Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
Wald und den Zitrusgehölzen lag. Kleine gelbbraune Hügel ragten zwischen den Nesseln und dem spindeldürren, verschimmelten Vergißmeinnicht auf, einer Vegetation, die um die toten Weißdornbüsche herumwucherte, welche ihrerseits den Waldrand markierten. Es mußten über achtzig Bauten sein. Greg und Eleanor zogen regelmäßig an zwei Abenden pro Woche mit den Infrarot-Laserjagdgewehren los und schossen jeweils fünfzig Karnickel ab. Am nächsten Morgen schien sich die Zahl der Tiere jedoch nie verändert zu haben.
Das heiße Klima hatte ihre Fortpflanzungszeit auf zehn Monate pro Jahr verlängert, und das undurchdringliche Gewirr des üppigen Unterholzes bedeutete, daß Greg nicht direkt zu den Bauten vordringen konnte, um eine ausreichende Zahl zu erlegen. Ein Holzfällerteam der Forstverwaltung sollte in ein paar Jahren die toten Stämme fällen und den Wald mit chinesischer Kiefer neu aufforsten; sonst hätte Greg den Wald auf dem Höhepunkt des Sommers wohl abgebrannt, und zur Hölle mit dem Besitzer. Die übrigen Zitrusbauern der Halbinsel hätten sicherlich keine Einwände erhoben.
Kaninchen waren landesweit ein Problem; ungeachtet massiver Bejagung und umfangreicher Fallenprogramme, die ihr Fleisch zu einem billigen Hauptgericht gemacht hatten, unternahmen sie ernsthafte Einfälle in Englands Getreideanbau. Das Landwirtschaftsministerium diskutierte zur Zeit mit dem Bauernverband über die Freisetzung einer neuen, virulenten Art der Myxomatose. Es war ein scheußliches Virus, aber Greg sah keine Alternative dazu.
Er zog die schwarze Lederjacke über ein dunkelblaues, kurzärmeliges Sporthemd aus Baumwolle. Die olivgrüne Hose bestand aus einem Tropengewebe, das ihm das Schwitzen ersparen sollte. Shorts wären ihm eigentlich lieber gewesen, erschienen ihm der Situation aber doch nicht angemessen. Wenigstens konnte er heute bequeme wadenhohe Verlourslederstiefel tragen; der Armani-Anzug und die glänzenden schwarzen Lederschuhe, die Eleanor für die Vorstellung des Raumgleiters von ihm verlangt hatte, waren eine Qual gewesen. Zu steif, zu heiß. Ein solcher Aufzug erinnerte ihn an die Galauniformen, die er früher zu Regimentsessen hatte tragen müssen. Immerhin waren Eleanor und er auf dem VIP-Empfang Prinz Harry vorgestellt worden, was eine Menge wiedergutmachte. Und dann lauerte ihm Julia mit ihrer ach so vernünftigen Bitte auf …
Er schüttelte den Kopf, als er daran zurückdachte. Er fühlte sich gereizt, mehr aufgrund der Tatsache, daß sie automatisch von seinem Einverständnis ausgegangen war, als darüber, wieder in eine solche Arbeit hineingezogen zu werden. Allerdings konnte er nicht behaupten, daß er echten Ärger verspürte. Es war so oder so keine besonders angenehme Vorstellung, daß ein dermaßen psychotischer Mörder wie der Kitcheners frei im Bezirk herumlief. Daß das aber bloß nicht zum Präzedenzfall wurde! Die Zitrusgehölze waren jetzt sein Leben, und hoffentlich bald auch Kinder.
Eleanor kam zur Haustür heraus und schloß mit dem Signalgeber ab. Sie trug eine marineblaue Jacke im Kellnerschnitt über einer bestickten Indianerbluse sowie einen dunkel purpurfarbenen Hosenrock. Ihr Blick schweifte über die Fenster, die sie vor dem Wochenende gestrichen hatte; die Rahmen waren mit einer mattrosa Grundierung versehen und warteten auf den Deckanstrich aus Glanzlack. Sie rümpfte die Nase.
»Vielleicht sollte ich bleiben«, sagte sie, klang aber nicht überzeugt.
»Keine Chance. Wenn ich fahren muß, dann du auch. Ich muß immer noch diese Limonenbäume pflanzen, und unsere Nachbarn, die Armee aus Killerkarnickeln, warten nur darauf, die zu fressen, die ich schon eingesetzt habe. Sieh nur!«
Eleanor funkelte die braunen Pelzbündel an, die durch das Unterholz hoppelten. »Vielleicht sollten wir den Wald doch anstecken.«
Greg öffnete die Tür des EMC Rangers und setzte sich hinters Lenkrad. »Er liegt zu dicht an Hambleton, und es ist sowieso nicht die richtige Lösung.«
»Schätze ich auch.« Sie stieg auf der Beifahrerseite ein. »Nur ist mir die Idee mit der Myxomatose zuwider.«
Er fuhr den Hang hinauf ins Dorf. Die eingeschlagenen Fenster im Haus der Collisters waren schon mit sauberen Sperrholzplatten vernagelt worden, und ein schweres Vorhängeschloß sicherte die Fronttür. Jemand hatte alle reifen Brombeeren von der Hecke gepflückt.
Eleanor bedachte das Haus mit einem düsteren Blick, als sie vorbeifuhren, sagte aber nichts.
Die dicken Reifen des EMC Rangers
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