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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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dunkel. Eine schmale Brücke führt zur Eingangstür. Und an den Türseiten sind zwei Fischköpfe, die so aussehen, als würden sie einen beobachten.« »Fischköpfe?« Der Zwerg dachte nach. »Kommen sie direkt aus der Mauer heraus?«
    Mira nickte.
    »Ah, das sind nur Maskarone«, sagte der Zwerg. »Wenn du die ablenken kannst, dann hast du es schon fast geschafft.«
    »Maskarone?«, erwiderte Mira und sah den Zwerg fragend an. Davon hatte sie noch nie gehört.
    »Maskarone sind Steingesichter. Es gibt sie meistens vor Fenstern oder Türen alter Häuser. Vor allem vor denen, in denen Zauberer wohnen. Sie bewachen das Haus, sind meistens strohdumm, nehmen sich aber überaus wichtig.«
    Der Zwerg legte seine Stirn in tausend Falten. »Wenn du mich mitnimmst, könnte ich dir vielleicht helfen«, sagte er nach kurzem Nachdenken. »Ich kenne mich aus mit Hexenhäusern, und außerdem hätte ich dann auch mal wieder die Gelegenheit, mit einem Maskaron zu plaudern.«
    »Man kann sich mit ihnen unterhalten?«, fragte Mira verblüfft.
    Der Zwerg verdrehte die Augen. »Na du kannst das nicht, aber wir Steinfiguren halten gerne Schwätzchen untereinander. Und solange man nicht auf einen murmelnden Brunnen trifft ...« Seine Augen huschten unauffällig zur Seite, wo der Brunnen emsig vor sich hin plätscherte. »... ist das unser liebster Zeitvertreib. Oder was meinst du, was wir denn sonst den lieben langen Tag tun sollten? Darauf warten, dass uns Taubendreck auf den Kopf fällt?«
    »Äh, ich weiß nicht«, sagte Mira. Tatsächlich hatte sie darüber noch nicht nachgedacht. Außerdem hatte sie das unbestimmte Gefühl, dass Hippolyt nicht sehr erfreut wäre, wenn er den Zwerg nicht mehr im Garten vorfinden würde. Vor allem nicht, wenn er erfahren sollte, dass sie, Mira, ihn einfach mitgenommen hatte. War das nicht Diebstahl? Auf der anderen Seite war der Zwerg ja eigentlich kein Ding. Er konnte ja sprechen. Und hatte sogar seinen eigenen Willen. Und den nicht zu knapp. Aber wahrscheinlich hätte Hippolyt den Gartenzwerg hinter dem Efeu sowieso nicht wiedergefunden. »Also gut«, sagte sie schließlich. »Aber ich bringe dich hinterher wieder zurück. Verstanden?« »Ja, ja«, sagte der Zwerg und brachte das erste Mal, seit Mira ihn kannte, so etwas wie ein säuerliches Lächeln zustande.
    Und so befreite Mira den Zwerg von der Efeuranke und hob ihn etwas unsanft aus seiner gemütlichen Mauernische. »Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich nicht fallen ließest«, sagte der Zwerg in anklagendem Ton. »Es wäre dann aus und vorbei mit mir.« »Ja, ja, schon gut«, sagte Mira und steckte ihn vorsichtig in ihre Umhängetasche.
    Er passte nicht ganz hinein. Oben lugte noch seine schräge Zipfelmütze heraus. »Wenn du mich noch etwas nach oben ziehst, dann kann ich vielleicht auch etwas sehen«, rief der Zwerg ungeduldig. Mira atmete tief durch und zog ein bisschen an der Mütze, sodass die Augen des Zwergs über den Rand der Umhängetasche blicken konnten. »So ist es schon besser, danke!«, rief er.
    Kurz darauf wurde er kräftig durchgeschüttelt, denn Mira kletterte auf den Mauervorsprung und hüpfte auf die andere Seite der Mauer in eine kleine Straße. »Ich würde dich auch bitten, nicht zu sehr herumzuspringen, mir wird schnell schwindelig«, quengelte der Zwerg. »Schließlich bin ich nicht für längere Transporte geschaffen.« »Mhmm«, sagte Mira nur und überlegte kurz, ob sie den Zwerg nicht doch einfach wieder zurückstellen sollte. Doch dazu war es jetzt zu spät. Der Garten lag auf der anderen Seite der Mauer.
    Sie schaute zurück und bemerkte, dass sich etwas verändert hatte. Einen Moment später wusste sie, was es war. Der murmelnde Brunnen hatte die ganze Zeit beleidigt geschwiegen.
    Der Weg zurück zur Silbernen-Fisch-Gasse dauerte ungefähr dreimal so lange wie der Hinweg, als Mira der Hexe gefolgt war. Aus dem sicheren Versteck von Miras Umhängetasche heraus gab der Zwerg dauernd Kommandos, und Mira, die keine Ahnung hatte, wo sie sich befanden, folgte ihnen ohne Widerspruch. Dabei verirrte sie sich heillos. Außerdem mussten sie beinahe an jedem zweiten Haus und fast an jeder Straßenecke haltmachen, um einen Brunnen, einen Maskaron oder einen Wasserspeier zu betrachten. Mira wunderte sich, dass ihr vorher nie aufgefallen war, wie viele Steinfiguren es gab. Der Zwerg jedenfalls war ganz außer sich und grüßte sie alle.
    Und tatsächlich neigten sich die steinernen Löwen, Drachen und

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