Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
mir. Dann retten wir Euch und Eure betäubten Männer.«
Ysga ließ eine Disharmonie aus Lauten erklingen, die gleichzeitig aus Lachen, Husten und Röcheln bestand. »Das soll ich Euch glauben? Ihr wollt Euch doch bloß wieder auf meine Kosten als Held aufspielen. Nichts da! Ihr seid ein Verschwörer, ein Verbündeter von Rebellen. Und Prinzessin Nishigo ist eine Spionin ihres Vaters, dessen Truppen schon an unseren Grenzen stehen und nur auf ein Zeichen warten, um in Ostrich einzumarschieren. Aber das werde ich nicht zulassen. Ich werde für König Godebar…«
Der Kommandant keuchte, als ein Pfeil seine linke Schulter durchschlug und hinter ihm in der Wand stecken blieb. Die Wucht des Aufpralls hatte ihm den Bogen aus der Hand gerissen. Einen Moment war er zu geschockt, um etwas zu sagen, geschweige denn etwas zu fühlen.
Ergil machte seiner Verärgerung Luft. »Ich habe keine Zeit für Euer Geschwätz. Ihr…«
»Wenn wir nicht schnell hier abhauen, werden wir ersticken«, unterbrach ihn Tusan.
Einen Moment war Ergil starr vor Schreck. Hatte er sich eben von dunklen Empfindungen übermannen lassen? Mit einem Mal fühlte er sich unendlich erschöpft. Ehe er einen weiteren Gedanken fassen konnte, hatte sich Nishigo ihm an den Hals geworfen.
»Ergil! Ich wusste, dass du mich nicht im Stich lassen würdest.«
Obwohl ihre Hände auf seinem geschundenen Körper ausnahmslos blaue Flecken drückten und damit den Schmerz um einiges steigerten, war er über die Maßen froh, sie in die Arme schließen zu können. Zärtlich küsste er ihr rotes Haar. »O Nishi! Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht! Haben sie dir wehgetan?«
»Im Vergleich zu dem, was die Argo mich hat fühlen lassen, waren ihre Grobheiten unbedeutend.«
Eine Flammenzunge fauchte die Treppe empor.
»Jetzt wird’s aber höchste Zeit«, drängte Tusan.
Ergil nickte. »Ich brauche frische Luft, um wieder zu Kräften zu kommen.«
»Da drüben ist eine Treppe, die zum Dach hinaufführt«, sagte Nishigo und deutete auf eine große Stoffbahn.
Tusan legte sich Ergils rechten Arm über die Schulter. »Dann nichts wie los!«
Nishigo stützte ihren Liebsten von der anderen Seite. Gemeinsam führten sie den König durch den Raum. Immer wieder mussten sie Seidentücher zur Seite schieben. In Ergils Kopf drehte sich alles. War es der Rauch? Oder hatte er sich zu viel zugemutet? Endlich erreichten sie die Treppe. Nach einigen Stufen vernahm er dumpf Tusans Rufen.
»Wir verlassen das Haus, Ysga. Wenn Ihr mitkommen wollt, dann ist das Eure letzte Gelegenheit.«
»Eher verbrenne ich«, krächzte irgendwo hinter den wehenden Tüchern der verletzte Kommandant. »Seid verflucht, verdammte Soodländer!«
»Ich bin aus dem Stromland«, antwortete der Fährtensucher gleichmütig und schleppte seinen Freund mit Nishigos Hilfe weiter die Treppe hinauf.
Kurz darauf erreichten sie einen kleinen Pavillon, der auf eine Terrasse hinausführte. Die Hitze in dem Raum war unerträglich. Tusan stieß die Tür auf. Rasch stolperten die drei ins Freie.
»Weg vom Eingang!«, ächzte er und zog seine beiden Gefährten zum Rand des Daches.
Der Turm verwandelte sich durch die neue Öffnung an seiner Spitze in einen riesigen Schlot. Das Feuer in den unteren Stockwerken zischte wie eine Schlange nach oben. Im Achteck unter dem Dach vergingen zahllose Seidentücher in den Flammen. Und nicht nur sie allein.
»Dies wäre ein guter Moment zu verschwinden«, sagte Tusan, nachdem sie einige Baldachine und Kübel mit kleinen Bäumen umrundet hatten.
Um Ergil herum drehte sich alles. Trotzdem versuchte er sich für den Sprung zu konzentrieren. Eine Welle der Übelkeit stieg in ihm hoch und ihm wurde schwarz vor Augen.
»Was ist mit dir?«, hörte er Nishigos Stimme aus weiter Ferne.
»Ich… kann nicht«, ächzte er.
»Das habe ich befürchtet«, sagte Tusan. Nicht vorwurfsvoll, sondern erstaunlich gefasst.
»Ich bin so müde«, lallte Ergil. Er spürte seine Beine nicht mehr.
»Lassen wir ihn runter«, hörte er Tusans hallende Stimme.
Ein Stöhnen ging durch den Bau. Im Verein mit dem Fauchen der Flammen hörte es sich an wie ein asthmatischer Drache, der unter Alpträumen litt.
»Aber wir können nicht hier bleiben. Das Haus hält dem Feuer nicht mehr lange stand«, jammerte Nishigo.
Ergil schloss die Augen, weil sie so furchtbar brannten. Während ihm die Tränen über die Wangen liefen, lächelte er und murmelte: »Habt… einfach Vertrauen…«
»Ich glaube, er
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