Mini-Dame mit Maxi-Schnitt
versprachen einem gewissen Boyd einen langsamen und schmerzhaften
Tod.
»Sie brutaler Mensch !« zischte Kitty.
»Sadist!« Deborahs Stimme
zitterte vor Wut. »Kein Mädchen ist sicher in Ihrer Gegenwart. Wäre ich ein
Mann, dann...«
»Ach, wäre ich doch wie Dion
Freidel, dann würde alle Welt mich lieben«, entgegnete ich sehnsuchtsvoll.
Beiden klappte gleichzeitig der
Unterkiefer herunter, und sie sahen sich verwirrt an. Kitty war so überrascht,
daß sie sogar ihren schmerzenden Popo vergaß. Deborah rieb sich ihr Hinterteil
zwar noch, schien aber an etwas anderes zu denken.
»So, was ihr eben zu fühlen
bekommen habt, das war noch gar nichts«, herrschte ich sie an. »Ich möchte
jetzt ein paar Antworten, und zwar prompt. Und wenn ich sie nicht bekomme,
ziehe ich euch die Haut bei lebendigem Leibe ab .« Ich
mußte mir selber eingestehen, daß Libby Cathcart nicht ganz unrecht hatte, wenn sie mich brutal und ordinär nannte. Aber bei meinem Aussehen noch
ein perfekter Charakter dazu — das wäre einfach unfair!
»Warum hat Dion das Interesse
an seiner Arbeit verloren ?« fragte ich.
»Das wissen wir auch nicht. Es
passierte einfach .« Kitty warf Deborah einen
hilfeflehenden Blick zu.
»Es ist wirklich schwer zu
sagen .« Die Rothaarige kaute nachdenklich auf ihrer
Unterlippe. »Vielleicht liegt es an der dauernden Überforderung. Mode ist das
anstrengendste auf der ganzen Welt, und vor allem darf man sich niemals irren.
Er brachte mehrere Entwürfe heraus, die aber alle nicht einschlugen. Zuerst gab
er Flavian die Schuld, daß er das falsche Material angeschleppt hätte, dann war
es Lenores schlechter Zuschnitt. Eine Zeitlang waren die beiden kurz vor dem
Nervenzusammenbruch. Dann kamen seine nächsten Entwürfe heraus, die nicht eine
Spur besser waren. Jeder im Haus ging ihm aus dem Weg, nur um nicht angeschrien
zu werden. Und eines Tages wurde es Flavian zu bunt; er gab Dion einen Entwurf
und sagte, so sollte es gemacht werden. Das Modell war eine Wucht, und Dion
wurde sehr sarkastisch und sagte, er nähme an, Flavian hätte die ganze
Schublade voller Zeichnungen, die ebensogut seien .«
»Und hatte er ?«
Sie nickte langsam. »Ich glaube,
danach war es aus mit Dions Interesse. Ein paar Wochen warteten wir alle, ob er
sich wieder aufraffen würde, aber dann merkten wir, daß es Schluß war mit ihm.
Er war verbraucht und fertig. Was ihm den Rest gegeben hat, war die Erkenntnis,
daß Flavians Entwürfe so viel besser waren als seine eigenen. Trotzdem hofften
wir alle noch, daß er darüber hinwegkommen würde, wenn man ihm nur genügend
Zeit ließ und mithalf, daß die neue Kollektion ein Erfolg wurde. Dion ist ein
so großartiger Mann, man muß ihm einfach die Chance geben .«
»Wir lieben ihn alle«,
flüsterte Kitty. »Ich würde meinen rechten Arm für ihn hingeben .«
»Wahrscheinlich liebt ihn
Flavian auch«, sagte ich leichthin.
Kitty bekam einen nervösen
Schluckauf, hielt sich die Hand vor den Mund und signalisierte Deborah,
fortzufahren.
Aber ich schnitt ihr das Wort
ab. »Irgendwas in eurer Geschichte hörte sich falsch an«, sagte ich. »Ich meine
die Geschichte, wie Stephanie in die Kleiderkammer ging und Flavian dabei
vorfand, die Kleider zu zerschneiden. Ihr sagtet, sie habe die Tür offen
vorgefunden und wäre einfach hineingegangen. Aber wenn Flavian einen
Zweitschlüssel besäße, hätte er als erstes die Tür hinter sich abgeschlossen,
damit er, falls Dion plötzlich erschien, wenigstens durch den Schlüssel in der
Tür gewarnt wurde .« Beide Mädchen hörten mir mit
steinernen Gesichtern zu, aber ihre Augen verrieten die steigende Angst. »Der
einzige Mensch, der sich nicht darum kümmern würde, die Tür hinter sich
abzuschließen, während er die Kollektion ruiniert, wäre Dion — er weiß nämlich,
daß er den einzigen Schlüssel zu dem Raum besitzt und daß sich die anderen
dessen bewußt sind. Sobald die Modelle für die Nacht verwahrt sind, muß jeder
annehmen, daß die Kammer bis zum nächsten Morgen verschlossen ist. Selbst bei
offener Tür war Dion dort völlig sicher .«
»Als die Sache anfing«, sagte
Kitty mit zitternder Stimme, »dachten wir natürlich, es müsse eine von uns
sein, weil wir Flavian alle nicht leiden können .«
»Und Flavian dachte dasselbe«,
warf Deborah ein. »Auf Dion wären wir nie gekommen !«
»Bis Stephanie ihn sozusagen in
flagranti erwischte ?«
»Natürlich hat er nicht
gedroht, sie umzubringen«, sagte Kitty schnell. »Das haben
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