Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mira und der weiße Drache (German Edition)

Mira und der weiße Drache (German Edition)

Titel: Mira und der weiße Drache (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Ruile
Vom Netzwerk:
grimmigem Gesichtsausdruck die Arme. »Und das Buch wird Ihnen auch weiterhin nichts nützen, denn ich werde Ihnen den Spruch nicht verraten.«
    »Oh, das ist wirklich überaus heldenhaft von dir, liebe Miranda«, sagte Hippolyt freundlich, »aber dich wollte ich eigentlich gar nicht fragen.«
    Miranda öffnete den Mund und wollte protestieren, aber da hatte sich Hippolyt schon an Mira gewandt, die mittlerweile in ihrem Stuhl zusammengesunken war. »Ich hatte da eher an Mira gedacht!«
    »Sag ihm nichts, Mira!«, schrie Miranda. Hippolyt zog seine weißen Augenbrauen zusammen. »Ich würde mir das gut überlegen. Wenn sie nichts sagt, werde ich euch verwandeln. Und zwar so, dass ihr euch nicht mehr zurückverwandeln könnt.«
    »Was?«, rief Miranda.
    »Tja«, sagte Hippolyt, »ein paar nützliche Sachen habe ich dann doch von den schwarzen Zauberern gelernt.« Er nahm die Dose mit dem Pulver, das er vorhin auf Mira hatte herabrieseln lassen.
    »Ein gutes, völlig unbekanntes Kraut. Aber von großer Zauberkraft. Es wirkt gleich doppelt. Man kann damit ein Tier in einen Menschen zurückverwandeln, aber auch einen Menschen in ein Tier.« Jetzt sprach er etwas leiser, und die Kinder mussten sich weit nach vorne beugen, um ihn zu verstehen. »Und wenn ich diesem Pulver ein wenig meines Vergessenszaubers hinzugebe, dann werdet ihr euch bald nicht mehr erinnern, dass ihr eine menschliche Gestalt hattet.« Er seufzte kurz gespielt auf und sah die beiden Mädchen an. »Ihr werdet euer Leben als Amseln beenden. Keine schlechte Lebensform – aber vielleicht ein bisschen kurz?«
    Mira sprang von ihrem Stuhl auf. »Hippolyt, warten Sie!« Sie schluckte. »Der weiße Drache wird sich nicht freuen, Sie zu sehen!«
    Hippolyt blickte sie kurz verdutzt an und brach dann in schallendes Gelächter aus. »Aber nein! Wer spricht den von dem weißen Drachen? Du sollst den schwarzen Drachen beschwören!«
    »Den schwarzen Drachen?«, fragten Mira und Miranda wie aus einem Mund.
    »Natürlich«, flüsterte Hippolyt und seine Augen waren weit aufgerissen.
    »Was will ich denn vom weißen Drachen? Nur der schwarze Drache macht mich zum Herren der schwarzen Zauberer!«
    »Aber«, erwiderte Miranda, die kreidebleich geworden war, »vielleicht ist es dann mit den weißen Zauberern für immer vorbei.«
    »Tja, was für ein Pech, nicht wahr?«, sagte Hippolyt mit abwesendem Blick. Dann legte er vorsichtig das Buch auf den Tisch vor Mira und blätterte es genau in der Mitte auf. Es war nun so still im Restaurant, dass man das Wüten des Windes im Kaminschacht hörte.
    Mira starrte auf die vergilbten Seiten. Der weiße und der schwarze Drache lagen vor ihr und wirkten auf den ersten Blick wie ganz gewöhnliche Zeichnungen. Sie waren ineinander verschlungen, sodass der weiße Drache ein Teil des schwarzen Drachen war und der schwarze ein Teil des weißen. Wenn man den weißen Drachen ansah, befand er sich vor schwarzem Hintergrund und der schwarze Drache war nicht zu sehen. Betrachtete man den schwarzen Drachen, dann war er vor weißem Hintergrund zu sehen und der weiße Drache verschwand. Während sich Mira noch darüber wunderte, dass die beiden Drachen eigentlich eins waren und so gar nicht voneinander zu trennen, hörte sie aus dem Kaminschacht nun nicht mehr das Heulen des Windes, sondern die gleiche zarte Melodie, die sie schon vernommen hatte, als der befreite Schmetterling bei der schwarzen Hexe davonflog. Die Töne woben ein feines Netz. Die Melodie rührte ihr Herz, machte sie fröhlich und traurig zugleich.
    Und mit einem Mal wusste Mira, was sie zu tun hatte. Es war eigentlich ganz einfach. Sie musste fast lächeln.

22. Kapitel
    in dem sich alte Bekannte wiedersehen
    Nach einer langen Weile, die allen wie eine kleine Unendlichkeit vorkam, blickte Mira von dem Buch auf. Die Zeichnung der beiden Drachen hatte bereits begonnen, vor ihren Augen zu verschwimmen. Sie sah Hippolyt an, der die Dose mit dem Zauberkraut nervös in seiner Hand hin und her drehte. »Also gut, ich werde den Drachen beschwören«, sagte sie ruhig. Hippolyts Augen leuchteten und er machte einen kleinen Satz in die Höhe.
    »Das wirst du nicht tun!«, zischte Miranda, die ebenfalls aufgesprungen war. »Bist du verrückt?«
    Mira warf ihr einen verzweifelten Blick zu. Draußen heulte und tobte der Wind. Im Kamin war plötzlich ein Wispern und Rascheln zu hören und ein paar schwarze Laubblätter flogen aus dem Schacht in das Restaurant. Mira wandte den Blick von Miranda

Weitere Kostenlose Bücher