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Mio, mein Mio

Mio, mein Mio

Titel: Mio, mein Mio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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unseren Köpfen, hoch oben auf dem steilen Felsen lag Ritter Katos Burg. Wir waren jetzt an seinem Ufer. Wir waren ihm so nahe wie nie zuvor, und diese Nacht war die Nacht des Kampfes. Ich mußte daran denken, ob sie es wußten, alle, die seit tausend und abertausend Jahren darauf gewartet hatten. Wußten sie, daß in dieser Nacht der Kampf sein sollte? Dachten sie an mich?
    Dachte mein Vater, der König, an mich? Ich hoffte, daß er es tat, ja, ich wußte, daß er es tat. Ich wußte, irgendwo weit entfernt saß er einsam, dachte an mich und war traurig und flüsterte vor sich hin: »Mio, mein Mio.«
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    Ich umfaßte mein Schwert. Es war wie Feuer in meiner Hand. Einem schweren Kampf sollte ich mich stellen, und ich hielt es nicht länger aus, länger zu warten. Ich sehnte mich danach, Ritter Kato zu begegnen, auch wenn es mein Tod sein sollte. Nun durfte der Kampf beginnen, auch wenn es nach seinem Ende keinen Mio mehr geben sollte.
    »Mio, ich bin hungrig«, sagte Jum-Jum. Ich nahm den Rest von dem Brot, das Hunger stillt, und wir aßen am Felsen unter Ritter Katos Burg. Es war unser letztes Brot, und wir wußten nicht, wann wir wieder etwas zu essen bekommen würden. Aber wir fühlten uns satt und stark und waren beinah glücklich, nachdem wir gegessen hatten. »Nun müssen wir auf den Felsen hinaufklettern«, sagte ich zu Jum-Jum. »Es ist die einzige Möglichkeit für uns, zu Ritter Katos Burg zu kommen.« »Das ist es wohl«, sagte Jum-Jum. Und wir begannen an der Felswand emporzuklettern, die sich hoch und steil vor uns aufrichtete. »Wenn nur der Felsen nicht so steil wäre«, sagte Jum-Jum. »Wenn nur die Nacht nicht so finster wäre und wir nicht so klein und einsam.«
    Wir kletterten und kletterten. Es ging langsam, und es 133
    war schwer. Wir klammerten uns mit Händen und Füßen fest und suchten nach Spalten und Vorsprüngen, wir klammerten uns an und kletterten. Manchmal wollte ich verzagen und dachte: Nun geht es nicht mehr, jetzt falle ich hinunter, und dann ist alles vorbei. Aber in letzter Sekunde fand ich doch immer etwas, um mich daran festzuklammern. Es war, als schiebe der Felsen selbst einen kleinen Vorsprung unter meinen Fuß, wenn ich zu fallen drohte. Vielleicht haßte sogar der kalte Felsen den Ritter Kato und wollte gern dem helfen, der kam, um gegen ihn zu kämpfen. Himmelhoch über dem Wasser ragte Ritter Katos Burg empor. Himmelhoch mußten wir klettern, um ganz oben auf dem Felsen die Burgmauer zu erreichen. »Bald sind wir oben«, flüsterte ich Jum-Jum zu. »Bald klettern wir über die Mauer, und dann …« Da hörte ich Stimmen. Es waren Späher, die miteinander sprachen. Zwei schwarze Späher, die nachts auf der Burgmauer Wache hielten.
    »Sucht, sucht überall!« sagte der eine. »Befehl von Ritter Kato, der Feind muß gefangen werden. Befehl von Ritter Kato. Sucht in den Höhlen des Berges, sucht zwischen den Bäumen des Waldes, sucht auf dem Wasser 134
    und in der Luft, sucht in der Nähe und in der Ferne, sucht überall!«
    »Sucht in der Nähe, sucht in der Nähe«, sagte der andere. »Wir sind es, die in der Nähe suchen. Vielleicht ist der Feind mitten unter uns. Vielleicht klettert er in dieser Nacht den Felsen herauf. Sucht überall!« Fast hörte mein Herz auf zu schlagen – er zündete eine Fackel an. Wenn er mit dieser Fackel an der Mauer
    herunterleuchtete, mußte er uns sehen. Und wenn er uns sah, war alles vorbei. Er brauchte nur seinen langen Spieß auszustrecken und uns einen Stoß zu geben.
    Danach brauchte er dann nie mehr nach dem Feind zu suchen, der auf einem weißen Pferd ritt. Nur ein kleiner Schrei wäre zu hören, wenn wir hinabstürzten in den Toten See und für immer versanken. »Sucht, sucht überall!« sagte der eine Späher. »Leuchtet mit der Fackel über die Burgmauer. Vielleicht kommt gerade jetzt der Feind hier heraufgeklettert. Sucht überall!«
    Der andere hob die Hand, die die Fackel hielt, und beugte sich über die Mauer. Das Licht fiel über die Felswand. Wir duckten uns und krochen zusammen, zitternd wie zwei Mäusekinder, wenn die Katze kommt.
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    Der Fackelschein näherte sich, schlich an der Mauer entlang, näher und näher.
    »Jetzt«, flüsterte Jum-Jum, »jetzt … O Mio, jetzt ist alles vorbei.«
    Da flog von dem See draußen ein Schwarm Vögel auf.
    Brausend kamen alle die verzauberten Vögel
    herbeigeflogen. Einer von ihnen stürzte sich gegen die Fackel. Sie fiel dem Späher aus der Hand. Wir sahen sie als einen Flammenstreif

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