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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Logikmatrix. Dann war nur noch sie da, ganz allein.
    Julia traf ihre Entscheidung.
     
    Es war ein Standard-Persönlichkeitspaket und so konfiguriert, daß es in jedem System, in dem es sich wiederfand, die Steuerung übernahm. Julia mußte zunächst ein paar Modifikationen hinzufügen.
    Als die Übertragung abgeschlossen war, überprüfte das Paket die eigene Integrität und machte sich anschließend daran, die Befehlsroutinen der Zellanordnung neu zu formatieren, in der es gespeichert war. Ein Unterschied bestand: Außer den Programmen in der Prozessorstruktur konnte das Paket auch die körperliche Natur des Netzwerks selbst verändern. Proteische Zellen verlängerten sich und schlossen sich zusammen, bildeten eine komplexe neue Topologie, in der die Durchlässigkeit der Membranen verändert war.
    Julias Mentalität entfaltete sich in dem neuen Neuralnetz. Sobald sie festgestellt hatte, daß sie jetzt die völlige Kontrolle über einen Haufen Zellen von mehr als einem Meter Durchmesser hatte, übermittelte sie ihrem fleischlichen Selbst ein Startsignal.
    Erinnerungen strömten herein, an Peterborough und Wilholm und Event Horizon und die Kinder und Royan; es ging in der Zeit zurück, dorthin, wo Opa noch am Leben war, zur Schule in der Schweiz, zu Mutter und Vater – sie hatte mehr als zehn Jahre lang nicht mehr an sie gedacht –, zur Kindheit in den Sandsteinunterkünften der Wüste. Nicht nur die visuellen Bilder, sondern auch Töne, Geschmack, Geruch, Texturen, nackte Gefühle. Sie wuchs aus der Gegenwart in die Vergangenheit zurück. Wurde vollständig.
    Ihr Wahrnehmungsbereich war jetzt anders, eine Rundumsicht von dreihundertsechzig Grad; der optische Empfang reichte vom infraroten Spektrum bis hoch ins ultraviolette; der Empfang von Schwingungen war so empfindlich, daß sie tatsächlich die großen Bergbaumaschinen hörte, die New Londons zweite Habitathöhle gruben. Die magnetischen und elektromagnetischen Spektren waren seltsam, ebenso die chemische Wahrnehmung. Julia begann damit, Zellen zu modifizieren und Filterprogramme zu schreiben. Die chemische Wahrnehmung war leicht in Geruch zu übersetzen, sobald sie die Molekularformeln erst mal etikettiert hatte. Magnetische und elektromagnetische Eindrücke übersetzte sie in Schwarz und Weiß, so daß sie die Gigaleiterzelle in Gregs Tokarewlaser hell leuchten sah. Das sphärische Panorama bereitete ihr die meisten Schwierigkeiten; sie adaptierte Sinneswahrnehmung und Deutungsroutinen, vergrößerte dabei die zugehörige Neuronenstruktur. Jetzt sprang ihre Aufmerksamkeit nicht mehr nervös durch die Gegend, und allmählich konnte sie sich dem ganzen Blickfeld widmen.
    »Konntest du deine Betriebsfähigkeit bestätigen?« fragte das Hexaemeron.
    »Ja.«
    »Sehr gut, Julia Evans, ich beuge mich deiner Befehlsgewalt. Diese Idee verstößt gegen jeden meiner Instinkte. Ich bin der Mikrokosmos, dazu bestimmt, den Makrokosmos zeitlos zu umfassen. Diese naßforsche Reise verstößt gegen die Natur. Setzt alles auf einen riskanten Flug. Was für seltsame, hastige Kreaturen ihr seid!«
    »Es ist nur jugendliche Begeisterung, die Unfähigkeit, einer Herausforderung zu widerstehen. Wir haben Träume, das ist unser Makel und unsere Schönheit. Deine Stärke liegt im Körperlichen, unsere im Glauben an uns selbst.«
    Sie spürte, wie das Bewußtsein des Hexaemerons in einem Schlafzustand versank. Ihre eigenen Steuerungsroutinen breiteten sich durch die übrigen Zellen aus, während es zurückwich.
    »Royan, Liebling? Ich bin hier bei dir.« Sie sagte es ohne eine Spur von Ängstlichkeit; der Gefühlsmechanismus existierte nach wie vor, aber sie hatte ihn abgelöst, war zu der Julia Evans geworden, für die sie jedermann hielt. Ein leiser Impuls der Erheiterung sickerte durch die Barriere, und sie antwortete mit dem Bild eines Lächelns darauf.
    »Bist du sicher, Schneeglöckchen?« Der Tonfall war der eines vorsichtigen Grußes, eher skeptisch als geringschätzig.
    »Ja. Paß auf!«
    Zellen gerieten in Fluß. Ein Pseudopodium wuchs aus der Eischale hervor, und seine Spitze flachte sich ab. Finger und ein Daumen formten sich; eine Menschenhand entstand und zeigte den drei erschrockenen Personen in der Höhle den aufgerichteten Daumen.
    »In Ordnung, Schneeglöckchen, ich glaube dir.«
    Gemeinsam mit Royan arbeitete sie daran, einen Abschnitt der Zellen, die unter seiner Kontrolle standen, in ein Neuralnetz umzuformen.
    »Wie in den alten Zeiten, Schneeglöckchen. Du und

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