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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Freund, als sei diese Anrede ein zu kleines Gefäß, um ihre Gefühle für ihn aufzunehmen. Dafür fragte sie ihn immer öfter nach seiner Meinung, wenn sie dies oder das zu tun beabsichtigte. Am Morgen sprudelte sie oft über vor Mitteilsamkeit, als wolle sie ihn alles wissen lassen, was sie während der Stunden ihrer Trennung erlebt hatte. Nach Momenten tiefer Konzentration, wenn er mit seinem Sirilimsinn den Goldfruchtbaum durchdrungen oder das Wachstum der jungen Ginkgofrüchte beschleunigt hatte, ertappte er sie manchmal dabei, wie sie ihn mit versonnenem Lächeln beobachtete.
    Die wichtigste Veränderung betraf indes den Ginkgobaum. Dank seiner Fähigkeit, sich in Geschöpfe jeglicher Art einzufühlen, hatte Ergil dem Mazar bereits zwei Tage nach der Bestäubung unter dem Reifrock der Dame Goldpflaume die frohe Nachricht übermitteln können: »Sie ist guter Hoffnung.«
    Abgesehen von Nishigo, die im Hintergrund verhalten schmunzelte, war weder Oramas noch sein Schriftführer oder einer der anwesenden Minister in der Lage, mit dieser Auskunft etwas anzufangen. Ratloses Schweigen hatte sich der Männer bemächtigt.
    Ergil lächelte entschuldigend und fügte hinzu: »Verzeiht, Majestät. Seit meinem Wachtraum vorgestern früh neige ich dazu, Euren heiligen Baum zu vermenschlichen. Er wird Frucht tragen.«
    Der Mazar gestattete seinem Gesicht den Anflug eines Lächelns und sagte: »Gut.« Auf der susanischen Gefühlsskala entsprach dies annähernd dem Freudenausbruch, den ein Vater in Anbetracht der Geburt seines Erstgeborenen zeigen durfte. Im Kreise der Berater erlaubte man sich ein kaum hörbares Aufatmen.
    Um nicht unhöflich zu erscheinen, erinnerte Ergil den Monarchen nicht direkt an sein Versprechen, sondern fragte nur: »Wie groß ist die susanische Flotte eigentlich? Ich habe von zweitausend Schiffen gehört.«
    Der Herrscher ließ seinen Blick wie abwesend über die schon wieder verblühten Zweige des Ginkgos schweifen. Fast schien es, als wolle er sich um die Antwort drücken, aber dann sagte er: »Ich habe mich entschieden. Susan wird Euch helfen.«
    Ergil hätte schwören können, ein Donnern zu hören, das von dem Stein stammte, der ihm von der Seele gerollt war. »Damit werdet Ihr in die Geschichte eingehen, Majestät.«
    »Mag sein. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich eine Flotte ausrüsten und die Truppen an der Grenze zu Ostrich verstärken lasse.« Oramas blickte dem Hüter des heiligen Ginkgo jetzt offen ins Gesicht. »Ihr habt mir mein Kind zurückgegeben, nachdem ich es schon an den Zoforoth verloren glaubte. Der junge Bartarin erzählte mir darüber hinaus ausführlich, wie Euer Bruder und der tapfere Falgon starben – auch, damit das Volk von Susan frei von Magos’ dunklem Joch weiterleben kann. Und jetzt habt Ihr meinen Untertanen neue Hoffnung geschenkt, indem ihr unserem heiligen Ginkgo die Fruchtbarkeit zurückgebt. Ich würde mein Gesicht verlieren, wenn ich Euch Eure Bitte abschlüge.«
    »Deswegen wollt Ihr uns helfen? Damit Eure Ehre nicht besudelt wird?«, fragte Ergil erstaunt. Sogleich kamen ihm Zweifel, ob er sich damit nicht selbst ein Bein gestellt hatte. Doch Oramas verübelte ihm die Geradheit nicht.
    »Das ist nicht der einzige Grund. Es kann auch nicht im Interesse von Susan liegen, wenn Entrin oder Godebar im Sechserbund die Macht an sich reißen.«
    »Davon könnt Ihr ausgehen.«
    Oramas beugte sich zu Ergil vor und fügte – unhörbar für den Protokollführer – hinzu: »Außerdem hat die Prinzessin sich für Euch verwendet.«
    Der Blick des jungen Königs sprang zu Nishigo und wieder zum Gesicht des Mazars zurück.
    Letzterer nickte gewichtig. »Habt Ihr mir irgendetwas zu sagen, mein lieber Ergil?«
    Der Protokollant wurde zusehends verzweifelt, weil er das Geflüster der beiden gekrönten Häupter nicht verstand.
    Ergil räusperte sich. »Ich – äh – verstehe nicht…«
    »Habt Ihr ein Auge auf meine Tochter geworfen?«, raunte Oramas nun ohne Umschweife.
    »Wir beide sorgen für das Wachsen und Gedeihen des Goldfruchtbaumes.«
    »Das ist weder die Antwort, die ich erhofft, noch die, die ich befürchtet habe. Eigentlich ist es gar keine Antwort. Versteht mich nicht falsch, mein lieber Ergil. Ich achte und schätze Euch sehr. Bitte missbraucht dieses Vertrauen nicht.«
    Ergil schluckte. »Das liegt mir fern, Majestät.«
    Oramas nickte zufrieden, woraufhin er laut und deutlich sagte: »Ihr habt Großes vollbracht. Wir sind schon gespannt, womit Ihr uns

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