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Mirad 02 - Der König im König

Titel: Mirad 02 - Der König im König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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es gefunden!«
    Dann schieß!, antwortete Ergil.
    Der Pfeil schnellte von der Sehne, zischte ein kurzes Stück durch das Turmgemach und verschwand, bevor er die gegenüberliegende Wand erreicht hatte, aus der hiesigen Falte der Welt.
    Eine grausame Stille trat ein. Twikus öffnete die Augen, sah aber nur graue Wasserschleier und dahinter einen weißen Fleck – die Segel des Schiffes. Er wagte nicht zu atmen, während der Sturm zurückkehrte und neue Gischtwehen durchs Fenster blies. Zweifel stiegen in ihm auf.
    Haben wir Kaguan verfehlt?
    Ehe Ergil antworten konnte, hallte ein markerschütternder Schrei über den Fluss. Noch einmal ging ein Beben durch den Turm. Dann löste sich die Wasserwalze auf und das Heulen des Windes verstummte jäh. Gleich darauf zauberte die Sonne einen Regenbogen in die Millionen von niederschwebenden Tröpfchen.
    Twikus spähte wieder zum Zweimaster hinüber. Winzig klein konnte er auf dem Achterdeck eine reglose dunkle Gestalt liegen sehen. In Gedanken sprach er aus, was mehr Wunsch als Gewissheit war: Endlich haben wir den Zoforoth besiegt!
    Für kurze Zeit schloss er wieder die Augen und streckte seine unsichtbaren Fühler nach dem Schiff aus. Aber Schmerz verwehrte ihm die ersehnte Gewissheit. Immer noch umhüllte es Kaguans Leib mit einer nebelhaften Schwärze. Schnell wurde die eisige Kälte der Kristallklinge unerträglich und der Späher auf dem Turm zog seinen tastenden Sinn unverrichteter Dinge zurück.
    Hinter ihm hallten Schritte. Kurz darauf vernahm er Popis Stimme.
    »Du hast es geschafft, Twikus! Die Walze hat sich aufgelöst, bevor sie noch größeres Unheil anrichten konnte.«
    »Wie geht es den anderen?«, fragte der König, ohne den Blick vom Schiff zu wenden. Zwei Seeleute waren zu der reglosen Gestalt geeilt und beugten sich über sie.
    »Wir sind alle pitschnass, aber wohlauf – abgesehen von ein paar blauen Flecken vielleicht.«
    Twikus nickte, ohne seinen Knappen anzusehen.
    Jemand anderes kam die Treppe herauf. Am Klang der federleichten Schritte erkannte Twikus seine Meisterin.
    »Hast du Kaguan getötet?«, fragte Múria, ehe sie ganz bei ihm war.
    Er zögerte. Die Alte Gabe hatte ihm die Antwort nicht geben können und in dem aufgeregten Treiben am Heck des davonziehenden Seglers war immer weniger zu erkennen. Die beiden Seemänner hatten dem Zoforoth unter die Arme gegriffen und hoben ihn hoch. Schlaff hing er zwischen ihnen. Mit kleinen Schritten schleppten sie ihn zu einer Luke und ließen ihn vorsichtig herab.
    Da!
    Twikus beugte sich in der Fensteröffnung weit vor und strengte seine Augen noch mehr an. Was war das eben gewesen? Hatte Kaguan seine Beine bewegt?

 
    13
     
    DIE WINDUNGEN DES BANS
     
     
     
    Der diensthabende Hafenwächter hatte sich von den beiden Wegen zum Heldentum für die Nummer zwei entschieden. Die erste Wahl wäre ein Zweikampf mit dem Waffenmeister von Soodland gewesen, eine ziemlich sichere Methode, um einen glorreichen Heldentod zu sterben. Aber die Alternative hatte auch etwas: Kommandant Ysga würde seinen Ruhm noch lange genießen können.
    Immerhin durfte er sich nun »Retter von Ostgard« nennen. Zugegeben, Twikus von Sooderburg und sein Bruder hatten zwar auch ihren Teil zur Abwehr der Wasserwalze beigetragen, aber sie waren ja nur Ausländer. Außerdem wären sie kläglich gescheitert, wenn Ysga sie nicht geistesgegenwärtig zur Spitze des Wachtturms durchgelassen hätte.
    Aus Pflichtgefühl hatte der Befehlshaber der Hafenwache die in seinen Turm eingedrungenen Fremden in den Palast führen lassen. Er war hin und her gerissen, ob er sie aufgrund ihres unbefugten Eindringens in ein Gebäude der königlichen Armee einkerkern oder wegen ihrer Unterstützung bei der Rettung der Stadt für eine Begnadigung vorschlagen sollte. Die Entscheidung wurde ihm schließlich abgenommen, als der Oberste der Stadtwache Ysgas Untergebene zum Rapport einbestellte. Dummerweise schilderten die Männer seine Rolle während der dramatischen Geschehnisse am Hafen erheblich weniger glanzvoll, als diese ihm selbst in Erinnerung waren.
    Innerhalb kürzester Zeit wurden die Fremden durch die ganze Befehlskette nach oben gereicht. Als dann auch noch der giftige alte Recke, der sein Schwert Biberschwanz nannte, von einem General als Waffenmeister von Soodland und die geheimnisvolle Schöne als die Weise Múria wiedererkannt wurden, war die Überraschung groß. Irgendjemand musste diese an sich streng geheime Neuigkeit auf die Straße hinausgetragen

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