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Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma

Titel: Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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auf dem Nachttisch zeigte Viertel nach eins.
    Zu spät, Nicholas, sagte er matt zu sich. Und überhaupt, wann wären schöne Frauen schon jemals mitten in der Nacht in dein Schlafzimmer geschlichen?
    Er brach das Gammastrahlen-Suchprogramm ab. In diesem Augenblick hörte er Stimmen draußen auf dem Flur, zwei Personen, die leise murmelten. Der kalte elektrische Hauch fuhr ihm erneut über den Rücken, aber er war jetzt ganz wach. Er runzelte die Stirn, konzentrierte sich, filterte das periodische Platschen des abklingenden Regens am Fenster heraus. Er wußte, daß Isabel eine der beiden war; inzwischen hätte er ihre Stimme aus dem Chaos der Hölle herausgehört.
    Neugier rang mit Angst. Er wollte wissen, was Isabel da tat, fürchtete sich aber schrecklich davor, sich zum Trottel zu machen. Falls er jedoch nicht schnell zur Tür ging, war die Chance auf das eine wie das andere verloren. Schließlich trieb ihn der Gedanke vom Stuhl hoch, ohne dieses Wissen weiterleben zu müssen, tagelang darüber zu brüten, während seine überaktive Vorstellungskraft groteske Szenarien beschwor.
    Er drehte den Messingtürgriff und bastelte bereits an einer Ausrede. Ich wollte mir nur etwas aus der Bibliothek holen; meine Toilette ist verstopft … Kläglich!
    Nur eine einzelne Bioleuchtkugel erhellte den Gang; das schwache rosaweiße Licht verunstaltete die vertrauten Korridore und verzerrte die Proportionen der schlichten Holzstühle, die vor jeder Tür standen. Lange schlangenförmige Schatten sprenkelten die Wände und verschleierten die vagen Gestalten, die hinter einem dämmerigen Nebel auf den staubigen Wandbehängen abgebildet waren.
    Die beiden Mädchen wandten Nicholas den Rücken zu und näherten sich gemessenen und freundschaftlichen Schrittes der Treppe. Sie blieben stehen, sobald der helle Lichtfächer aus seinem Zimmer hinter ihnen auf den Gang klatschte, und drehten sich langsam um. Rosette trug einen jadegrünen Seidenkimono, verziert mit phantastischen Topasgreifen. Sie steckte offensichtlich im Griff irgendeines Rausches; er hatte in Cambridge genug erlebt, um das festzustellen: schwarze Sonnenpupillen, bummelige Bewegungen. Wahrscheinlich Najade, ein komplexes Derivat des Straßensyntho, garantiert keine Horrortrips, keine Entzugssymptome. Das Chemielabor unten war gut genug ausgestattet, um das Zeug herzustellen.
    Isabel hatte immer noch ihre Jeans mit geflochtenem Ledergürtel an, zugebunden mit einer großen Schlaufe, die sie sich hinter den Hosenbund gesteckt hatte. Die Bluse hatte sie ausgezogen und trug nur noch einen einfachen schwarzen Büstenhalter, der ihre hohen, vorzüglich geformten Brüste bedeckte.
    Nicholas starrte sie in benebelter Bestürzung an, die Art Gefühl, die er auch immer dann hatte, wenn sein Vater Frühlingslämmer schlachtete. Die Szene und alles, worauf sie hindeutete, war zu makaber, zu lüstern, um sie zu begreifen. In der Düsternis hinter den Mädchen sah er wieder die rothaarige Frau, diesmal komplett. Sie war groß und breitschultrig und trug irgendeine Jacke und einen langen Rock. Er blinzelte, und ein Schwindelgefühl zwang ihn, die Tür zu packen, um nicht hinzufallen. Seine Haut fühlte sich eiskalt an, gepeinigt von heißen Schweißperlen. Er glaubte, daß ihm gleich schlecht würde. Die Welt verformte sich erschreckend, und Gesicht und Gehör lösten sich unter einer erstickenden Hitzewoge auf. Er halluzinierte, davon war er überzeugt; die einzige Erklärung war, daß er in einer schrecklichen Alptraumschleife festhing. Als sich das Bild vor seinen Augen wieder klärte, war die Phantomfrau verschwunden. Isabel und Rosette blieben jedoch massive Realitäten, unbestreitbar präsent.
    Ein Mundwinkel Rosettes verzog sich zu einem trägen, spöttischen Lächeln, als freute es sie, daß er sie gestört hatte. »Nur für Erwachsene, Nicky, Schatz«, sagte sie mit rauher Stimme. »Tut mir leid.«
    Er sah Isabel an, eine lange, gequälte Bitte, daß dies nicht geschehen möge. Ihre Reaktion bestand nur in einem angedeuteten Achselzucken, einer Geste von fast völliger Gleichgültigkeit. Es war ein Schlag, der ihn heftiger traf als der erste Schock der Entdeckung.
    Er blickte in tiefstem Elend hinterher, als die beiden schweigend weitergingen. Rosettes Füße waren unter dem Kimono nicht zu sehen, was den Eindruck erweckte, daß sie über den Teppich hinwegschwebte. Isabel hatte die Schultern gestrafft, und magere Muskelstränge spielten geschmeidig unter der makellosen Haut

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