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Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
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macht so ein schöner Maskaron wie du an einem so abgelegenen Ort wie diesem?« Die Meerjungfrau kicherte. »Ich beobachte, wer durch diese Tür geht. Aber in den letzten Jahren ist nie etwas Interessantes passiert. Dabei ...«, die Meerjungfrau senkte ihre Stimme verschwörerisch, »… ist sie meistens unverschlossen.«
    Mira, die unter der Brücke kauerte, horchte auf und rieb sich den Rücken, der langsam schmerzte. Na bitte! Jetzt musste der Zwerg den Maskaron nur noch dazu bringen, für einen Moment wegzusehen. Unter der Brücke war es äußerst unbequem, und sie hoffte, der Zwerg würde sich ein bisschen beeilen.
    Der allerdings dachte nicht daran.
    »Ich bin sicher, du machst deine Sache sehr gut. Wenigstens bist du zu etwas nütze. Ich diene nur als Dekoration – besser gesagt, zur Belustigung«, sagte der Zwerg traurig.
    »Sag doch so etwas nicht. Es muss schön sein, so frei und ungebunden wie du in der Welt zu stehen«, sagte die Meerjungfrau träumerisch. »Ich dagegen bin für immer ein Teil dieses Hauses und kann nicht weg.« »Ach«, sagte der Zwerg. »Es ist auch nicht schön, dauernd hin und her gestellt zu werden. Man bekommt Risse, und hier – an meinem linken Ellenbogen – ist aus Unachtsamkeit schon ein Stück abgesplittert. Ich habe viel gesehen, und das Wenigste hat mir Spaß gemacht. Die letzten zehn Jahre zum Beispiel habe ich neben einem murmelnden Brunnen verbracht.«
    »Oh«, sagte die Meerjungfrau mitfühlend, »das muss ja schrecklich für dich gewesen sein!«
    Der Zwerg seufzte. »Glaube mir«, sagte er langsam, »nicht alle Orte sind so schön wie dieser.«
    »Ja«, sagte die Meerjungfrau leise. »Ich kann mich eigentlich nicht beklagen. Es gibt den Fluss, Fische und Vögel, denen ich zusehen kann, nur ...«, die Meerjungfrau schlug die Augen kokett auf, »es ist eben manchmal ein bisschen einsam.«
    »Ich kann dich so gut verstehen«, erwiderte der Zwerg, »denn ich weiß, was Einsamkeit ist!« Der schwarze Fluss trug diesen letzten Satz mit sich fort und keiner der beiden sprach ein weiteres Wort.
    Mira wartete und wartete und versuchte sich immer wieder anders hinzusetzen.
    Was war denn nur los? Nach einer Weile des Schweigens ärgerte sie sich. Dieser elende Zwerg! Sicher hatte er seinen Auftrag schon vergessen. Nun, sie würde ihn daran erinnern. Vor ihr lag ein kleiner Kieselstein. Sie nahm ihn auf und warf ihn in die Richtung des Zwergs. Er traf ihn am rechten Bein.
    »Au«, sagte der Zwerg und unterbrach die Stille. »Was ist passiert?«, fragte die Meerjungfrau erschrocken. Der Zwerg verzog das Gesicht. »Der Ellbogen, der zersplittert wurde, tut manchmal noch weh«, sagte er schnell.
    »Du Ärmster«, wisperte die Meerjungfrau.
    »Hör zu!«, sagte der Zwerg plötzlich unvermittelt. »Ich habe eine Überraschung für dich. Du musst nur für drei Sekunden die Augen schließen!«
    »Eine Überraschung?« Die Meerjungfrau klang begeistert. »Was für ein wundervoller Tag!« Sie lachte. »Gut. Meine Augen sind zu!«
    »Du kannst jetzt reingehen«, flüsterte der Zwerg Mira zu, die unter der Brücke langsam einen krummen Rücken und Gummiknie bekam. »Stell mich in den Mauervorsprung neben den Maskaron! Und komm bloß nicht auf die Idee, mich jemals wieder von dort wegzunehmen!« »Was flüstert du da?«, fragte der Maskaron. »Ich übe einen Zauberspruch, aber lass du nur die Augen zu!«, erwiderte der Zwerg.
    »Wie aufregend«, sagte die Meerjungfrau.
    Mira krabbelte unter der Brücke hervor, nahm den Zwerg und postierte ihn nicht weit weg von der Meerjungfrau (nicht ohne diesmal sorgfältigst alle kleinen Steinchen unter ihm entfernt zu haben). Der Zwerg grinste breit über das ganze Gesicht. »Danke«, sagte er schließlich.
    »Ich danke dir«, wisperte Mira etwas angestrengt und rieb sich den Rücken. Dann schlich sie unter der Meerjungfrau, die noch immer die Augen geschlossen hielt, zur Kellertür. Sie legte beide Hände um den silbernen Knauf und drehte ihn vorsichtig nach links. Wie der Maskaron gesagt hatte, war die Tür nicht verschlossen. Mira öffnete sie behutsam und trat in den Keller. Dunkelheit umfing sie und von draußen hörte sie die Stimme des Zwergs und kurz darauf das leise Kichern der Meerjungfrau. Als Mira die Tür von innen schloss, erstarben die Stimmen und sie konnte nicht einmal die Hand vor Augen erkennen. Sie tastete die Wand ab, doch dort befand sich kein Lichtschalter. »Miranda?«, flüsterte Mira leise. »Mira! Ich bin hier«, hörte sie die

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