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Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Mindstar 03 - Die Nano-Blume

Titel: Mindstar 03 - Die Nano-Blume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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versuchten sie zu beeindrucken, indem sie mit ihren anspruchsvollen Kunstsammlungen oder empfindlichen Antiquitäten prahlten und ausführliche Vorträge zu jedem Stück hielten, um ihr zu demonstrieren, wie kultiviert sie waren, immer von der Hoffnung bewegt, eine Bewunderung zu ernten, die nicht nur gekauft war. Niemand hatte bislang jedoch jemals versucht, sie mit etwas zu umwerben, was auch nur von ferne dem hier ähnelte, einem simplen Freizeitspaß. Es war so herrlich kindisch! Sie konnte nicht umhin, sich zu fragen, wie sie dort oben auf dem großen Bildschirm aussehen würde.
    Fabian rappelte sich wieder auf und hängte sich das klobige Gewehr über die Schulter. Ein breites, glückliches Lächeln leuchtete aus seinem Gesicht. »Siehst du, ich habe dir doch gesagt, daß ich gut bin. Man kann sich jeden Charakter aussuchen, den man möchte. Ich spiele gern Hudson; er ist ein echter Kämpfer. Er hat die ganze Zeit Angst, aber er ist auch ein harter Bursche, wenn es drauf ankommt. Ich kenne seine Dialoge auswendig.«
    »Du warst brillant!« Sie ging hinüber zu dem Terminal, das er eingeschaltet hatte; es hatte dreimal so viele Tasten wie üblich. »Was ist das?«
    »Videoke. Alle Unternehmen und Kombinate sagen, es würde kommendes Weihnachten ihr absoluter Renner. Vater hat mir dieses Deck vorab besorgt; er bemüht sich darum, eine große Ladung davon für Mittelamerika zu kaufen. Die Softwarehäuser haben bislang erst fünfzig Filme für interaktive Spiele nachbearbeitet. Ich habe sie im Videomemox des Decks gespeichert; alle echten Klassiker seit Beginn des Kinos, sogar ein paar Schwarzweiße.«
    »Es ist wundervoll, Fabian.«
    »Möchtest du es mal versuchen?« fragte er großzügig. »Du könntest Ingrid Bergman in Casablanca sein oder Laura Dern in Jurassic Park. Du bist locker schön genug.«
    »Danke, Schmeichler. Ich werde es später mal probieren, sobald ich mir den Text gemerkt habe. Wenn ich es mache, dann richtig, wie du. Ich muß mir auch noch die richtigen Sachen zum Anziehen suchen.«
    »Ich könnte neben dir die Rolle von Humphrey Bogart übernehmen.«
    »Ja.« Sie las die Liste der Filme durch, die der Flachbildschirm des Videokedecks zeigte. Schneewittchen in dem Disney-Zeichentrickfilm wäre sicher schwierig. Und welchen Zwerg könnte Fabian spielen? Sie lachte leise vor sich hin.
    Fabian setzte langsam den Helm ab. Das Haar war ganz verschwitzt und klebte ihm am Kopf. »Charlotte.«
    Sie drehte sich zu ihm um, überrascht von dem ernsten Ton.
    »Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, du wärst schön.«
    »Danke, Fabian.«
    »Ich konnte es gar nicht glauben, als ich dich zum erstenmal sah.« Seine Pose des gefestigten Selbstvertrauens bröckelte, und er ließ in dem grünen Panzer die Schultern hängen. »Ich dachte, ich würde träumen. Ich wußte, daß du hübsch sein würdest, aber …«
    »Ich gebe dir einen Tip: Trage nie zu dick auf.«
    Er hob den Kopf und preßte trotzig die Lippen zusammen. »Machst du dich über mich lustig?«
    »Nein, Fabian, ich mache mich nicht über dich lustig. Das Leben ist grausam genug, auch ohne daß die Leute es noch schlimmer machen.«
    »Oh. Du bist gar nicht wie … Es macht mir nichts aus, was du tust, weißt du.«
    »Was tue ich denn?«
    Fabian wurde rot, und die unsichtbaren Drähte zogen seine Schultern zu einem schiefen Achselzucken hoch. »Du weißt schon. Die anderen vor mir. An die du dich vermietet hast.«
    »Autos und Wohnungen werden vermietet, Fabian. Es sind nur Gegenstände.«
    »Du meinst, du möchtest das tun?«
    »Ich meine, daß es Grenzen gibt. Ich habe eine Wahl.«
    Die jugendliche Unsicherheit war wieder da. Er wirkte fast zerbrechlich, fand sie.
    »Du bist also nur an Bord der Colonel gekommen, weil du wolltest?« fragte er.
    »Mehr oder weniger, ja.«
    »Mit mir?« Es klang ungläubig.
    Charlotte fühlte sich stark versucht, Vergeltung zu üben für die ganze Scheiße, die sie im Verlauf der Jahre hatte fressen müssen. Sie konnte ihn jetzt treffen, ihn mit Worten, Sarkasmus und Hohn schlagen, ihn innerlich verkrüppeln. Er war einer von ihnen, diesen gleichgültigen Reichen, die mühelos durchs Leben schwebten. Ohne sich je etwas aus anderen zu machen; das war ihr eigentliches Verbrechen.
    Sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Stolz und Bangigkeit. Die Art Unschuld, die sie nie gehabt hatte.
    Sie brachte es nicht fertig.
    Es lief nicht oft so. Sie sollte eigentlich nur eine flüchtige Laune sein, eine interessante

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