Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
sorgten bei ihm für ein gewisses Erstaunen. Es war angenehm warm, ja inmitten der vielen Menschen sogar drückend schwül. Welcher Verstand konnte auf Dauer in einem eingekochten Hirn überleben?
    Vielleicht haben sie ja keines mehr.
    Twikus zuckte zusammen. Ergil, musst du mich so erschrecken?
    Entschuldige, aber du hast so laut nachgedacht …
    Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder? Die Sache mit dem verköchelten Hirn, meine ich.
    Nicht wirklich. Angesichts dessen, was wir mit Wikander erlebt haben, erstauntes mich allerdings, dass so viele Menschen sich von Tyrannen knechten, ausbeuten und sogar zu allerlei Widerwärtigkeiten anstiften lassen. Ich habe mich gefragt, ob Kaguan hier Komplizen hat.
    Wir müssen zumindest damit rechnen. Kann aber auch sein, dass König Godebar seinem Nachbarn Entrin nacheifert.
    Solange er nicht uns, sondern dem Zoforoth das Kristallschwert abzujagen versucht, soll mir das recht sein. Eigentlich melde ich mich aber aus einem anderen Grund. Hast du dir schon überlegt, wie wir Kaguan in diesem Gewirr ausfindig machen sollen?
    Wir könnten uns erkundigen, ob jemand das Drachenross gesehen hat. Es ist ja ungefähr so »unauffällig« wie ein bunter Hund.
    Keine schlechte Idee. Dann wird bald die ganze Stadt wissen, warum wir hier sind – Godebars Spitzel eingeschlossen.
    Dormund meinte, es gebe einen Hafenmeister, den wir nur zu fragen bräuchten.
    Ob wir von dem eine ehrliche Antwort erhalten werden? Tantabor meinte, in Ostrich bessern vier von fünf Staatsbediensteten ihren Lohn mit Bestechungsgeldern auf. Vielleicht hat Kaguan dem Mann und seiner Familie aber auch einen grausamen Tod angedroht.
    Ich kann mir vorstellen, dass er in dieser Beziehung unwiderstehlich ist. Was schlägst denn du vor?
    Wir benutzen die Gabe …
    Bist du verrückt? Múria hat gesagt, er kann uns wahrscheinlich sehen, wenn wir ihn sehen. Und außerdem wird Magos…
    Könnte ich zuerst mal ausreden, bevor du mich mit deinen ständigen Bedenken zuschüttest?
    Du bekommst schon wieder diesen besserwisserischen Ton.
    Und du… Na, ist ja auch egal. Hör mir zu…
    Auf einer etwas breiteren Straße ließ der König wenig später sein Pferd zurückfallen, bis er an Múrias Seite ritt, und erzählte ihr von dem Vorschlag seines Bruders.
    »Ich habe Ergil aber gleich gesagt, war für ein alberner Plan das ist«, fügte er abschließend hinzu.
    Sie musterte ihn von der Seite. »Ihr zwei scheint mir in letzter Zeit nicht gerade das zu sein, was man ein Herz und eine Seele nennt.«
    »Vermutlich, weil’s stimmt. Wir sind zwei Könige im Körper eines Einzelnen und haben in fast allem unterschiedliche Vorstellungen.«
    »Daran ist überhaupt nichts auszusetzen. Trotzdem seid ihr keine Kinder mehr, die sich unentwegt zanken. Euer Verstand sollte mittlerweile ausreichend entwickelt sein, um den Wert von Friedfertigkeit, Langmut, Geduld, Milde und Selbstbeherrschung zu erkennen.«
    »Ich bin doch kein Schwächling.«
    Múria bedachte ihn mit einem prüfenden Blick. »Diese Eigenschaften haben nichts mit Schwachheit zu tun, Twikus. Aus der Haut fahren, unflätige Worte hervorsprudeln, herumschreien und immer nur an sich selbst denken kann sogar der größte Dummkopf. Aber sich zurückzunehmen, um dem anderen das gleiche Maß Freiraum zu gewähren, das man für sich selbst beansprucht, zeugt von wahrer Größe. Diese Einsicht ist für niemanden so wichtig wie für euch zwei.«
    Der König zog sich in seinen Schmollwinkel zurück. Ehe er es sich jedoch darin gemütlich machen konnte, zog Múria ihn mit einer überraschenden Äußerung wieder heraus.
    »Möglicherweise könnte der Vorschlag deines Bruders sogar gelingen.«
    Múrias Unvermögen in Hinblick auf die Sirilimkünste war hauptsächlich eine Frage von Umfang und Reichweite. Sie konnte keine ganze Blumenwiese verwelken lassen, sondern nur ein paar Blüten. Auch vermochte sie nicht stunden- oder gar tageweit in die Vergangenheit oder Zukunft zu blicken, aber manchmal genügten ihr schon wenige Minuten, um ihr Ziel zu erreichen. Im Durchdringen des Wesens einer Sache war sie sogar sehr geschickt.
    Ergils Plan stellte die unzähligen Lektionen der letzten Monate gewissermaßen auf den Kopf. Er argumentierte, wenn er nicht in die Falten der Welt eindringen konnte, ohne von Magos bemerkt zu werden, dann könnte es ja Múria tun. Und falls Kaguan tatsächlich jeden sah, der ihn mithilfe der Alten Gabe verfolgte, dann musste man sich eben auf jemand anderen

Weitere Kostenlose Bücher