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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Nähe verlangsamten die Verfolger ihr Tempo, offenbar um die unverwechselbaren Hufabdrücke der Krodibos am Boden zu untersuchen. Es war die Stelle, an der Múria zuvor ihr Tier gezügelt und man sich beraten hatte.
    Ergil musste seine ganze Willenskraft aufbringen, um ein geräuschvolles Würgen zu unterdrücken. Der Waffenmeister nickte noch einmal Dormund zu, nahm seinen Eisenholzspeer in die Rechte und schickte sich an, aus der Deckung zu stürmen.
    Aber er kam nicht dazu.
    Unvermittelt erwachte der Wald um sie herum zum Leben. Hinter Büschen und Bäumen trat eine ganze Schar wilder Gesellen hervor. Zwei Dutzend oder sogar noch mehr. Die meisten waren mit Pfeil und Langbogen bewaffnet, andere hielten Speere, Schilde, Schwerter, Äxte und für Ergil völlig fremdartige Gerätschaften in den Händen. Im Gegensatz zu Waltrans kleiner Armee waren die Männer hier sehr abwechslungsreich gekleidet und gepanzert. Innerhalb weniger Herzschläge hatte sich ein beeindruckender Querschnitt miradischer Waffenschmiedekunst um die vier Jäger und die Gejagten versammelt. Zu Ergils Rechter ließ sich eine volltönende Stimme vernehmen.
    »Lasst die Waffen fallen.«
    »Hört denn das nie auf!«, stöhnte Falgon leise.
    Seltsamerweise wirkte Múria nicht im Geringsten besorgt. Ja, sie lächelte sogar. »Ich glaube, Tantabor hat damit nicht uns gemeint.«
    »Tantabor?«
    Anstatt zu antworten, trat Múria ins Freie. Von Neugier getrieben, schwankte Ergil hinterher.
    Zwischen den Bäumen, ungefähr zwanzig Schritte von den vier Pandoriern entfernt, stand ein brauner Hengst von unverkennbar edler Abstammung. Darauf saß ein großer, schlanker Krieger, der einen seltsamen Helm trug. Die Kopfbedeckung glich einem Hut mit pelzbesetzter Krempe. Das buschige, weißgraue Fell hatte vermutlich früher die Rute eines Silberfuchses geziert. Überhaupt schien der stolze Kämpfer von schwerer Panzerung nicht viel zu halten. Er trug ein mit Metallplatten besetztes ledernes Wams und hielt in der Linken einen kleinen Rundschild und das war auch schon alles.
    Seine übrige Kleidung bestand aus einer langen, schwarzen, mit Goldfäden durchwirkten, an der Seite bis zur Hüfte hinauf geschlitzten Tunika aus Seide und Beinkleidern aus dem gleichen kostbaren Material, allerdings ohne den glitzernden Zierrat. Das Gewebe seiner leichten, spitzen Stoffschuhe wiederum enthielt offensichtlich mehr Gold als alles andere. Unterhalb des Hosensaums war etwa eine Handbreit bronzefarbener Haut zu sehen.
    Derselbe dunkle Ton veredelte sein Antlitz. Es lächelte unter der Krempe des Helmes auf eine angenehm zurückhaltende Weise. Mit seinen hohen Wangenknochen, der breiten Stirn, den dunklen, mandelförmigen Augen, der kurzen flachen Nase, dem dünnen Schnurrbart und den wulstigen Lippen wirkte dieses wohlgeformte Gesicht auf Ergil sehr exotisch. Der Krieger mochte dreißig oder fast doppelt so alt sein. In seinen pechschwarzen Haaren schimmerte kein einziger silberner Faden. Der Fremde hatte sie zu einem Zopf geflochten, welcher hinter ihm fast bis auf den Rücken des Pferdes reichte.
    Die vier Pandorier verdauten noch den überraschenden Wandel von Jägern zu Gejagten. Ohne jede Gegenwehr ließen sie sich von dem wilden Fußvolk die Waffen abnehmen. Unterdessen lenkte der Krieger mit dem Pelzhelm seinen Braunen zu Múria hinüber, schwang sich mit bestechender Eleganz aus dem Sattel, landete fast lautlos auf dem Boden und beugte sich tief vor ihr nieder.
    »Möge Eure Hoffnung niemals sinken, Herrin Múria.«
    Sie erwiderte die Respektsbekundung. »Und möge die Eure zur Sonne Eures Lebens werden. Ich kann kaum in Worte fassen, wie sehr ich mich über Euer unverhofftes Erscheinen freue, Tantabor.« Sich ihrem Schützling zuwendend, fügte sie hinzu: »Darf ich Euch Ergil vorstellen, den König von Soodland?«
    Tantabor verbeugte sich abermals. »Ich fühle mich geehrt, den Sohn Torlunds des Friedsamen persönlich kennen zu lernen. Wie geht es Eurem Bruder, Majestät?«
    Ergil neigte das Haupt, was ihn fast das Gleichgewicht kostete. Mit krächzender Stimme antwortete er: »Twikus hat sich entschuldigt.«
    »Ihr seht aus – entschuldigt meine Offenheit –, als sei Euch etwas auf den Magen geschlagen. Können wir irgendetwas für Euch tun?«
    Múria berichtete in zwei Sätzen von der Vergiftung der Zwillinge. Dann stellte sie die anderen Gefährten vor. Schließlich ergriff wieder Tantabor das Wort.
    »Ihr seid, wie mir scheint, vom Weg abgekommen. Wir haben Euch

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