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Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Mirad 01 - Das gespiegelte Herz

Titel: Mirad 01 - Das gespiegelte Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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ist, wenn dich die Erschöpfung überwältigt?«
    »Dann wird sich das Floß wieder in seine einzelnen Schollen auflösen.«   
    »Aber die sind zu klein, um einen Erwachsenen zu tragen«, gab Dormund zu bedenken.
    »Ich weiß, junger Freund. Deshalb muss ich mit meinen
    Kräften gut haushalten – machtvolle Lieder sind anstrengend. Es ist ja nicht so, dass unser Floß zerbricht, sobald ich
    verstumme. Wenn die Strömung es ohnehin auf dem richtigen  Kurs hält, kann ich mich ausruhen.«
    »U n d wen n nicht?«
    »Sollte ich vor Erschöpfung die Besinnung verlieren, dann müsst ihr es im Auge behalten und mich wieder wachrütteln, bevor es auseinander fällt.«  
    Twikus stemmte sich gegen die unechte Fröhlichkeit, die vom Schollenmeer ausging. Er bemerkte ein falsches Grinsen auf dem eigenen Gesicht, während er Schneewolke mit den anderen Krodibos im Hohlweg verschwinden sah. Der Abschied von seinem treuen Reittier war kein Grund zur Freude und hätte ihm vielmehr die Kehle zuschnüren müssen! Immerhin war e r sich des trügerischen Gefühls bewusst und konnte sich deshalb auch dagegen zur Wehr setzen. Hätte Wikander das Meer vor seiner Schlosstür nicht mit Seeungetümen schützen können?
    »Komm, mein Lieber«, sagte Múria leise glucksend und zupfte ihn am Ärmel. I h re Mundwinkel zuckten, als müsse sie jeden Moment in lautes Gelächter ausbrechen.
    Der Prinz atmete tief durch, dann ließ er das gläserne Schwert aufflammen. Bis zum letzten Moment hatte er damit gewartet, denn er wusste von der Überquerung der Wankelmut, w ie viel Kraft ihn Himmelsfeuers Licht kosten würde.
    Als Zijjajims Glanz den Mond überstrahlte und auf die Gesichter der Gefährten fiel, wich augenblicklich die lockende Macht des Banns. Aus Masken falschen Frohsinns wurden  Mienen grimmiger Entschlossenheit. Twikus kam sich vor, als wäre er eben noch von Gewürzwein beschwipst gewesen und auf einen Schlag nüchtern geworden. Entschlossen bestieg er das eisige Floß. Schekira hatte es mit ihrem Gesang bis an den Strand gelenkt.
    Die Freunde folgten ihm mit dem von Falgon handverlesenen Gepäck: Proviant, die Schlafdecken, Waffen, nur das Nötigste. Múria hatte darauf bestanden, ihren »Kräuterbeutel« mitzunehmen – die Bezeichnung war eigentlich irreführend, weil sie darin auch saubere Verbandstücher, ihr Operationsbesteck und andere Utensilien einer Heilerin transportierte. Nachdem alle das Floß bestiegen hatten, erinnerte sie ihre Begleiter an die lebenswichtigen Verhaltensregeln.
    »Bleibt dicht beieinander. Solange ein wenig von dem grünen Schimmer des Schwertes auf euch liegt, seid ihr vor dem Bann geschützt.«
    Bereitwillig rückte man zusammen.
    Die Singstimme der Elvenprinzessin wurde für einen Moment etwas fordernder und die miteinander verbundenen Eisschollen glitten hinaus aufs Meer.

    In den ersten Stunden kamen s ie gut voran. Auf einem fast gespenstisch ruhigen Meer glitt das Floß, vom Tanz der Kristalle angetrieben, schnurgerade nach Nordwesten. Dormund beobachtete die Sterne, um jede Abweichung vom Kurs rechtzeitig zu melden. Mit der Morgendämmerung kam dann der Nebel.
    »Das gefällt mir nicht«, brummte Falgon.
    »Ich werde versuchen, die Sonne im Auge zu behalten«, sagte Ergil – er hatte seinen Bruder in der Nacht abgelöst.   
    »Aber die ist doch über den Wolken…« Der Waffenmeister hieb sich mit dem Handballen gegen die Stirn. »Entschuldige. Habe nicht nachgedacht.«
    »In der Wolkenbrühe ist es schwer, zwischen dem Schimmer des Schwertes und dem Sonnenlicht zu unterscheiden. Bleibt dicht beisammen«, mahnte Múria.
    Weitere Stunden verstrichen, verschwanden gleichsam im Nebe l . Nur die regelmäßigen Meldungen des Prinzen gaben den Floßfahrern Orientierung im milchig grauen Einerlei. Einige schraken zusammen, als Schekira plötzlich verstummte.
    »Was ist?«, fragte Dormund besorgt.
    »Ich muss ein wenig Kraft sammeln.« Jetzt, wo sie nicht mehr sang, klang die Elvin beängstigend schwach.
    »Kriech unter meinen Mantel, Kira«, sagte Ergil.
    »Aber ich friere überhaupt nicht.«
    »Keinen Widerspruch! Du brauchst Ruhe.« Schekira gehorchte.
    »Jetzt heißt es aufpassen«, warnte Falgon. »Achtet auf Risse
    oder verdächtige Geräusche.«
    Dormund wagte sich ein paar Schritte weit nach vorne und Tusan nach hinten. Ihre Augen waren starr auf die Schollen gerichtet.
    Ergil atmete tief durch. Auch er spürte die Anstrengung bereits. Anders als ursprünglich erwarte t , musste er nun

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