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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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städtischen Gestankes nur begrenzt einsatzfähig war, hatte Falgon ihr die Aufgabe einer »Meldegängerin zwischen den Truppenteilen der Armee« zugewiesen.
    In loser Formation rückten die soodländischen Einheiten gegen das Kontor vor. Falgon räumte dem Schmied genügend Zeit ein, um sich in eine Seitengasse abzusetzen. Danach warf er einen Blick zurück zu Múria, die im Schatten des Wachtturmes bei einem Fischerboot stand und Interesse an einer Kiste Flusskrebse vortäuschte. Ihre Miene indes verriet Besorgnis.
    Schekira meldete, getarnt im bunten Federkleid, die Ankunft Dormunds hinter dem Haus und flatterte sogleich wieder davon, um das Gebäude und die nähere Umgebung aus luftiger Vogelperspektive zu beobachten, wo ihre Sinne weniger heftig unter dem Gestank der Stadt litten.
    »Bist du bereit?«, fragte der Waffenmeister.
    »Ja«, antwortete Twikus. Sein Bogen war gespannt und hing ihm locker über der Schulter, am Gürtel baumelte der Köcher mit den Pfeilen. Außerdem hielt er, so wie Falgon, in der Rechten einen schwarzen Jagdspeer.
    Seite an Seite näherten sie sich der pandorischen Handelsmission. Die geöffneten Fensterläden gewährten den Blick auf einen Tisch voller Dokumente und einen umgefallenen Stuhl.
    »Offenbar niemand zu Hause«, murmelte Twikus.
    »Keine voreiligen Schlüsse«, warnte Falgon und wandte sich dem Eingang zu. Um das Überraschungsmoment für sich zu nutzen, riss er ohne anzuklopfen den rechten Torflügel auf und stürmte in den dahinter liegenden Lagerraum. Twikus blieb dicht in seinem Rücken.
    Vor ihnen lag eine etwa sechzig Fuß lange Halle mit Dielenboden, Ziegelwänden und offenem Spitzgiebel. Abgesehen von dem Tageslicht, das durch eine Luke im Dach sowie durch die offene Tür einfiel, war der Raum unbeleuchtet. Im Halbdunkel türmte sich zwischen dicken Stützbalken ein unübersichtliches Sammelsurium aus Kisten, Fässern und Ballen. Niemand trat den beiden Eindringlingen entgegen.
    Twikus rammte seinen Speer in die dicken Bodenbretter und verriegelte von innen das Tor, um diesen Fluchtweg unpassierbar zu machen. Den schweren Schlüssel steckte er ein. Warum überhaupt hatte das Kontor offen gestanden? Die Situation stank für ihn wie ein alter Fisch zum Himmel. Wer lockte hier eigentlich wen in die Falle? Er legte einen Pfeil auf die Bogensehne und lauschte. Abgesehen von den Geräuschen des Hafendamms, die dumpf durch die massive Tür drangen, war nichts zu hören.
    Das gefällt mir nicht, formten Falgons Lippen. Behutsam, so als wolle er die unheimliche Stille nicht stören, zog er sein Breitschwert aus der Scheide. Dann gab er seinem Bogenschützen mit dem Kopf einen Wink, ihm ins Zwielicht zu folgen. Als er selbst voranschlich, bog sich knarzend ein Bodenbrett unter seinem Fuß.
    Der König war versucht, seine Gabe zu gebrauchen, um sich und Falgon vor unliebsamen Überraschungen zu schützen. Ständig huschte sein Blick zwischen den Stapeln hin und her, schwang sich zur Decke empor und kehrte anderswo wieder zum Boden zurück. Der Pfeil auf seinem Bogen folgte jedem Richtungswechsel. Plötzlich hörte er ein Schnauben, wie Pferde es beim Wittern von Gefahr vernehmen lassen. Es klang auffallend tief.
    Falgon deutete ins Dunkel am Ende des Raumes, als wolle er sagen: »Da erwartet uns jemand.«
    Sie schlichen zu einem Turm aus Kisten und Ballen. Nur mit Gesten erklärte der Waffenmeister seinen Plan: Ich umgehe das Hindernis linksherum und du rückst von der anderen Seite vor.
    Schon bedauerte Twikus, seinen Speer beim Eingang zurückgelassen zu haben. Was, wenn hinter der Barriere der Zoforoth lauerte? Im Nahkampf waren Pfeil und Bogen so gut wie nutzlos.
    Die Augenbrauen des Waffenmeisters rückten zusammen, als er das Zögern seines Schützlings bemerkte.
    Twikus zeigte auf den silbernen Blütengriff, der wie eine prunkvolle Schnalle seinen gläsernen Gürtel zierte. Soll ich nicht lieber Zijjojim benutzen?
    Lass das besser bleiben, warnte Ergil. Der Zoforoth könnte Himmelsfeuers Erwachen spüren.
    Du halt dich da raus. Ich will das Schwert ja nur lockern. Für den Fall der Fälle.
    Der Waffenmeister schüttelte den Kopf.
    Siehst du!
    Schon um seinen eigenen Willen durchzusetzen, löste Twikus trotzdem die Schlaufe, wenn auch nur ein wenig. Danach umfasste er wieder mit beiden Händen Pfeil und Bogen.
    Falgon zählte mit den Fingern bis drei, dann huschten er und sein Waffenbruder um den Turm herum – und erschauderten.
    Hinter der Kisten- und Ballenbarriere

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