Mirad 02 - Der König im König
können Ergil und Twikus neue Kräfte sammeln, um den Zoforoth doch noch zur Strecke zu bringen.«
Tantabor musterte einen Moment das grünlich blasse Gesicht des jungen Königs. Dann streckte er ihm die Hand entgegen. »Zwischen hier und Ostgard wimmelt es von Gesetzlosen. Ihr werdet Hilfe brauchen, Majestät. Wenn Ihr die Gesellschaft von Vogelfreien nicht verschmäht, dann werden meine Männer und ich Euch ein Stück des Weges begleiten.«
11
DER ZWIST
Das Feuer schien nicht allein die Schmiede der Bartarin anzuheizen. Nach Tikos Empfinden trug das Wortgefecht zwischen seinem ältesten Bruder und dem Vater mindestens ebenso sehr zu der stickigen Atmosphäre bei. Unfreiwillig sah er sich in die Rolle eines Kampfrichters gedrängt, obgleich ihm die dazu erforderliche Unparteilichkeit fehlte. Vom Amboss aus beobachtete er die beiden Streithähne vor dem großen Blasebalg mit zunehmender Besorgnis.
»Ich werde auf keinen Fall die Glut unter der Esse kalt werden lassen, nur weil ein Falke dir einen Zettel von einer überspannten Greisin überbracht hat.« Gumo, der Erstgeborene, hörte sich an, als spreche er von Spatzenkot.
Dessen Vater brauchte seine ganze Beherrschung, um nicht aus der Haut zu fahren. Ruhiger als zuvor erwiderte er: »Múria ist eine der engsten Ratgeberinnen am soodländischen Hof. Sie hat die Flamme des Lichts gehütet, während Wikander das ganze Herzland in die Dunkelheit zu ziehen versuchte. Du solltest mit etwas mehr Respekt von ihr reden, mein Sohn.«
»Wikander war Großkönig des Sechserbundes. Susan hat mit denen nichts zu schaffen.«
»Hier geht es um Höheres als um das Machtgerangel irgendwelcher Landesfürsten, Gumo. Hast du denn aus der Geschichte unseres Geschlechts überhaupt nichts gelernt? Magos hätte die Bartarin schon einmal fast ausgerottet, als er uns das Schwert Schmerz wegnahm. Und jetzt hat er wieder einen Zoforoth ausgesandt, um uns auch noch unser Geheimnis zu entreißen.«
»Das ist nicht sicher.«
Der alte Schmied schnaufte. »Múria hat es uns geschrieben. Ich zweifle nicht an ihren Worten.«
»Diese Greisin hat Vermutungen geäußert, sonst nichts. Sie vermag weder in die Zukunft zu sehen noch steht es ihr zu, darüber zu entscheiden, wie wir mit unserer Lebensgrundlage verfahren sollen. Meine Brüder und Neffen denken übrigens genauso. Wir bleiben hier und wenn es sein muss, dann kämpfen wir.«
Nun riss dem Sippenoberhaupt der Geduldsfaden. Kubukus Stimme überschlug sich regelrecht. »Gegen einen Zoforoth? Es schmerzt mich, das von meinem eigen Fleisch und Blut sagen zu müssen, aber du bist ein Narr, Gumo! Und das Schlimme ist, du hast die ganze Familie mit deiner Dummheit angesteckt. In früherer Zeit wäre jeder gesteinigt worden, der die Sippe gegen den Patriarchen aufstachelt.«
»Früher! Kannst du nichts anderes tun, als von den ›guten alten Zeiten‹ reden? Tarin ist lange tot – wenn er überhaupt jemals gelebt hat. Und die angeblichen Kämpfe gegen irgendwelche geheimnisvollen Boten des dunklen Gottes sind ebenfalls längst Teil der Legenden geworden. Ich will nicht weiter mit dir darüber streiten, alter Mann. Wir werden nicht wie feige Hunde die Schwänze einziehen und davonlaufen. Die Bartarin wissen nicht nur, wie man die besten Waffen schmiedet, sie können sie auch gebrauchen. Wen immer uns die Greisin von der Sooderburg da angekündigt hat, er soll ruhig kommen, wenn er Streit sucht.«
Kubuku wandte sich mit einem Hilfe suchenden Blick an seinen Jüngsten. »Warum sagst du nicht auch mal was, Tiko? Vielleicht hört ja dein Bruder auf dich.«
Der Angesprochene zog die Schultern hoch und breitete die Hände aus. Er schwankte zwischen den Ängsten des Vaters und dem vermeintlichen Mut des Bruders. Ehe er etwas sagen konnte, winkte Gumo schon ab.
»Gib dir keine Mühe, Kleiner. Du standest sowieso immer auf Vaters Seite. Wenn du willst, kannst du dich ja mit ihm zusammen verkriechen, bis die angebliche Gefahr vorüber ist.«
Kubuku schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Bis jetzt bin immer noch ich das Oberhaupt der Bartarin. Auch wenn ich deinen Starrsinn verfluche, Gumo, werde ich euch trotzdem nicht im Stich lassen.« Und nach einem tiefen Atemzug fügte er hinzu: »Komme, was da wolle.«
12
DIE WALZE
Manchmal wird die Macht des Geistes über den Körper überbewertet. Selbst bei einem Sirilo gab es Grenzen, die nicht überschritten werden durften, wollte er sich nicht bleibenden
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