Mindstar 02 - Das Mord-Paradigma
einen Monat im voraus zu laden und eine verzögerte Auslösung zu programmieren.«
Sie sah ihn enttäuscht an. »Wir mußten irgendwo anfangen.«
»Yeah, sicher. Tut mir leid. Aber niemand wird sich an einen Anruf vor einem Monat oder einem halben Jahr erinnern.«
»Ich weiß, aber was können wir sonst noch tun?«
»Nichts, es war nur ein Versuch, um Möglichkeiten zu eliminieren. Ich erkenne einfach keinen Grund, warum jemand den Bendix löschen sollte, ehe Kitchener tot war, jedenfalls nicht, wenn die Absicht bestand, seine Arbeit zu vernichten. Eine Löschung, solange er noch lebte, war kontraproduktiv; er wäre in der Lage gewesen, seine Gleichungen oder was immer neu auszuarbeiten, und man hätte ihn auf das Sicherheitsproblem aufmerksam gemacht. Und falls das Virus einen Monat vorher geladen wurde, woher kannten die Verantwortlichen den richtigen Zeitpunkt oder wußten, wann die Studenten nicht mehr an dem Gerät arbeiten würden? Nein, ich bin mir sicher, daß die Löschung nach dem Mord von innerhalb der Abtei aus durchgeführt wurde; nur diese Version ergibt Sinn.«
»Du hast wahrscheinlich recht. Jedenfalls habe ich, während Amanda den Anrufen nachging, beim Luftwaffenstützpunkt Cottesmore nachgefragt, welche Witterungsbedingungen am Donnerstag bestanden. Es traten an diesem Abend lokale Windgeschwindigkeiten von bis zu hundert Stundenkilometern auf; einzelne Böen erreichten hundertzwanzig. Hier ist die Datenübertragung.«
»Scheiße.« Er stellte das Bier ab und betrachtete die meteorologischen Daten auf dem Display des Cybofax. Den purpurnen und blauen Wolkenformen des Wetterradarbildes war eine Karte von Rutland unterlegt; Angaben zu Luftdruck, Windgeschwindigkeit und -richtung liefen hindurch.
»Kann man unter solchen Bedingungen einen Microlight fliegen?« fragte Eleanor.
»Keine Chance. Selbst große Flughöhen wären gefährlich; eine geringe Flughöhe bei den Mikroschüben, mit denen man es im Chatertal zu tun hätte, unmöglich.«
Sie rieb seinen Arm. »Hätte man nicht einfach ins Tal und wieder hinaus wandern können?«
»Der kürzestmögliche Weg von Launde zur A47 beträgt vier Kilometer, also acht hin und zurück. Es hätte mitten in einem Hurricane geschehen müssen, mit einem Umweg um Loddington, um sicherzugehen, daß man nicht gesehen wurde, und man hätte genug Ausrüstung mitschleppen müssen, um sich durch das Sicherheitssystem zu schmelzen. Niemand wird mich je dabei erwischen, wie ich so eine Nummer durchziehe.«
»Aber könnte man es schaffen?« beharrte sie.
»Theoretisch, yeah; ein Trägheitsleitsystem würde einen auf ein paar Zentimeter genau hinführen. Aber dieses Gelände, na ja, du hast es ja selbst gesehen.«
»Ja.« Sie gab ihm das Glas Bier zurück, zog die Beine an und legte ihm den Kopf an die Schulter.
Er spürte den Kuß am Unterkiefer; dann rieb sie auch schon die Wange an seiner. Rauf und runter, langsam. »Du bist ja ganz verspannt«, murmelte sie ihm ins Ohr. »Auf diese Weise löst du keinen Fall.«
Einen Moment lang dachte er daran, sich ihr zu entziehen. Aber wirklich nur einen Moment lang. Obendrein hatte sie recht; heute abend würde er keine Lösung mehr finden.
Das Schlafzimmer bot Aussicht auf den südlichen Ausläufer der Talsperre, einen langen dunklen Streifen Wasser mit seinem leichten Wellenschlag und den sich sanft windenden Nebelfetzen. Wände und Mobiliar waren seidig weiß; Vasen, Bilderrahmen, Vorhänge, Bettdecken und Bettpfosten zeigten allesamt Blauschattierungen. Die Eichenbohlen waren geglättet und gebohnert worden, bis sie einer Tanzfläche ähnelten.
Nichts davon bedeutete jetzt etwas, nichts von der Umgebung, nur das Bett mit Eleanor – in schwarze Seide und Spitzen gekleidet, nackt, provokant, sinnlich, fordernd, unterwürfig, während ihr das dichte rote Haar über die Schultern wogte. Sie hatte unzählige sexuelle Eigenschaften in stets wechselnden Kombinationen, was jeden Liebesakt von den übrigen unterschied und einzigartig machte.
Das einzige Licht stammte vom großen Lagerfeuer am Ufer gegenüber, ein ferner orangener Schimmer, kaum ausreichend für Greg, um Eleanors Umrisse zu erkennen. Er öffnete die Schleifen und Knöpfe ihres Nachthemds, leckte am freigelegten Fleisch, schmeckte das Salz der feuchten Haut, die Hitze der Erregung.
Umhüllt von der Wärme und den Falten der Dunkelheit hatte er gelernt, jede Zurückhaltung abzulegen, und ließ sich von Eleanor führen. Eleanor hatte keine
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