Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
dem Fremden vorbeizudrängen, um die Treppe hinabzueilen. Dazu kam es jedoch nicht, weil dort gerade Falgon auftauchte.
    Twikus wandte sich seinem Ziehvater zu. »Kümmere du dich um sie, Oheim. Ich muss dringend nach oben. Vielleicht können wir Kaguan noch aufhalten.«
    Der Diensthabende versuchte ihn am Arm zu packen, griff jedoch ins Leere. Schon war Twikus auf den Stufen zum nächsten Stockwerk. Unter sich hörte er ein erbostes »Halt!« und danach Falgons Stimme.
    »Heute könnt Ihr ein Held werden, Nachbar! Ich biete Euch zwei Möglichkeiten zur Auswahl an…«
    Dem weiteren Fortgang der Erläuterungen konnte Twikus nicht folgen, weil er bereits mit raumgreifenden Schritten dem nächsten Geschoss entgegenstrebte und jetzt das Brausen der heranwälzenden Wasser zu einem so ohrenbetäubenden Tosen anschwoll, dass man sein eigenes Wort nicht mehr hätte verstehen können. Als er endlich das oberste Stockwerk erreichte, prallte die Walze auf den Wachtturm.
    Es war, als stieße eine Riesenfaust dagegen. Mörtel rieselte aus den Fugen. Das ganze Gebäude bebte und knirschte wie ein lebendiges Wesen, das vor Schmerz stöhnte und ächzte. Wie lange würde es diesem Ansturm wohl standhalten können?
    Twikus hatte gerade nach dem Zoforoth Ausschau halten wollen, als das Wasser durch die schmalen Fenster hereinschoss. Von dem Strahl getroffen wurde er umgeworfen und zurück in Richtung Treppe geschwemmt. Als ihn die schmutzig braune Welle durch das Loch im Boden spülte, bekam er einen Geländerpfosten zu fassen. Verzweifelt klammerte er sich an dem Rundholz fest. Seine Beine schlugen haltlos hin und her. Die Gewalt des hereinschießenden Wassers war ungeheuerlich. Schon nach kurzer Zeit begann sich der Griff seiner Hände zu lockern. Gleich würde er in die Tiefe gerissen werden…
    Aber plötzlich verebbte der Wasserstrom. Genau wie Ergil es vorhergesagt hatte: Im Auge eines Zyklons herrscht Stille; das wird wohl auch bei einem umgekippten Wirbelsturm nicht anders sein.
    Twikus zog sich in das Turmzimmer zurück und kämpfte sich auf die Beine. Ihm blieben nur wenige Augenblicke, um Ergils Plan in die Tat umzusetzen. Wenn er scheiterte, würde die Rückseite der Walze den Wachtturm wohl endgültig zum Einsturz bringen. Nichts konnte den Wirbel aus Wasser und Wind dann noch davon abhalten, die ganze Stadt zu verwüsten. Unzählige Menschen würden ihr Leben verlieren.
    Endlich erreichte er das Ostfenster. Zum ersten Mal seit Beginn des unheimlichen Sturms hörte er wieder den Gesang seines Gegners. Die unharmonischen Laute klangen so leise, als wehten sie vom anderen Ende der Welt herüber. Der König spähte zum Fluss hinab. Die hintere Wand des Wasserwirbels war weniger kompakt als dessen Vorderseite. Twikus griff zum Bogen und legte einen Pfeil auf die Sehne, während er gleichzeitig nach Kaguans Schiff Ausschau hielt. Dunkle Schleier erschwerten ihm die Sicht. Aber dann entdeckte er plötzlich zwischen den niederregnenden Trümmern die hellen Segel des Zweimasters. Dieser Anhaltspunkt war alles, was er brauchte, um ein langes Herumstochern in den Falten der Welt zu vermeiden. Er schloss die Augen.
    Die Wände des Turmes schienen mit einem Mal durchsichtig zu werden. Das Schiff zeichnete sich strahlend hell vom dunkelgrünen Band des Flusses ab. Nur das Heck des Schoners war umwölkt.
    Ich habe Kaguan gefunden!, sagte Twikus in Gedanken.
    Gut, erwiderte Ergil. Jetzt müssen wir nur noch eine Abkürzung zu ihm finden. Nisroh?
    Hier bin ich. Suchet nur, meine lieben Gespinstlinge, und ihr werdet finden.
    Die unbeschwerte Zuversicht des Netzlings vermochte den fast unerträglichen Druck kaum zu mildern, der auf den Brüdern lastete. Jeden Moment konnte das ruhige Innere der Wasserwalze am Wachtturm vorübergezogen sein. Sie würden bestenfalls einen einzigen Schuss haben, um sich, die Gefährten und die Stadt zu retten.
    Nicht hetzen!, mahnte Ergils Gedankenstimme.
    Es gibt einfach kein Durchkommen! Nicht das kleinste Loch, jammerte sein Bruder.
    Doch, widersprach Ergil. Alles ist mit allem verbunden. Nur deshalb finden wir ja Zugang zur Welt und können ihren Faltenwurf in allen Dimensionen durchdringen. Versuche es weiter!
    Twikus drehte sich mit geschlossenen Augen um seine eigene Achse. Ein Luftzug zupfte an seinen Haaren. Erste Wassertropfen wehten durchs Fenster herein und benetzten sein Gesicht. Er glaubte, unter der Anspannung jeden Moment mitten entzweigerissen zu werden.
    Plötzlich flüsterte er: »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher