Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
makellos blauen Himmel auf den einsamen Bergsteiger herab. Der Blick über das schier endlose Wolkenmeer unter ihm war atemberaubend.
    Twikus schätzte anhand des Sonnenstands die Tageszeit. Das Himmelslicht hatte seinen Zenit schon vor anderthalb oder zwei Stunden überschritten. Wie immer die Begegnung mit Magos ausging, er würde den Abstieg vor Einbruch der Dunkelheit nicht schaffen. Für einen flüchtigen Augenblick bedauerte er, seine tönerne Laterne in dem Gletscherspalt vergessen zu haben.
    Sein Blick wanderte den Berg hinauf. Er streifte einen verdorrten Baum, der sich wie eine Kralle dem Himmel entgegenreckte. Irgendwann musste er sich allen Regeln braver Pflanzen zum Trotz hier heraufverirrt und dabei sein Leben gelassen haben. Vielleicht, dachte Twikus, war er ja auch als eine letzte Warnung gedacht: Seht her, so ergeht es allen, die Magos zu nahe kommen.
    Er riss sich von dem verkrüppelten kahlen Stamm los und wandte sich der darüber aufragenden Barrikade aus nackten Felszacken zu. Irgendwie erinnerte sie ihn an einen Palisadenzaun. Ob sich Magos dahinter verschanzte? Twikus lief an dem verdorrten Stamm vorbei auf eine Stelle zu, wo er inmitten der Felsspitzen einen tiefen Einschnitt entdeckt hatte. Zu seinem Erstaunen gab es zwischen diesen steinernen Torpfosten einen Durchlass. Er musste also nicht einmal klettern, um ins Innere des Vulkankraters zu gelangen.
    Alsbald spähte er aus der Deckung eines Felsens auf ein unheimlich anmutendes Hochplateau hinab. Es war schwarz und spiegelglatt. Irgendwie musste er beim Anblick der riesigen, kreisrunden Fläche an einen See aus Pech denken. Natürlich erwartete er, auf der dunklen Oberfläche Reflexionen der Sonne oder einiger Wolken zu sehen, doch nichts dergleichen war zu erkennen. Stattdessen huschten vereinzelte bunte Farbflecken darüber hinweg, als vertreibe sich Magos tief unten im Berg die Zeit mit einem seltsamen Lichterspiel. Irgendwie erinnerten sie Twikus an verlaufende Wasserfarben, nur dass sich die Veränderungen hier rasend schnell vollzogen.
    Behutsam, jederzeit zur Verteidigung bereit, tastete er sich über einen Geröllhang zu dem See hinab. Dessen Durchmesser betrug ungefähr zwei Bogenschuss. Twikus musste den Oberkörper zurücklehnen, um auf dem schrägen Untergrund sein Gleichgewicht zu bewahren. Die von der Ginkgonadel ausgestrahlte Kälte wurde bei jedem Schritt schlimmer. Bestimmt ist das Kristallschwert ganz nah, dachte er. Jeden Moment rechnete er mit einem Angriff, sei es von Kaguan oder dessen Herrn, aber die Auseinandersetzung mit Magos begann auf andere, fast unmerkliche Weise.
    Es wurde wärmer.
    Die eisige Höhe verwandelte sich innerhalb weniger Augenblicke in eine glutheiße Wüste. Ein Sturm kam auf und schaufelte Twikus Sand ins Gesicht. Er fühlte sich, als würde er über glühenden Kohlen geröstet. Trotzdem verschaffte ihm die kalte Nadel in der Tasche kaum Erleichterung. Dann änderte sich mit einem Schlag das Wetter und er stapfte wieder durch klirrende Kälte. Jetzt peitschten Eiskristalle sein ungeschütztes Antlitz.
    Auf dem Weg zum See wechselten Wüstenklima und Frost noch mehrere Male und mit zunehmendem Tempo. Um nicht vom heulenden Sturm umgeworfen zu werden, lief Twikus auf groteske Weise schief. Zeitweise stand er fast waagerecht auf dem Hang. Um ihn herum prallten ungeheure Kräfte aufeinander. Jahreszeiten wechselten im Galopp. Die Welt drohte zu zerbrechen. Er selbst drohte zu zerbrechen…
    Plötzlich war das Spektakel vorbei. Die Sonne strahlte wieder am Himmel, Schäfchenwolken tüpfelten das weite Blau. Sogar die wabernden Farben im Kraterrund waren verschwunden, was den Eindruck eines erstarrten Pechsees auf beklemmende Weise verstärkte.
    Dos war ein Angriff, sagte unvermittelt Ergils Gedankenstimme. Aber irgendetwas hat uns beschützt.
    Die Ginkgonadel?, erwiderte Twikus.
    Das glaube ich kaum. Sogar ich kann ihre eisige Kälte spüren.
    Halt mal! Twikus hatte den Blick vom Himmel zum See hinabsinken lassen und dabei zwei überraschende Feststellungen gemacht. Erstens: Seine rechte Stiefelspitze stand im See. Auf dem See, verbesserte er sich – wie schon vermutet, war der schwarze Spiegel starr wie Eis. Und zweitens: Im gläsernen Schwert loderte ein grünes Feuer.
    Es warZijjajim, das uns vordem Schlimmsten bewahrt hat, kam Ergil seinem Bruder zuvor.
    Ja, antwortete Twikus. Es spürt die Nähe seines Erzfeindes, des Schwertes Schmerz. Unter diesen Umständen können wir uns wohl der

Weitere Kostenlose Bücher