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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zweifelte, ob sie die richtigen Waffen gegen einen Schwarm wolfsgroßer fliegender Fische mit messerscharfen Raubtiergebissen waren.
    »Oheim?«, sagte er mit zitternder Stimme. Er brauchte  Gewissheit.
    Der Kapitän war inzwischen hinter der Hütte verschwunden, um seinen Männern Befehle zu erteilen. Falgon und Dormund dagegen blickten dem Schwarm entgegen, wohl in der Annahme, ihr Schützling sei längst zum Niedergang gelaufen. Der Waffenmeister fuhr herum. Seine buschigen Brauen zogen sich drohend zusammen.
    »Du bist ja immer noch da. Mach, dass du endlich nach unten kommst!«
    »Warum flieht ihr nich t unte r Deck?«
    »Nicht jetzt, Ergil!«
    »Warum, Oheim?«
    Der Gefragte sah zunehmend verzweifelt aus. Er legte den Kopf schief, öffnete den Mund, aber es war Dormund, der fest und entschlossen antwortete.
    »Weil unter Deck niemand mehr sicher ist, wenn wir die Fische hier oben nicht besiegen. Du hast doch die Verwüstungen in Ugard gesehen…«
    »Jetzt aber Schluss mit der Fragerei«, ging Falgon wütend dazwischen. »Ich sage es nur noch ein Mal, Junge. Verschwinde nach unten. Am besten gleich bis in die Bilge. Und zwar sofort.«
    Ergil gehorchte. Mehr taumelnd als laufend begab er sich zum nächstgelegenen Niedergang. Bevor er nach unten stieg, blickte er noch einmal zum Heck. Es war der Moment, als die ersten Fiederfische das Schiff erreichten.
    Als oben die Klappe des Niedergangs zufiel, kochte Twikus unten bereits vor Zorn. Noch auf den steilen Stufen, die in den Bauch der Meerschaumkönigin führten, überschlug si c h seine Gedankenstimme fast vor Erregung.
    Feigling! Du kannst doch jetzt nicht einfach den Schwanz einziehen. Geh wieder zurück und kämpfe wie ein Mann!
    Der Oheim hat aber gesagt, wir sollen uns hier verstecken, sträubte sich Ergil.
    Wozu? Um zu hoffen, da s s die Fische schon satt sind, wenn sie oben alle Männer aufgefressen haben? Wir beide wissen doch, was in Ugard passiert ist.
    Aber…
    Nichts aber, Ergil. Jetzt lauf gefälligst zu unserer Koje und hole meinen Bogen, sons t …
    Sonst was? Hörst du nicht, was da o b en los ist? Ich gehe nicht wieder an Deck.
    Also gut. Du hast es ja nicht anders gewollt …
    Ergil fühlte unvermittelt einen heftigen Schwindel, wie ein von Höhenangst Geplagter ihn wohl im Angesicht der Dinganschlucht verspüren würde. Es geschah etwas mit ihm, das er sich nicht erklären konnte. Er kam sich zwiegespalten vor, auf eine neue, beängstigende Weise. Sein Bruder schien sich aus ihm herauswinden zu wollen wie eine sich häutende Schlange. Dieser Wahnsinnige!
    Taumelnd kämpfte Ergil dagegen an. Die Balken und Sperrwände des Zwischendecks verschwammen vor seinen Augen, begannen sich um ein dunkles Zentrum zu wölben, einen unergründlich tiefen Brunnenschacht. Es war, als hielte er Twikus nur mit einer Hand über der gähnenden Leere. Und sein Bruder entglitt ihm. Ergil keuchte. Jemand schien ihm die Knochen aus den Beinen ziehen zu wollen. Seine Füße gehorchten ihm nicht mehr, machten, was sie wollten.
     
    Plötzlich stieß er mit dem Schädel gegen einen Pfosten. Ein Schmerz fauchte durch seinen Kopf. In diesem Mom e nt löste sich Twikus aus seinem Griff und stürzte. Stürzte in die Tiefe. Und als das Gesicht des Fallenden langsam in der Dunkelheit versank, wurde Ergil bewusst, dass es sein eigenes war.
    »Nichts für ungut, Bruderherz, aber es musste sein«, sagte Twikus. Er stöhnte und rieb sich die angeschlagene Stelle am Hinterkopf. Über ihm dröhnte ein dumpfer Paukenschlag. Bum! Und gleich danach noch zwei. Bum ! … Bum! Er schauderte. Was war das? Ein Riese, der seine Kriegstrommel schlug? Hinzu kam ein unablässiges Gepolter, als würde sich die Besatzung eine Schlägerei liefern. Männer schrien im Rausch des Kampfes oder vor Angst oder einfach, weil sich die Zähne eines Flederfisches in sie verbissen hatten. So genau konnte man das unter Deck nicht auseinander halten.
    »Erg i l?«
    Er fuhr herum und sah die Herrin der Seeigelwarte vor sich stehen. Sie hatte den Namen schreien müssen, um den Lärm von oben zu übertönen. Der Alarm musste sie in ihrer Kammer überrascht haben.
    »Ic h bi n Twikus.«
    Ihr Gesicht wirkte im trüben Licht der hier zur Beleuchtung des Niedergangs hängenden Laterne wie aus Granit gemeißelt.
    »Und trotzdem unter Deck?«
    Bum! Wieder ließ der Riese seine Trommel dröhnen.
    »Sobald ich meinen Bogen habe, bin ich wieder oben«, rief er.
    »Der wird dir nicht viel…« Múria spa r te sich den

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