.
    Sie hörte die fernen Rufe der Demonstranten durch die dicken Scheiben. »Sie wirken zu wohlgenährt, um von Arbeitslosenunterstützung zu leben«, stellte Julia fest, als der Rolls von der Autobahn bog und dabei an einem großen grünen und goldenen Schild mit der Aufschrift vorbeikam:
     
    Duxford
    Event Horizon Raumfahrtinstitut
     
    Eine Polizeikette in unförmigen marineblauen Schutzuniformen hatte entlang der Ausfahrt mit ineinandergehakten Armen Position bezogen und bildete so eine Menschenbarrikade, die die Demonstranten von dem kleinen Konvoi fernhielt. Die Demonstranten, die Julia sehen konnte, schienen Anfang Zwanzig zu sein, trugen T-Shirts und Jeans und waren überwiegend männlich. Sie wirkten sauber und gesund. Wahrscheinlich Studenten.
    »Die meisten kommen von Colleges in Cambridge«, sagte Morgan.
    Julia gestand sich in Gedanken zu, daß sie einen Punkt gemacht hatte.
    »Ein käuflicher Mob«, fuhr er fort. »Sie sind heute morgen mit Bussen hergekarrt worden. Organisiert haben das ein paar radikale Gruppen wie Human Frontier und die Christlichen Maschinenstürmer. Die Leute erhalten tatsächlich Geld für ihren Auftritt. Sonst wäre auch niemand gekommen.«
    Zugriff auf Konzern-Sicherheitsdatei: Christliche Maschinenstürmer, radikale Gruppe. Julia hatte noch nie von ihnen gehört; der Name beschwor allerlei erheiternde Vorstellungen herauf. Die Datei tauchte im Gehirn auf, ein illusorisches Datenpaket, das sie nach Lust und Laune sichten oder anhalten konnte, nicht ganz visueller Natur, nicht ganz akustischer. Nackte Nerveninformation. Die Christlichen Maschinenstürmer gaben sich als Zurück-zur-Natur-Bewegung aus, die Technik in jeder Form ablehnte, außer für medizinische Zwecke. Der Sicherheit zufolge bestanden möglicherweise Verbindungen zu Ex-Apparatschiks, was jedoch bislang unbewiesen war. Die Gruppe hatte fünfzehn Ortsgruppen in größeren Städten und ein paar weitere in Europa. Man hatte eine genaue Mitgliederliste zusammengestellt. Julia sichtete die Hierarchie, deren meiste Angehörige mit weiteren kleinen, hochaktiven Gruppen zu tun hatten. Die Radikalen von heute waren ein nepotistischer, inzestuöser Haufen, dachte sie.
    Datei abbrechen.
    »Demonstrationen müssen eine Menge Geld kosten, wenn man Teilnahmegeld bezahlt«, meinte sie. »Woher stammt es?«
    »Wir ermitteln noch«, antwortete Morgan.
    »Man müßte so was verbieten«, meldete sich Patrick Browning zu Wort, der neben ihr saß. »Sie verschaffen sich nur auf deine Kosten Publizität.« Er zeigte ihr sein positives Lächeln, dieses spezielle Lächeln, das ihr versprach, sie nötigenfalls vor der ganzen Welt zu beschützen.
    Patrick war einundzwanzig. Sein goldblondes Haar reichte bis auf den Kragen. Er hatte ein sehr hübsches kantiges Gesicht, tiefe nußbraune Augen, die eine Spur Lasterhaftigkeit verrieten, und einen Körper, um den ihn jeder griechische Gott

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