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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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halluziniert«, bemerkte Tusan.
    »Wie heißt es doch so schön? Kommt Zeit, kommt Rat«, beharrte Ergil leise, aber voller Zuversicht.
    »Ja«, sagte Nishigo. »Er redet wirr.«
    »Ich…« Ergils Mund war so trocken, dass ihm beim ersten Anlauf die Stimme versagte. »Ich wiederhole… wiederhole nur, was Kira gesagt hat.«
    Die susanische Prinzessin und der stromländische Herzogssohn wechselten über den König von Soodland hinweg einen besorgten Blick.
    Eine gierige Lohe schoss von unten in den Pavillon und sprengte sämtliche Fenster. Splitter rasten in die Topfpflanzen und zerfetzten Sonnensegel. Ehe sie die Gefährten an der Dachkante erreichen konnten, war ihre Wucht verpufft.
    Ein Moment der Ruhe trat ein. Vielleicht kam es Ergil auch nur so vor, weil sich sein Bewusstsein zunehmend von den Ereignissen überfordert sah. Aber plötzlich drang deutlich das Flattern von Vogelschwingen an sein Ohr, er spürte einen angenehm erfrischenden Luftzug im Gesicht und dann einen sanften Druck auf der Brust. Schließlich hörte er eine helle und zugleich volle Stimme, die für ihn ungemein beruhigend klang.
    »Na, das nenne ich knapp!«
    Er zwang sich, die Augen aufzuschlagen und nahm vor sich das verschwommene Bild eines Falken wahr. »Kira!«, krächzte er.
    »Hast dir wieder mal einen ziemlich großen Brocken aufgeladen, was?«
    »Naja, mir… mir ist auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen, um Nishi zu retten…« Ein Hustenanfall schnitt ihm das Wort ab.
    »Du bist eben durch und durch ein Retter. Jetzt bleib ruhig liegen. Gleich kommt Hilfe.«
    Ergils viel zu schweres Haupt sank auf den Boden zurück. Nishigo nahm seine Hand und drückte sie ganz fest, als wolle sie damit Schekiras Worten Nachdruck verleihen. Doch er war viel zu aufgeregt, hatte nur Kraft gesammelt, um erneut den Falken anzublicken.
    »Wie…?«, keuchte er, während er von einer neuerlichen Hustenattacke geschüttelt wurde.
    Schekira nahm ihre Elvengestalt an, stemmte die Arme in die Seiten und sah ihn streng an. »Du hast für heute genug getan und bist jetzt still. Im Übrigen solltest du ›Wer?‹ fragen. Die Antwort lautet Nisrah. Da kommt er, um euch aufzunehmen. Das Wie erübrigt sich ja wohl.«
    Ergils Augen richteten sich an Schekiras Zeigefinger aus, der schräg nach oben deutete. So bekam er den riesigen Leib der Wolkenqualle zu sehen, der sich im langsamen Sinkflug näherte.
    Ein neuerliches Stöhnen ging durch den Turm.
    »Die ›Glückseligkeit‹ bricht gleich zusammen«, stellte Tusan vielsinnig fest.
    Abermals schoss eine Lohe in den Pavillon und sprengte ein Loch ins Dach. Irgendwo unten krachte es – vermutlich war ein Stockwerksboden eingestürzt. Schekira schnellte in die Höhe. Trümmer prasselten überall herab, aber wie durch ein Wunder wurde keiner der Freunde getroffen.
    Nishigo presste mit beiden Händen Ergils Finger zusammen, legte ihre linke Wange an seine rechte und flüsterte: »Ich habe Angst.«
    »Vertrau mir«, gab er ebenso leise zurück. Der beißende Qualm trieb ihm wieder die Tränen in die Augen. Zwischen den äußeren Schichten von Nishigos wirbelndem Haar hindurch konnte er einen riesigen Schatten wahrnehmen, der das Blau des Himmels verdunkelte.
    Ein grauenvolles Ächzen und Knirschen ließ den Bau erzittern.
    »Herr der himmlischen Lichter, steh uns bei«, flüsterte Tusan.
    Es folgte ein Krachen, als würden sie sich mitten in einer Gewitterwolke befinden. Dazu passte, dass plötzlich der Boden unter ihnen verschwand.
    Nishigo kreischte.
    Einen Moment lang hatte Ergil das Gefühl, schwerelos zu sein. Aber ehe er hinab in die Trümmer der eingestürzten »Glückseligkeit« fallen konnte, wurde er von starken Tentakeln aus der Luft gepflückt und in die entgegengesetzte Richtung gehoben.

 
    29
     
    VERRAT
     
     
     
    Múrias Blick schweifte über den Soodlandbelt hinweg in die Ferne, so als könnte sie weit im Osten die Staub- und Aschewolken des einstürzenden Frauenturms in Ostgard erkennen. In Wirklichkeit sah sie nicht einmal Bjondal.
    »Suchst du die Flotte von Silmao? Die wird so schnell nicht kommen«, sagte Borst. Sie standen auf dem nördlichen Ende der inneren Mauer, dort, wo die Klippe steil ins Meer abfiel und man vor feindlichen Scharfschützen relativ sicher sein konnte. Die Ruhe hier oben war trügerisch. Man musste der Hufeisenform des Wehrgangs nur ein wenig weiter nach Nordwesten folgen, um in die hässliche Fratze des Krieges zu blicken.
    »Nein, das wäre zu früh«,

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