Mindstar 03 - Die Nano-Blume
heute nachmittag eine harte Zeit. Auch der junge Fabian, was das angeht.«
Julia trat einen Schritt zurück. »Yeah, ich weiß, ich war dabei.«
»Stimmt.« Greg sah Victor an. »Hat Leol Reiger überlebt?«
»Das wissen wir nicht. Wir überwachen den Luft-See-Rettungsverkehr. Die nigerianische Küstenwache hat etliche Angehörige der Besatzung der Colonel Maitland aus den Rettungskapseln geborgen. Ich habe noch keine Liste, aber mein Büro in Lagos wird in den nächsten Stunden eine übermitteln.«
»Was ist mit Baronski?«
»Wurde umgebracht, wie das Mädchen, das bei ihm war. Drei Leute kamen ums Leben, als Reigers Teksöldner im Schacht der Prezda das Feuer auf euch eröffneten; weitere achtunddreißig wurden verletzt, sieben davon schwer. Ich habe noch nie von jemandem wie diesem Reiger gehört; er ist verrückt, absolut verrückt! Ich habe mit dem Sicherheitschef von Tricheni gesprochen, dem Kombinat, dem die Prezda gehört. Wir starten einen gemeinsamen Such-und-Vernichtungseinsatz.«
Der große Mann hinter Victor machte einen zunehmend unbehaglichen Eindruck.
»Gut«, sagte Greg, überrascht vom eigenen Zorn. »Hast du herausgefunden, wer hinter Reiger steckt?«
»Ja«, sagte Victor. »Darüber können wir dir einiges erzählen.«
Das breite, versilberte Fenster des Konferenzzimmers bot Aussicht über die restliche Meeresenergieanlage. Die anderen Generatorplattformen zeichneten sich als rechteckige ockerfarbene Silhouetten vor dem dunkler werdenden Horizont ab; die Navigationslampen blinkten gleichmäßig.
Greg saß zusammen mit Julia, Victor und Rick Parnell an einem Ende des langen schwarzen Komposittisches und hörte zu, wie Victor von Royans Sonde Kiley und den wartenden Persönlichkeitspaketen berichtete.
Die drei Telekonferenzbildschirme waren eingeschaltet, und die drei NN-Kerne nahmen auf diesem Weg an der Besprechung teil; zwei zeigten Julias Gesicht, der dritte das von Philip Evans. Julias Großvater hatte ein synthetisches Bild von sich mit fünfzig Jahren erstellt – ein schmales Gesicht mit gesunder Farbe und silbernem Haar.
Greg bemerkte, daß Rick Parnell Schwierigkeiten mit den NN-Kernen hatte, immer wieder mal kurze Blicke auf die Bildschirme warf und die Augen dann wieder auf den Tisch senkte. Das unverblümte Hardlinergerede über Leol Reiger trug auch nicht zu seiner Beruhigung bei. Er verlor zwar nicht gerade den Boden unter den Füßen, aber seine Weitsicht: wurde heute ganz gewiß erschüttert.
»Falls Clifford Jepson schon über die Daten des Wechselwirkungsgenerators verfügt, welches Interesse hat er dann, Royan zu finden?« fragte Greg, nachdem Julia ihm von den beiden angebotenen Partnerschaften erzählt hatte. »Und vor allem: Warum sollte er sich soviel Mühe machen, Royan zu finden? Ich würde fast sagen, daß es eine Verzweiflungstat war, Leol Reiger anzumieten.«
»Um sicherzustellen, daß Royan mich nicht mit dem Außerirdischen zusammenführt und ich direkt mit ihm verhandeln kann. Clifford stünde dann mit leeren Händen da; Globecast kann einen Wechselwirkungsgenerator nicht selbst entwickeln.«
»Aber Globecast hat ohnehin kein Monopol auf die Generatordaten«, sagte Greg. »Mutizen bietet dir schließlich das gleiche Geschäft an.«
Julia blickte zu den Bildschirmen hinauf und zog eine Braue hoch.
»Ich will verdammt sein, wenn ich es weiß, Mädchen«, brummte Philip Evans.
»Es ist schon merkwürdig«, pflichtete ihm Julias NN-Kern eins bei.
Greg wandte sich an Rick. »Können wir sicher sein, daß Royans Außerirdischer die Quelle für die Technologie der atomaren Strukturierung ist?«
»Keine Ahnung«, antwortete der SETI-Direktor. »Es ist vorstellbar, daß die Mikroben auf der Außenseite eines Sternenschiffs leben könnten, daß sie hierher gebracht worden sind, statt durch den interstellaren Raum zu treiben. Aber es würde bedeuten, daß die Außerirdischen schon lange hier sind, seit mindestens ein paar Jahrhunderten, bevor die Matoyaii-Sonde gestartet wurde. Vergessen Sie nicht – wir haben bislang gerade zwei Felsbrocken von all den Millionen untersucht, die den Ring des Jupiters bilden, und beide wiesen Mikrobenkolonien auf. Egal, wie dynamisch sie sind, es würde lange dauern, sich so weit auszubreiten.«
»Ist das wichtig?« fragte Victor.
»Ich denke, ja«, sagte Rick. »Falls die Außerirdischen schon lange hier sind und uns beobachten, wieso sollten sie gerade jetzt Kontakt aufnehmen?«
»Weil wir sie entdeckt haben«,
Weitere Kostenlose Bücher