Mirad 01 - Das gespiegelte Herz
gefällt mir nicht.«
Sag ihm, dass wir den Fuchs nehmen, schlug Twikus vor. Lieber gehe ich zu Fuß.
»Sprichst du mit deinem Bruder?«, erkundigte sich Falgon.
»Du hast wieder diesen versonnenen Blick.«
Ergil verdrehte die Augen. »Ja. Er meint bei der Wahl des
Reittieres auch ein Wörtchen mitreden zu wollen.«
»Und ? Wa s sag t Twikus?«
»Er will den Fuchs.«
» E inverstanden.«
»Aber…«, wollte Ergil widersprechen.
»Der Rappe gefällt mir ohnehin viel besser. Du hast ihn gut ausgewählt«, lobte Falgon.
»Es waren die Einzigen von all den versprengten Pferden, die ich finden konnte. Außerdem ist der Rappe viel kleiner a ls der Fuchs.«
»Ich bin ja auch viel kleiner als du.«
Wenn Falgon sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann war er so gut wie durch nichts mehr umzustimmen. Nur allzu gut kannten die Brüder diesen Wesenszug, der schon die Erfüllung so manchen Kinderwunsches zunichte gemacht hatte. Ergil stöhnte leise. »Also gut. Ich beuge mich der Überzahl.«
»Das ist eine kluge Entscheidung«, meinte die Elvenprinzessin. »Feuerwind mag dich.«
»Ist mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Du wirst dich schon an ihn gewöhnen«, sagte Falgon. »Ich habe übrigens Proviant und das übrige Reisegepäck zusammengesucht, während du im Wald Reitstunden genommen hast. Je eher wir aufbrechen, desto besser.«
»Wann verrätst du uns endlich, wohin die Reise geht?«
»Ich dachte, das hätte ich bereits g etan.«
»Du hast mit Schekira darüber gesprochen, aber nicht mit uns. Wir sind ja nur ein Junge, den man nicht nach seiner Meinung fragen muss.«
»Höre ich da eine Klage?«
»Ja.«
Falgon grinste, wurde aber gleich darauf wieder ernst. »Du hast Recht. Ich muss mich erst daran gewöhnen, dich in meine Pläne einzuweihen. Die Antwort auf deine Frage lautet: Wir reiten nach Seltensund.«
»Seltensund ? Un d weiter?«
»Nichts weiter.«
»Das nennst du ›einweihen‹? Schekira erwähnte da eine Dame…«
Falgons Kopf fuhr zu der Elvenprinzessin herum. »Stimmt das?«
Sie antwortete mit erhobenem Zeigefinger. »Du solltest deinem Zögling endlich reinen Wein einschenken, alter Freund. Er ist schließlich kein kleines Kind mehr.«
Der Junge nickte. »Richtig, oder hast du jetzt Angst, ich könnte auch ein Verräter sein?«
»Dummes Zeug! Darum geht es nicht, Ergil. Ich habe bis jetzt geschwiegen, weil niemand weiß, wie weit Wikanders Macht reicht. Ich hoffe zwar, wenigstens unsere Gedanken sind vor ihm sicher, aber gewiss ist das nicht.«
Ergil reckte unbehaglich den Hals. Wieder kam ihm Schekira zu Hilfe.
»Die Reise ins Stromland ist lang, Falgon. Was, wenn dir etwa s zustößt?«
»Dann bist immer noch du da, Prinzessin.«
»Auch ich bin nicht unsterblich, alter Freund. Die Jungen müssen wissen, wo sie Hilfe finden können, wenn es zum Schlimmsten kommt.«
Der Alte breitete schicksalsergeben die Hände aus und richtete das Wort wieder an seinen Zögling. »Was deine kleine Freundin sagt, ist leider nicht von der Hand zu weisen. Verwahre also gut im tiefsten Keller deines Gedächtnisses, was ich dir jetzt sage. Für Twikus gilt das natürlich genauso.«
»Ich werde ihn daran erinnern.«
»Gut. Dann unterbrich mich jetzt nicht; ich sage es nur ein einziges Mal: Wir reisen an die Katarakte von Seltensund. Am Rande des O r tes wohnt eine weise Frau mit Namen Múria. Ich… schätze sie sehr. Sie war die Amme eures Vaters. Als ich euch vom Gift betäubt im Gemach eurer Mutter fand, hat sie euch ein Gegenmittel verabreicht, dessen Mixtur außer ihr wohl sonst nur die Sirilim kennen. Múria hat jahrelang im Grünen Gürtel unter dem Volk der Weisen gelebt. Deshalb kann auch nur sie euch lehren, wozu sonst niemand mehr in der Lage ist. Ich bete zu De m -de r - tut - was - ihm - gefällt, dass sie unerkannt geblieben ist.«
Ergil wartete eine Weile, nachdem Falgon verstummt war. Erst dann wagte er zu fragen: »Möge der Herr des Himmels uns davor bewahren, aber was, wenn ich Múria allein finden muss? Sie lebt doch bestimmt nicht unter ihrem richtigen Namen in Seltensund.«
»Nein, aber du brauchst nur nach einer abgeschieden hausenden, verrückten Heilerin zu fragen, die mit den Tieren spricht. Das dürfte genügen.«
Diese Beschreibung gefiel Ergil. Múria und er schienen Wesensverwandte zu sein.
Falgon nahm das zufriedene Schweigen des Jungen als willkommene Einladung zum Themenwechsel. »Jetzt aber genug geschwatzt. Hilf mir bitte die Rösser zu
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