Minus 0.22: Monster In Uns (German Edition)
Unannehmlichkeiten stellen. Obwohl unsere weiße Weste nicht mehr ganz rein ist, hoffe ich, dass wir weiter hier verweilen dürfen. Bei uns leben alte und schwache Menschen, die nicht mehr kämpfen wollen und können. Sie brauchen ein Zuhause.“
Auch wenn Merlins Tat schrecklich erschien, so nickten die Zigeuner Merlin bestätigend zu, als er Willi seine Hand reichte.
Willi schlug mit seiner Flosse ein. „Starten wir einen Neuanfang.“
Willi liebte es, das Wort „Neuanfang“ auszusprechen, denn es gab nichts, was er sich selbst sehnlicher wünschte.
5
Zur Abendstunde trafen unsere Helden nach dem frisch geschlossenen Frieden zwischen Blutwäldchen und den Zigeunern in ihrem geliebten Dorf ein. Da Löckchen noch die Nachtschicht in den Knochen lag, ritt er auf dem nimmermüden Elvis, der sich verletzungsbedingt die letzte Zeit zu wenig ausgetobt hatte.
„Dieser Merlin scheint ein feiner Kerl zu sein“, sagte Frederick. „Wir sollten mit ihm mal einen trinken.“
„Sofern man ihm kein Messer in die Hand drückt“, sagte Löckchen gähnend.
„Als hätte ich vor dem Zwerg Angst“, sagte Frederick lachend. „Ich hatte schon mit viel schlimmeren Ganoven einen getrunken und ich lebe heute noch!“
„Wer mit dir mithält, ist auch anschließend viel zu betrunken, um auch nur einen Komapatienten zu erwürgen“, sagte Löckchen.
Frederick winkte ab. „Schwachsinn. Ihr beide habt auch gut mit mir einen gezischt und anschließend war zumindest Willi noch in der Lage, sich mit mir aus der Burg des fürchterlichen Sonnenkönigs zu kämpfen.“
„Dieser Hang zur Theatralik“, bemerkte Willi. Dann sah er einen Blutstropfen im Schnee. „Was ist hier wieder passiert?“
Frederick kniete sich in den Schnee und begutachtete den Blutstropfen.
„Kannst du neuerdings Spuren lesen?“, fragte Willi überrascht.
Frederick schnüffelte genau und überlegte laut. „Wenn ihr mich fragt, riecht dieses Blut nach Matheos Frau.“
Löckchen würgte auf und fiel bei nahe keuchend vom Rücken des goldenen Hahns.
„Hab ich was verpasst?“, erkundigte sich Willi.
„Ach, habe ich das noch nicht erzählt?“
Bevor Frederick wieder eine seiner beliebten Sexgeschichten erzählen konnte, intervenierte Löckchen. „Dahinten geht die Blutspur weiter.“
Zusammen verfolgten sie die Blutspur bis vor Blutwäldchens Kirche.
„Ich könnte mich auch täuschen...“, eröffnete Frederick. „Aber sieht so aus, als hätte sich jemand das Ohr abgeschnitten.“
„Red keinen Unsinn“, mahnte Willi. Plötzlich fand er einen aufgeweichten Brief im Schnee. Es handelte sich um den Brief, den der Kartenspieler Lüc überließ.
„Was steht drin?“, fragte Löckchen neugierig.
Willi las zu Ende und sah erschrocken auf. „Ach du... Scheiße.“
Auch Frederick wurde neugierig. „Und?“
„Erkläre ich euch unterwegs, wir müssen sofort aufbrechen.“
Elvis schnellte nach vorne und schnupperte an dem Brief. Daraufhin schlug er mit den Flügel und lief aufgeregt umher.
„Er hat eine Spur“, erklärte Löckchen.
„Folgen wir ihm“, befahl Willi.
6
Die Dunkelheit brach über die Hühnerfarm ein, als Lüc und Zack ihr Ziel erreichten. Es war ungewöhnlich still auf der sonst so belebten Hühnerfarm, nur ihre knirschenden Fußschritte im Schnee durchbrachen die Stille.
Da ihre Verletzung an ihrem Oberschenkel noch nicht vollkommen verheilt war, fiel Lüc der beschwerliche Marsch zur Hühnerfarm besonders schwer. Sie verneinte dennoch Zacks Angebot, sie auf seinen Schultern zu tragen, da sie die Rettung ihrer Mutter nicht unnötig verzögern wollte. Erst kurz vorm Ziel knickte sie ein.
Zack eilte zu ihr zurück und wollte ihr aufhelfen. „Schaffst du es?“, fragte er besorgt, wobei er nicht nur auf ihre Verletzung anspielte.
„Ich bemerke die Schmerzen kaum“, sagte sie tapfer. Sie nahm aus ihrer Hosentasche den begehrten Schlüssel, der sich gut zwischen den mysteriösen Patronen integriert hatte. „Geh schon mal vor. Ich bin direkt hinter dir.“
Zack nahm den Schlüssel an sich und lief bis vor die Scheune, deren Tür mit ausreichend Ketten verbarrikadiert war.
„Emma, wir kommen!“, rief Zack durch die Scheunentür. „Halt noch einen Moment aus.“
Lüc humpelte hinterher. „Wir sind bei dir!“, rief sie aufgebracht, in freudiger Erwartung ihre Mutter zu befreien. Ihr Gewissen verübelte ihr bereits jetzt ihre Entscheidung, das Leben ihrer Mutter vor drei anderer Schicksale zu
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