Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
lebend fangen. Wenn er sich ihnen allerdings nicht ergab, dann würden Twikus und Popi ihm aus sich überkreuzenden Schussbahnen mit Pfeilen zu Leibe rücken. Dormund sollte Kaguan den Rückweg abschneiden, der Waffenmeister und Múria ihn an der Flucht nach vorn hindern.
    Twikus suchte Deckung hinter zwei Felsen, die leicht versetzt zueinander standen. Wenn er sich im Sattel reckte, konnte er über sie hinweg in die Schlucht spähen. Im oberen Drittel öffnete sich zwischen den beiden Brocken ein trichterförmiger Spalt; eine bessere Schießscharte hätte Twikus kaum finden können. Die Straße am Grund der Schlucht war an dieser Stelle leicht gekrümmt, weshalb er sie talwärts nur etwa einen Bogenschuss weit überblicken konnte.
    Er lockerte das wie ein Gürtel um den Leib gebundene Schwert Zijjajim, vergewisserte sich, ob er den Jagdspeer mühelos aus dem Futteral am Sattel ziehen konnte, und nahm schließlich Pfeil und Bogen zur Hand. Während er noch überlegte, ob er seinen Sirilimsinn auf die Suche nach dem Zoforoth schicken sollte, kehrte Schekira von ihrem Erkundungsflug zurück. Sie landete auf Schneewolkes Geweih.
    »Und? Hast du Kaguan gesehen?«, fragte Twikus ungeduldig.
    »Ja. Knapp drei Meilen von hier. Er kommt schnell näher.«
    »Glaubst du, er flieht vor uns?«
    »Ich hatte eher den Eindruck, als wolle er dieses Nadelöhr erstürmen.«
    »Das wird sich bald ändern. Hier liegen zu viele Stolperfallen herum, um…«
    »Warte einen Moment«, unterbrach ihn die Elvin. Der Blick des Falken war zum Himmel gewandt.
    Twikus glaubte in den Pupillen des Vogels das Spiegelbild eines Schatten wahrzunehmen, jenem nicht unähnlich, den er kurz zuvor auf den Schuppen des Zoforoths gesehen hatte. Rasch neigte er den Kopf nach hinten.
    Hoch über ihm zog eine geflügelte Silhouette vorüber.
    »Ein Tarpun?«, murmelte er.
    »Nein«, sagte Schekira ganz leise. »Ein Gapa.«
    »Nie gehört.«
    »Ich kenne sie auch nur aus den Erzählungen meiner Mutter. Sie sind etwa so groß wie ein Mensch. Ihre spitzen Zähne sollen giftig und ihre Krallen so scharf wie Messer sein. Normalerweise begegnet man ihnen nur in den Bergen von Harim-zedojim. Aber was heißt das in diesen Tagen schon?«
    Twikus hatte mit einem Mal das Gefühl, jemand schnüre ihm die Kehle zu. Er beschattete seine Augen mit der Hand, um den schwarzen Scherenschnitt vor dem blauen Himmel besser zu erkennen, was aber auch nicht viel nützte. »Ich wünschte, ich hätte einen Falkenblick wie du. Meinst du, der Vogel hat uns schon entdeckt?«
    »Über ihr Sehvermögen kann ich dir nichts sagen. Aber Gapas haben mit Vögeln wenig gemein, sieht man davon ab, dass sie mit den Schwingen einer Harpyie fliegen. Sie sind auch keine Menschen, obgleich ihr Oberkörper und ihr Kopf so aussehen. Erinnerst du dich noch daran, was uns der Weise vom Sternenspiegel über Melech-Arez und die sechs von ihm erschaffenen Welten erzählt hat?«
    »Ungefähr. Olam nannte sie Neschan, Barah, Tehom und… Die anderen Namen fallen mir gerade nicht ein. Jedenfalls sagte er, Mirad sei die letzte gewesen, die der ›Herr der Welt‹ ins Dasein brachte, während er verbissen danach trachtete, vollkommene Menschen zu bilden.«
    »Richtig. Und dabei sind auch die Gapas entstanden. Nachdem sie aber ebenfalls unter seinen Händen entartet waren, hat er sie aufgegeben. Seitdem gelten sie als Boten des Todes.«
    Er starrte Schekira betroffen an. »Na, toll! Würde mich nicht wundern, wenn Kaguan den Gapa als Ersatz für seinen verlorenen Tarpun herbeigerufen hat.«
    Die getupfte Falkendame spähte unverwandt zum Himmel. »Ich glaube eher, die Gapas sind seine Verstärkung.«
    Er lauschte. Und dann vernahm auch er das Donnern.
    »Das Drachenross«, wisperte die Elvin.
    »Dieses Geräusch stammt von einem einzelnen… ?« Weiter kam Twikus nicht, denn in diesem Moment tauchte in der Biegung des Weges das rote Riesenpferd mit dem schwarzgewandeten Reiter auf. Dessen Kopf war unter der Kapuze verborgen, das Gesicht nicht sichtbar. Es hätte eine Maskerade sein können, aber der heimliche Beobachter hinter den zwei Felsen wollte sich nicht noch einmal zum Gebrauch der Alten Gabe verleiten lassen. Sein Gefühl sagte ihm trotzdem, dass es Kaguan war.
    »Behalte die Gapas im Auge«, flüsterte Twikus, während er sich duckte und seinen Bogen spannte.
    Wie ein Sturm brauste das Drachenross heran, eine rotbraune Wolke aus Staub hinter sich herziehend. Dem in der Deckung lauernden Bogenschützen wäre

Weitere Kostenlose Bücher