Mira und der weiße Drache (German Edition)
Unterhaltungen an. Das Buch sollte wieder auftauchen. Ich ließ mir die Kugeln für die Hexe Fa besorgen«, er sah Miranda kurz an, die böse zurückstarrte, »aber dann merkte ich, dass ich sie selbst viel besser gebrauchen konnte.« Hippolyt blickte träumerisch in die Luft. »Diese wunderbare Kugel! So konnte ich nicht nur ihre Gespräche im Restaurant belauschen, ich wusste auch, was sie zu Hause planten!« Er lachte und rieb sich die Hände. »Aber es sollte noch besser kommen!
Du kannst dir nicht vorstellen, wie überrascht ich war, als ich mit Erna Fingerhut zu dieser Teestunde trottete. Wenn ich verwandelt bin, kann ich ja die Gedanken der Menschen lesen. Du warst so aufgeregt und dachtest die ganze Zeit an den Drachen!« Er machte eine Pause, und Mira versuchte den dicken Kloß, der ihr im Hals steckte, hinunterzuschlucken.
»Was für ein unglaublicher Zufall! Während ihr also bei deiner reizenden Tante Tee getrunken habt, sprang ich in das obere Zimmer und fand nach kurzem Suchen das Buch! Das allein war schon mehr, als ich zu hoffen gewagt hatte. Ich nahm die Metamorphosen an mich und versteckte sie hinter der Mauer im Garten. Und dort hatte ich dann ein überaus aufschlussreiches Gespräch mit dir, liebe Mira! Du hattest ganz offensichtlich etwas zu verbergen. Du hast sogar so sehr versucht, es zu verbergen, dass mir schnell klar wurde, was das sein musste.«
Mira biss sich auf die Lippe. Wusste er es?
»Und was ist das?«, rief Miranda aus. Mira wagte nicht, sie anzublicken. Hippolyt grinste Miranda an und sagte schließlich mit einem hellen Leuchten in den Augen: »Der weiße Drache hat Mira den Spruch zur Erweckung des schwarzen Drachen verraten!«
»Du weißt den Spruch des schwarzen Drachen?«, zischte Miranda fassungslos. Mira nickte und starrte zu Boden. Ihr Herz hämmerte.
Hippolyt sah Mira an und schüttelte den Kopf.
»Diese Geistwesen! Sie sind völlig unberechenbar. Ich habe keine Ahnung, was sich der weiße Drache dabei gedacht hat, diesen Spruch einem Menschen zu verraten. Aber er hat es getan.«
Miranda sprang aus ihrem Stuhl auf, sah kurz verwirrt zu Mira, dann zu Hippolyt und stemmte dabei ihre zerkratzten Arme in die Hüften.
»Und wo ist das Buch jetzt?«, fragte sie bestimmt. »Ich nehme es sofort mit und bringe es dem Zauberrat! Die weißen Zauberer brauchen es!«
Hippolyt lächelte sie breit an. »Ich weiß. Es ist hier. Gut sichtbar und doch verborgen.«
»Was soll das heißen?«, fragte Miranda.
Hippolyt konnte seine diebische Freude nicht verbergen. »Ich habe es ganz einfach dort versteckt, wo jeder hinsieht.« Hippolyt ging langsam auf die Kinder zu. »Das Buch ist direkt vor eurer Nase. Und es war die ganze Zeit vor der Nase der schwarzen Zauberer, die es so verzweifelt gesucht haben!« Vergnügt lächelnd spazierte er gemächlich zu dem Gemälde des blauen Pfaus.
»Sagte ich schon, dass das mein Lieblingsbild ist?«, fragte er die Kinder. Mira nickte und ihr Mund fühlte sich seltsam trocken an. Hippolyt grinste spitzbübisch.
»Unsere gemeinsame Freundin, die schwarze Hexe, saß direkt unter dem Gemälde und zermarterte sich das Hirn, wie sie das Buch finden konnte.« Hippolyt breitete nun die Arme aus und umfasste das große Bild mit beiden Händen. Er wankte ein wenig, als er das schwere Gemälde von der Wand nahm, doch dann stellte er es ganz behutsam auf den Boden.
»Dabei hätte sie sich einfach nur umdrehen müssen!«
Die Münder der beiden Mädchen klappten nach unten. Dort, wo das Bild hing, war nun ein weißes Viereck, und inmitten des weißen Vierecks befand sich eine Einlassung in der Wand. Die Einlassung war nicht besonders groß. Gerade groß genug, dass in ihr ein Buch mit mattem, grünem Samteinband stehen konnte. Auf dem Deckel prangte ein spitzes, geschwungenes »M«, der einzige Buchstabe, den das Buch enthielt. Hippolyt hob das Buch vorsichtig heraus und strich zärtlich über den Einband.
»Sie hätten es schon längst dem Zauberrat geben sollen!«, rief Miranda wütend aus. Hippolyt sah sie amüsiert an und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß. Das wäre sicher sehr ehrbar gewesen.« Er seufzte. »Nein! Ich will dieses Buch für mich, für mich ganz allein!« Mira wechselte mit Miranda einen kurzen Blick.
»Aber«, und nun sah Hippolyt mit gespielter Traurigkeit auf die beiden Kinder, »was nützt es mir, wenn ich nicht weiß, wie ich den Drachen beschwören soll?« »Nichts!«, stellte Miranda trocken fest und verschränkte mit
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