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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gekapert – damals trug sie noch einen anderen Namen. Meine Männer und ich flohen nach Bolk. Dort gaben wir dem Schiff ein neues Aussehen und tauften es um. An dem Tag, als es zur Seskwin wurde, legte auch Rundar seinen Name n ab.«
    »Und nannte sich fortan Bombo.«
    Der Kapitän nickte. »Seitdem verliert Hjalgord auf unerklärliche Weise voll beladene Schiffe. Ihn für seine Taten bezahlen zu lassen, das ist m ei n Ziel . E s ha t mic h a m Leben erhalten. Mehr wollte ich Euch eigentlich nicht sagen.«
    »Dormund meinte mal, der Weg sei wichtiger als das Ziel.«
    »Mag sein. Der Schmied hat es, wie mir zu Ohren gekommen ist, auf seinen Wanderungen zu wahrer Meisterschaft g e bracht.
    Gegen den Rat, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und dabei zu lernen, ist nichts einzuwenden. Aber lasst Euch bitte von einem alten Fahrensmann, der schon viel herumgekommen ist, etwas sagen: Ein Mensch, der ziellos durchs Leben geht, ist g enauso verloren wie ein Schiff, das ohne festen Kurs und Kompass auf dem Ozean kreuzt.«
    »Es soll auch solche geben, für die der Zweck jedes Mittel heiligt.«
    »Hört, hört! Wenn mich meine Ohren nicht trügen, dann war das eben eine Anspielung auf mein Handwer k , nich t wahr?«
    »Múria hat sich für Euch bestimmt einen anderen Weg als den des Flusspiraten gewünscht.«
    Bombo kicherte. »Ja, aber sie respektiert meinen freien  Willen. Das ist so ihre Art, wisst Ihr?«
    » O ja!«
    Die beiden blickten eine Zeit lang auf den tr ä ge dahinfließenden Strom. Je weiter die Abenddämmerung voranschritt, desto schwärzer wurde das Wasser.
    Mit einem Mal fragte Ergil: »Kapert und versenkt ihr die  Schiffe?«
    Der Kapitän grinste. »Nicht im herkömmlichen Sinne. Entergänge, Säbelrasseln und dies e s ganze unzivilisierte Benehmen – so etwas versuche ich zu vermeiden.«
    »Ach! Und wie lasst Ihr die Frachtensegler dann verschwinden, ohne dass eine Spur von ihnen bleibt?«
    »Wir haben uns ein paar hübsche ›Zauber‹ ausgedacht, um die Besatzungen von Bord zu locken. Taschenspielertricks. Die Finten haben sich als äußerst wirksam erwiesen, weil die Schiffsbesatzungen allgemein sehr abergläubisch sind. Man kann mit kleinen Dingen großen Eindruck auf sie machen.«
    Ergil musste unweigerlich schmunzeln. »Wovon Prin z essin  Schekira ein Lied singen kann.«   
    Ein Luftstoß entwich Bombos Nase. »Meine Männer machen da keine Ausnahme. Die wenigsten Seeleute haben sich zufällig für ein Leben auf dem Wasser entschieden, zumindest am Anfang. Es ist die Sehnsucht nach der Ferne, nach dem Unbekannten, die sie von zu Hause wegtreibt. Sie glauben daran, dass Märchen und Träume wahr werden können.«
    »Verstehe. Alpträume ebenso, nicht wahr? Damit jagt Ihr  Eure Opfer dann von den Schiffen.«
    »So ist es. Manchmal auch durch Blockungen, die an ihre  Gier appellieren. Ist fast genauso wirksam.«
    »Un d dann?«
    »Schnappen wir uns die Ladung.«
    »Davon verschwindet aber ein Frachtensegler nicht.«
    »Das erledigen die Schiffsbohrer für uns.«
    »Wer?«
    »Würmer. Eigentlich sind es Muscheln, aber sie sehen wie Würmer aus. Sie gelten als Schrecken der drei Meere, fressen sich mit ihren raspelartigen gezähnten Schalen durch jedes Holz. Ihre Süßwasserverwandten sind weniger berüchtigt, obwohl sie doch zahlreich in allen Flüssen des Stromlandes leben.«
    »Mögen die ke i n kalfaterte s Holz?«
    »Nur, wenn sie sonst nichts anderes finden. Die Schiffsbohrer in den Flüssen sind sehr genügsam. Sie laben sich lieber an Tang und sonstigen Pflanzen. Aber wenn sie Rotgrannenharz wittern, ändert sich das schlagartig. Dann werden sie zu gefräßigen Bestien. Ein wenig von der klebrigen Masse auf einen Schiffsrumpf und sie rufen ihre Artgenossen aus der ganzen Umgebung herbei, um nicht eher Ruhe zu geben, bis der letzte Span durch ihren Darm gewandert ist.«
    Ergil blickte den Kapitän mit offenem Mund an.
    Bombo grinste. »Da staunt Ihr, was? Ich bin durch Zufall auf dieses Rezept gestoßen, nachdem ich ein beschädigtes Gig  notdürftig mit einer Rotgrannenplanke reparieren ließ. Das Holz war nicht genug abgelagert und schwitzte noch Harz aus. Ka um hatten wir es ins Wasser gefiert, kamen die Würmer. Von dem Boot blieben nur die Nägel übrig.«
    »Wi e lang e dauer t s o ein … Mahl?«
    Der Kapitän zuckte die Achseln. »Bei einem Schoner wie dem hier ragen nach einer halben Stunde nur noch die Masten aus dem W a sser. Zwei oder drei Stunden später würde eine

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