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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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völlig die Hoffnung aufgegeben, dass ich da noch jemals wegkomme. Kein Lebewesen und auch kein Zauberwesen hält es neben einem ständig murmelnden Brunnen aus.« Er machte eine dramatische Pause. »Selbst die Blumen vertrocknen!«
    »Wer hat dich denn da hingestellt?«, fragte Mira.
    »Na, der Meister«, antwortete der Zwerg. »Er sammelt Zaubergegenstände und hat mich vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt erstanden.« Mira staunte. »Er hat dich gekauft?« Der Zwerg nickte bitter. »Ich kostete damals nur 2 Mark 50. Der Mensch, bei dem ich war, hatte keine Ahnung, mit wem er es zu tun hatte.« Er seufzte tief. »Eigentlich hatte ich dann ein paar ganz schöne Jahre, bis der Meister den murmelnden Brunnen angeschleppt hat.« »Na, jetzt ist es ja vorbei«, sagte Mira und versuchte, aufheiternd zu klingen. Der Zwerg nickte und warf einen misstrauischen Blick zu dem Brunnen, der fröhlich vor sich hin plätscherte. »Ich hoffe es«, sagte er knapp. »Könntest du vielleicht noch ein bisschen Efeu über mich ziehen? Sonst werde ich gleich wieder entdeckt!« Mira löste eine Efeuranke von der Mauer und wickelte sie vorsichtig um den Zwerg. Dann trat sie drei Schritte zurück. »Man sieht nur noch die Mützenspitze und die Augen«, sagte sie. »Das ist gut«, erwiderte der Zwerg. »Ich hoffe, ich wachse bald ganz zu. Dann ...«, wieder wurde der Zwerg zu Miras Schrecken etwas weinerlich, »… dann muss mich auch niemand mehr ansehen.«
    Mira wusste darauf nicht recht etwas zu antworten und überlegte schon, wie sie sich nun höflich verabschieden könnte, als der Zwerg plötzlich ganz leise sprach: »Möchtest du vielleicht ein Geheimnis erfahren?« »Ein Geheimnis?«, fragte Mira neugierig.
    Der Zwerg senkte seine Stimme noch mehr und raunte: »Zufällig weiß ich, was es mit den drei Rosenkugeln dort auf sich hat. Ich erzähle es dir aber nur, weil du mich vor dem Brunnen gerettet hast.«
    »Und was soll das Besondere an ihnen sein?«, erkundigte sich Mira. Der Zwerg machte eine lange und bedeutsame Pause.
    »Diese Kugeln verhelfen ihrem Besitzer zu großer Macht«, flüsterte er.
    »Durch die linke Kugel siehst du, wie andere dich sehen, durch die mittlere Kugel siehst du die anderen, auch wenn sie nicht da sind, und mit der rechten Kugel siehst du durch die Zeit.« »Woher weißt du das?«, fragte Mira. »Ich habe gehört, wie der Mann, der dem Meister die Kugeln gebracht hat, sie ihm erklärt hat«, berichtete der Zwerg stolz.
    Die drei Kugeln steckten auf Holzstöckchen und sahen aus wie gewöhnliche Rosenkugeln. Mira beugte sich hinunter und betrachtete die mittlere der Kugeln genauer. Das Ungewöhnlichste an ihr war eigentlich nur, dass Mira in ihr rein gar nichts sehen konnte. Nicht einmal ihr eigenes Spiegelbild.
    »Und ich soll hier drin wirklich jemanden sehen können, der weit weg ist?«, fragte sie den Zwerg zweifelnd. »Ja, probier es doch einfach mal aus«, entgegnete er.
    »Zeig mir, was Tante Lisbeth macht«, sagte Mira leise zur mittleren Kugel. In diesem Moment konnte sie im Inneren der Kugel ein verschwommenes Bild sehen, das bald schärfer wurde. Es zeigte die Diele in Tante Lisbeths Haus. Mira hielt den Atem an. Eine Weile geschah nichts, dann sah sie Tante Lisbeth mit einem großen Staubsauger vorbeiwischen. Dann verschwand sie aus der Kugel, war kurz darauf aber wieder zu sehen. »Tante Lisbeth!«, rief Mira unwillkürlich aus. Tante Lisbeth ließ den Staubsauger fallen und legte die Hand aufs Herz. »Ist da jemand?«, fragte sie mit zitternder Stimme. Mira zuckte zurück. Man konnte dank dieser Kugel also nicht nur die Menschen sehen, sondern sich auch mit ihnen unterhalten! Tante Lisbeth war nun ganz deutlich in der Kugel zu sehen. Mit zitternden Händen steckte sie sich ihre in Unordnung geratenen Haare zurück.
    Mira blieb stumm und dachte nach. Mit einem Mal fiel ihr ein, worin sich Tante Lisbeth gerade ansah. Im großen Wandspiegel in der Diele! Man konnte also in der Kugel alles das sehen, was einem ein Spiegel zeigte! Tante Lisbeth jedenfalls schüttelte den Kopf, ging zu einem Schränkchen, öffnete eine Schublade und holte sich aus einem zerknautschten Päckchen eine Zigarette heraus. Sie ging aus dem Bild, und Mira konnte nur noch das Klicken eines Feuerzeugs hören und sah bald darauf eine Rauchwolke in der Kugel. Mira grinste.
    Da kam ihr eine Idee. Auf diese Weise konnte sie doch auch herausfinden, wo Miranda abgeblieben war! »Zeig mir Miranda!«, beschwor sie rasch die Kugel.

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