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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gleich drei Aufgaben bewältigen: Zijjajims Licht hüten, mit seinem sechsten Sinn die Wolken durchdringen, um den Stand der Sonne zu kontrollieren, und gegen eine schleichende Furcht ankämpfen, die mit jeder Stunde stärker wurde. Er ahnte, woher diese betäubende Kälte kam, die nicht über das Eis unter seinen Füßen, sondern direkt aus seinem Herzen in ihn einzudringen schien.
    »Alles in Ordnung, mein Lieber?«, fragte Múria.
    »Ja, ja. Es geht schon«, antwortete er.   
    »Ich habe den Eindruck, das Li c ht sei schwächer geworden.«
    »Oh? Entschuldige.« Ergil ließ ein wenig mehr Kraft in das
    Schwert fließen. »Besser so?«
    »Ja. Soll ich deine Hand halten?« Sie klang besorgt.
    »Nein, lass nur. Ich habe ja Nisrah.«
    Das Floß glitt weiter durch das graue Nichts, in dem sogar die Geräusche zu verschwinden schienen; nur ab und zu hörte man ein leises Plätschern am Rand des Floßes.
    »Da war was!«, raunte Tusan unvermittelt.
    »Geht’s vielleicht auch etwas genauer?«, erkundigte sich  Falgon gereizt.
    »Ein Knacken. Direkt un t e r mir.«
    »Wecke Schekira!«, sagte Múria zu ihrem Schüler.
    Ergil lüpfte ein wenig den Ausschnitt des Mantels, um Licht hineinzulassen und mit dem Zeigefinger sacht über Schekiras Haar zu streichen. »Wach auf, kleine Sängerin!«
    Schekira räkelte sich an seiner Brust, streckte die Glieder und schlug die Augen auf.  Dann kicherte sie los.
    Während dem Prinzen der Schreck in die Glieder fuhr und er darüber sogar das Schwert vergaß, deutete sie glucksend auf dessen Gesicht.
    »Die Kleine ist verrückt geworden.« Die dumpf durch den Nebel dringende und dabei ziemlich heiter klingende Bemerkung kam von Tusan vom »Heck« des Floßes.
    Die Elvin rang kichernd nach Luft. »Es ist so ein schöner  Tag. Lasst uns alle baden gehen!«
    »Sie hat ihren Verstand verloren und will sich ins Meer stürzen«, stellte Falgon amüsiert fest.
    »Ich Hornochse hätte doch wissen müssen, dass Zijjajims
    Licht nicht durch meinen Mantel dringt!«, jammerte Ergil.
    »Niemand von uns hat daran gedacht«, sagte Múria, aber anstatt wie üblich streng zu klingen, hörte sie sich ziemlich  belustigt an. Ihre Mundwinkel zuckten vor mühsam verhohlener Heiterkeit.
    Plötzlich erscholl hinter Ergil ein trockenes Knacken. Es war nur ganz kurz und wäre in der Aufregung vielleicht überhört worden, wenn Tusan es nicht vom Ende der Scholle fröhlich kommentiert hätte.
    »Ha, das nenne ich einen glatten Bruch!«
    »Was war das?«, stieß Ergil hervor. »Hat sich da eben ein  Stüc k vo m Flo ß gelöst?«
    »Ich glaube, ja«, kicherte Dormund.
    »Kommt ihr nun mit planschen oder muss ich alleine gehen?«, z witscherte Schekira. Ihre Flügel kitzelten Ergil an der Brust.
    Der Prinz raffte schnell den Ausschnitt des Mantels zusammen, um sie nicht entkommen zu lassen. Die überraschende Wendung in der bis dahin so friedlichen Floßfahrt hatte ihn regelrecht überrum p elt. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er vor Schreck das Licht des Schwertes vernachlässigt hatte. Weil es so gut wie erloschen war, hatte der Bann sich in den Geist der Gefährten schleichen können, viel schneller und mächtiger, als es am Ufer je zu ahnen gewesen wäre. Der Prinz selbst war Himmelsfeuer am nächsten gewesen und daher noch bei Verstand. Rasch ließ Ergil das Schwert neu erstrahlen.
    »Du musst die Eisscholle zurückholen, Kira. Schnell!«, flehte  Ergil.
    Sie begann erneut zu prusten, als habe er sich einen köstlichen Scherz geleistet. Offenbar erholte sich ihr vom Bann geschlagener Geist langsamer, als er vergiftet worden war.
    »Inimai!«, rief Ergil. Er sah seine Meisterin nur noch als schwachen Schemen im Nebel. »Komm schnell zu mir. Wir müssen Tus a n zurückholen.«   
    »Pah! Vorhin hast du Nisrah den Vorzug gegeben. Jetzt will ich auch nicht mehr.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich schmollend von ihm ab.
    Ergil geriet in Panik. Er musste das Schwert heller erstrahlen lassen, um die a useinander strebenden Gefährten nicht auch noch zu verlieren, und seinen Geist gleichzeitig über das Wasser aussenden.
    Nisrah, hilf mir!, riefen seine Gedanken.
    Geh du voran, ich schiebe dich, erwiderte der Weberknecht. Was soll das?
    Rückhalt geben kann i c h dir, dich stärken, aber die Richtung musst du bestimmen.
    Ergils Mund war vor Elend verzerrt. Tränen rannen ihm über die Wangen. Er versuchte, es allein zu schaffen. Sein Geist tastete sich auf das Schollenmeer hinaus

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