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Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Mira und das Buch der Drachen (German Edition)

Titel: Mira und das Buch der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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unterhielten sich, ohne dass eine Stimme aus dem Bild nach außen drang, andere hasteten alleine mit großen Aktenordnern durch das große Gebäude. Es war unheimlich, weil alles so wirkte, als gäbe es diese Menschen in Wirklichkeit. Aber noch unheimlicher war der Sog, der von diesem Bild ausging. Es zog Mira förmlich in das Treppenhaus hinein.
    Mira hielt sich an einem der Regalbretter neben sich fest. Sie warf einen kurzen Blick auf ihre Freunde, die genauso gebannt auf das Bild am Ende des Raums schauten.
    »Das ist also der Zugang«, stellte Netaxa leise fest. Dann drehte sie sich zu den Kindern um. »Sie haben dafür ein Bild aus dem Buch genommen.«
    »Aus welchem Buch?«, fragte Miranda verwirrt.
    »Aus dem Buch der Metamorphosen natürlich«, erklärte Netaxa ungeduldig. »Die meisten Bilder sind geheim, aber dieses kennt man.« Sie blickte die sprachlosen Kinder an und seufzte dann vernehmlich. »Also, gebildete Zauberer kennen es zumindest. Es gibt überall Nachdrucke davon. Und das nicht nur bei Zauberern. Viele ahnungslose Menschen haben es sogar in ihren Wohnungen hängen.«
    Sie ließ ihr Licht wieder auf das Bild fallen. »Aber ich habe noch nie gesehen, dass man es als Zugang benutzt.«
    »Wieso als Zugang?«, fragte Rabeus.
    Netaxa legte die hübsche Stirn in Falten. »Diese Zauberer, die du hier siehst, sie nehmen alle eine Abkürzung durch das Bild.«
    »Dann sind diese Zauberer echt?«, fragte Miranda und deutete auf die kleinen Figuren, die sich auf den Treppen auf und ab bewegten.
    Netaxa nickte. »So echt wie du und ich.«
    »Und wieso nehmen sie eine Abkürzung?«, fragte Rabeus.
    »Folgt mit euren Augen den Treppen, die von uns weggehen!«, befahl Netaxa.
    Die Kinder starrten auf das Bild. Breite Treppenstufen aus Stein führten erst nach oben, machten dann eine Biegung nach rechts und mündeten schließlich, über unzählige andere Treppenstufen, in eine Terrasse, die von einem halbhohen Geländer umgeben war. Dahinter war ein Tor mit einem runden Bogen, das auf einen tief verschneiten Garten hinausführte.
    »Der Garten, den ihr da seht, gehört zum Landsitz der schwarzen Hexe. Er ist viele Kilometer weit entfernt. Geht man durch das Bild, ist man aber in wenigen Minuten da.«
    Mira staunte. »Und können uns diese Zauberer denn sehen?«, fragte sie.
    Netaxa schüttelte den Kopf. »Solange keiner auf unserer Ebene ist, ist das nicht möglich. Selbst Zauberer, die sich in dem Bild auf unterschiedlichen Ebenen befinden, können sich nicht sehen.«
    »Das heißt, diese beiden«, Rabeus deutete auf einen dicken Zauberer, der quer an einer Hexe mit einem eng geschnittenen Kostüm vorbeihastete, »diese beiden begegnen sich nicht?«
    »Nein, denn sie bewegen sich ein jeder in einer anderen Dimension. Nur wenn man draußen, also vor dem Bild steht, hat man den Überblick.«
    Rabeus stieß einen leisen Pfiff aus. »Und diese anderen Ebenen ... Sie verbinden auch zwei Orte, oder?«
    Netaxa nickte. »Könnt ihr die beiden Ausgänge erkennen?«
    Mira beugte sich ganz zur Seite und sah, wie die Zauberer auf der gekippten Ebene zwischen einem Zimmer, das aussah wie ein Büro, und einem dunklen Korridor hin- und hergingen. Auf einer Treppe lief ein Mann mit einer Mütze, der genauso aussah wie der Handwerker, der Mira vor ihrer Wohnung aufgelauert hatte. Mira fing an zu zittern und duckte sich unwillkürlich. War es wirklich erst gestern gewesen, dass sie vor ihm geflohen war? Es kam ihr so vor, als lägen viele, viele Tage dazwischen. Und jetzt lief er hier in diesem Bild herum. Zu wem er wohl wollte?
    Mit einem Mal klang hinter ihnen einen Wimmern, das immer wieder unterbrochen wurde von einem irren Gekicher.
    »Ich verstehe«, rief Herr Gwiseck. »Da ist er also hin! Mitten in meinen Traum.«
    Die Kinder und Netaxa drehten sich um. Herr Gwiseck stand zwischen den roten Stoffbahnen des Samtvorhangs und rang mit den Händen, als wäre er ein Schauspieler auf einer Bühne. »Ich war schon mal in dem Treppenhaus«, sagte er heiser.
    »Aha«, bemerkte Netaxa kühl.
    »In meinen Träumen war ich da schon drin!«, erklärte Herr Gwiseck und deutete mit der Hand auf das Bild.
    »Und er ist also auch dort!«
    »Wer?«, fragte Mira.
    »Ein Mann, ein sehr alter Mann!« Herr Gwiseck sah zu den Kindern. »Er sah nicht so aus, als ob er etwas kaufen wollte. Eher ... eher wie ein Bettler, der sich mal kurz aufwärmen wollte.« Herr Gwiseck zog seine dicke, mit vielen großen Poren durchsetzte Nase hoch. »Ich habe

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