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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Schaden zufügen. Umso mehr mussten sich Ergil und Twikus, die ja nur zur Hälfte dem Alten Volk angehörten, diesem Gebot unterwerfen. Es fiel ihnen leicht und zugleich unendlich schwer.
    Zwei weitere Tage Ruhe hatte Múria den Zwillingen verordnet. Nicht jene absolute Bewegungslosigkeit, die Ergil und Twikus zuvor ans Lager gefesselt hatte, aber eine sofortige Verfolgung Kaguans schloss sie mit all ihrer Ehrfurcht gebietenden Strenge aus.
    Wenigstens hatte sie nichts dagegen einzuwenden gehabt, die Elvenprinzessin hinter ihm herzuschicken. Während Schekira dem Zoforoth nachjagte, lernten die Brüder ihre neuen Beschützer besser kennen.
    Tantabor gehörte den Bulanen an, einem Nomadenvolk, dessen Heimat das Krunganbecken im äußersten Südosten von Ostgard war. Während der gesegneten Regentschaft des Königs Gode – also zur Zeit von Torlund dem Friedsamen – waren die Bulanen sehr zahlreich geworden. Auf ihrer Suche nach neuen Weidegründen für ihre riesigen Pferdeherden drangen sie in neue Gebiete vor; um Grenzverläufe kümmerten sie sich dabei herzlich wenig. In dieser Epoche des Wohlstandes kam Tantabor zur Welt.
    Bald zogen dunkle Wolken über den Stämmen der Bulanen auf. Wikander machte sich durch Mord und Verrat zum Großkönig und setzte in Ostrich Godebar, den Sohn des weisen Königs, als seinen Vasallen ein. Einige Bulanen ließen sich von Wikander dingen, um in Pandorien Unruhe zu stiften; sie drangen bis an die Dinganschlucht vor. Indes ließen sich nicht alle Stammesfürsten vom Blutgeld aus Soodland blenden. Zu den Standhaften gehörte auch Tantas, Tantabors Vater.
    Die unerlaubten Grenzübertritte zwischen Ostrich und Susan wurden schließlich zum Vorwand genommen, um Tantas der Spitzelei für Silmao zu bezichtigen. Ein Verräter lieferte den Bulanenfürsten an Godebars Messer. Tantas fand den Tod unterm Henkersschwert, und seine ganze Sippe wurde von der ostrichischen Krone für vogelfrei erklärt. Viele wurden wie streunende Hunde erschlagen.
    Tantabor dagegen floh ins Stromland, wo er Múria begegnete. Sie entfachte in seinem jungen Herzen ein Feuer, um die von Wikander ausgehende Finsternis zurückzudrängen oder wenigstens ihre Ausbreitung zu verlangsamen. Später kehrte Tantabor in Godebars Reich zurück und scharte andere Verfemte um sich. Von Stund an wurde er ein Fluch für die Ausbeuter und Leuteschinder, die sich an denen bereicherten, die ohnehin fast nichts mehr besaßen. Tantabor ergriff für die Leibeigenen und Rechtlosen Partei. Bald wurde er von den Reichen gefürchtet, von den Armen, mit denen er häufig seine Beute teilte, jedoch bewundert.
    Für Ergil hörte sich das alles seltsam vertraut an. Anscheinend gab es überall auf der Welt friedliebende Menschen, deren Herzen ungeachtet jeder Gefahr aufbegehrten, wenn Unrecht und Willkür die Freiheit zu ersticken drohten. Er musste dabei an Rundar, jenen stolzen Besitzer eines Handelskontors denken, der als Piratenkapitän unter dem Namen Bombo von Bolk dem skrupellosen Hjalgord schlaflose Nächte bereitet hatte. Die Herrschenden nannten solche Leute Rebellen, sie selbst verstanden sich als Freiheitskämpfer. Erstaunlicherweise waren viele von ihnen bereit, zu einem stillen Leben zurückzukehren, wenn man ihnen nur die Gelegenheit dazu gab. Nachdem die beiden Könige Soodlands vom Schicksal Tantabors und seiner wilden Horde erfahren hatten, fassten sie einen Entschluss: Sollten sie jemals lebend von dieser Reise heimkommen, wollten sie Menschen wie dem Kapitän und den Vogelfreien jene Gerechtigkeit wiedergeben, die sie für ein friedliches Leben mit ihren Familien brauchten.
     
     
    So manches im Waldlager der Geächteten erinnerte Ergil an seine Zeit im Großen Alten, nur gingen hier wesentlich mehr Personen den alltäglichen Verrichtungen nach. Es war wie ein Echo seines früheren Lebens, das nicht unwesentlich dazu beitrug, sich rascher als erwartet von dem Gapabiss zu erholen.
    Am Abend vor dem Aufbruch verfolgte er aus einiger Entfernung, wie Popi und einer der Vogelfreien im nahen Bach das in Sodalösung gewaschene Fell des Schneekrokodils ausspülten. Dessen Behandlung würde mehr Zeit beanspruchen, als der Gemeinschaft des Lichts an diesem Ort noch blieb. Aber Tantabor hatte versprochen, sein Gerber werde den fertig zugerichteten Pelz mit einer Handelskarawane zur Sooderburg schicken.
    Während Ergil noch schmunzelnd den Eifer seines durchnässten Knappen beim Waschen der kostbaren Trophäe beobachtete, kehrte

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