Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
Vom Netzwerk:
steckte die Hände tief in die Taschen ihres Mantels. Warum hatte sie nur ihre Handschuhe nicht dabei? Hier war es noch viel kälter als in der Stadt. Ihre eigenen Schritte knirschten auf dem Schnee und ab und zu wurde die Stille von dem Knacken eines Astes durchbrochen.
    »Da ist es!«, flüsterte Miranda plötzlich. Durch die Bäume schimmerte weiß der gefrorene Weiher und wie eine alte Freundin stand auf der Insel die große majestätische Eiche. Jeder Zweig des alten Baumes war von Raureif umgeben. Das Baumhaus war hinter den Zweigen kaum auszumachen, denn es war ebenfalls vom Winter mit einer weißen Schicht überzogen worden.
    »Seht mal!« Miranda deutete nach rechts. Dort lag das Boot, das sie im Sommer über den See gesetzt hatte. Es war eingefroren, nur noch der Bug und die Spitzen der Ruderblätter ragten aus dem Eis empor.
    Mira musste an den Sommer denken. Wie anders der Weiher ausgesehen hatte! Wie seltsam, dass man sich mitten im Winter nie den Sommer vorstellen konnte.
    Rabeus brach einen langen Eiszapfen vom Ast über ihm ab und warf ihn auf das Eis. Er zersplitterte beim Aufprall unddie einzelnen Stücke schlitterten über die Eisfläche. Dann trat Rabeus selbst darauf und winkte den anderen. »Hier ist es dick genug!« Die Freunde folgten ihm.
    »Geht bloß nicht dahin!«, rief Corrado und zeigte nach links. »Hört ihr den Fluss?«
    Mira konnte ein leichtes Plätschern aus der Richtung vernehmen. Dort bewegte sich das Wasser noch und das Eis war dünn.
    Als sie wenig später auf der Insel angekommen waren, warf Miranda einen Schneeball auf das Baumhaus über ihren Köpfen.
    »Thaddäus!«, rief sie. »Thaddäus!« Doch es antwortete ihr niemand.
    »Vielleicht kann er uns nicht hören!«, sagte Mira.
    Miranda schüttelte den Kopf. »Er kann sich zwar nicht immer an alles erinnern, aber hören kann er ganz gut.«
    »Kommt!«, sagte Rabeus. Er kletterte die schmale Leiter zum Haus hinauf, gefolgt von Miranda und Mira. Eis und Schnee fielen von den Stufen auf Mira herab. Sie schüttelte sich und bemerkte dabei einen länglichen grauen Lappen, der neben ihr an einem Ast hing. Sie fasste ihn an. Er war hart wie ein Brett.
    »Was ist das denn?«
    Milena, die sich dicht hinter Mira befand, nahm das eigenartige Stück in die Hand und drehte es hin und her. »Sieht aus wie ein steif gefrorenes Herrenunterhemd.«
    Als Mira weiterkletterte, entdeckte sie noch andere Kleidungsstücke, die erstarrt von den Zweigen hingen.
    Rabeus war inzwischen an der Falltür des Baumhauses angekommen und versuchte diese von unten aufzustemmen.
    »Ich glaube, sie ist zugefroren«, erklärte er und klopfte gegen die Tür. »Thaddäus, mach auf!«
    Doch nichts rührte sich.
    »Wir steigen oben ein!« Miranda verließ die Leiter und hangelte sich an einem Ast an Rabeus vorbei. Als sie sich auf Höhe des einzigen Fensters befand, stieß sie die Läden mit den Füßen auf und sprang in das Innere. Mira kletterte ihr hinterher und wäre fast ausgeglitten, als sie sich mit ihren klammen Fingern an dem vereisten Ast festhielt.
    In Thaddäus’ Baumhaus war es dunkel und eiskalt. Ein wenig Licht fiel durch das Fenster, durch das nun auch der Rest der Gruppe hereinkam.
    Von Thaddäus fanden sie keine Spur. Ein Stuhl lag umgeworfen auf dem Boden, und auf dem Tisch stand eine verbeulte Blechtasse, aus der ein Löffel herausragte. Corrado nahm sie in die Hand, roch daran und drehte sie dann um. Der Löffel blieb stecken und zeigte nach unten.
    »Der Kaffee ist gefroren«, stellte Milena fest.
    Die Kinder sahen sich an.
    »So wie es aussieht, scheint Thaddäus schon länger nicht mehr hier gewesen zu sein.«
    »Aber wo ist er nur hin?«
    Miranda zuckte mit den Achseln. »Das letzte Mal habe ich vor einer Woche mit ihm gesprochen.«
    »Hat er gesagt, dass er wegwollte?«
    Miranda schüttelte den Kopf. »Überhaupt nicht. Er zeigte mir nur ein paar Tricks mit Eiszapfen.«
    Rabeus sah mit düsterem Blick in die Runde. »Ich hoffe, die schwarzen Zauberer haben ihn nicht entführt.«
    Eine Weile lang war es ganz still. Mira konnte nur das heisere Krächzen der Krähen vernehmen, die sich auf der anderen Seite des Weihers auf den Bäumen scharten.
    »Aber warum sollten sich die schwarzen Zauberer für Thaddäus interessieren?«, fragte Corrado schließlich.
    »Keiner außer uns konnte wissen, dass das Buch zu ihm kommen sollte«, sagte Rabeus. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Aber wenn die schwarzen Zauberer Thaddäus haben, dann

Weitere Kostenlose Bücher