Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
ehrliche und unparteiliche Justiz ins Leben gerufen zu haben.
Sie kamen an einer Kantine vorbei, und drei uniformierte Beamte blickten heraus. Ihre Gesichter wurden hart, als sie Greg sahen, und er fragte sich allmählich, was für Geschichten hier kursierten.
Das Kripobüro lag im oberen Stockwerk. Amanda Paterson klopfte einmal an und trat ein. Greg folgte ihr in den Lärm klingelnder Telefone und gemurmelter Gespräche. Der Raum war mit sechs Schreibtischen aus Holzimitat ausgestattet. An dreien saßen Detectives in Hemdsärmeln und tippten auf ihren Terminaltastaturen, und einer hatte sich einen altmodischen Telefonhörer zwischen Schulter und Unterkiefer geklemmt. Sie alle starrten Greg und Eleanor an. Aktenschränke aus Metall säumten die Wand neben der Tür; auf ihnen standen zuhauf Tangkartonschachteln. Ein großer Flachbildschirm bedeckte die Rückwand und zeigte eine Karte in großem Maßstab, auf der halb Oakham am rechten Rand einen roten und braunen Halbmond bildete. Es war warm hier drin, obwohl zwei Fenster offenstanden. Eine einsame Klimaanlage klimperte laut.
Detective Inspector Vernon Langley war in den späten Vierzigern. Er war fast einen Kopf kleiner als Greg, und das dunkle Haar hatte sich schon fast ganz zurückgezogen und eine schimmernde braune Glatze hinterlassen. Langley saß hinter einem Schreibtisch am Kopfende des Raums, hatte die Jacke über den Stuhl gehängt und die malvenfarbene Krawatte gelockert. Die Knöpfe am weißen Hemd spannten sich leicht und sahen nach etwa sieben Kilo Übergewicht aus.
Der Tisch war mit Ausdrucken übersät, mit Aktenmappen, daumengroßen zylindrischen Memoxkristallen und Blättern voller handgeschriebener Notizen. Langley tippte gerade auf einem English-Electric-Terminal. Das Modell war seit zehn Jahren überholt und schon ziemlich minderwertig gewesen, als es auf den Markt kam. Unter English Electric hatte ein von der PSP gegründetes staatliches Konglomerat firmiert, eine Zwangsehe zwischen einem Dutzend verschiedener Ware- Unternehmen. Nur staatliche Ämter hatten die Produkte überhaupt gekauft, während jedermann sonst sich bei den Schwarzhändlern ausländische Spitzengeräte besorgte.
Langley stand auf, um seine Gäste zu begrüßen. Er zuckte dabei leicht zusammen und rieb sich mit einer Hand die Steifheit aus dem Rücken. Er war im Fall Kitchener offensichtlich bis an seine persönlichen Grenzen gegangen: Das Gesicht war von Müdigkeit gezeichnet, und das Kinn zeigte einen nachmittäglichen Bartschatten. Greg fühlte sich schon erschöpft, wenn er den Inspector nur ansah.
»Ich wurde nicht informiert, daß Sie zu zweit kommen würden«, sagte Langley, als er Eleanor die Hand schüttelte.
»Ich unterstütze Greg als Assistentin«, antwortete Eleanor gelassen. »Ich bin auch seine Frau.«
Vernon Langley nickte widerwillig, als er sich wieder setzte. »In Ordnung; ich habe ganz sicher nicht vor, das aufzubauschen. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Greg zog zwei schlichte Holzstühle heran. Auf ein zweites Kopfnicken Vernons hin entfernte sich Amanda Paterson und setzte sich an einen Schreibtisch neben den anderen drei Detectives.
Die vier steckten die Köpfe zusammen und unterhielten sich leise.
Greg fühlte sich versucht, gleich an Ort und Stelle seine Drüse einzusetzen, aber er vermutete, daß Ablehnung das einzige Gefühl im Raum sein würde. Die Leute hier hatten alle hart an einem wichtigen Fall gearbeitet, unter einem immensen – und außerordentlich öffentlichen – Druck, schnell zu Ergebnissen zu kommen, und jetzt hatte man unter politischem Druck über ihre Köpfe hinweg entschieden, irgendeinen zivilen Publicityhai hinzuzuziehen. Er kannte das Gefühl der Frustration selbst gut genug; auch die hohen Tiere in der Armee arbeiteten nach keinem bekannten logischen Prinzip.
»Das Innenministerium hat mich heute morgen zu Hause angerufen«, sagte Langley. »Augenscheinlich hat man Sie beauftragt, in diesem Fall als mein Spezialberater tätig zu werden. Offiziell, heißt das. Inoffiziell wurde mir verdammt deutlich gesagt, daß Sie ab jetzt die Verantwortung tragen. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir zu erklären, warum das so ist, Mr. Mandel?« Der ausdruckslose Tonfall sagte mehr, als Bitterkeit oder Zorn vermocht hätten.
»Ich bin Mindstar-Veteran«, antwortete Greg respektvoll. »Meine Drüse verleiht mir empathische Fähigkeiten. Ich merke es, wenn Menschen lügen. Jemand hat mich mal als Wahrheitsfinder bezeichnet.«
»Ein
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