Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Hause tobt ein Krieg.«
»Und was machen wir jetzt?«
Ergil sah seinen Freund aus tränenverhangenen Augen an. »Ich bin Soodlands König, Popi! Von Rechts wegen müsste ich sofort in die Heimat eilen. Aber ich kann es nicht. Nicht, bevor ich das Lebenselixier habe.«
Saphira war ins Hier und Jetzt zurückgekehrt. Die Sonne hatte genau im Zenit gestanden. Etwa eine Stunde später fand in den Privatgemächern des Sirilimkönigs eine besondere Zusammenkunft der Gemeinschaft des Lichts statt. Obwohl das Treffen vornehmlich der Erörterung von Fragen diente, welche besonders Ergil auf den Nägeln brannten, war auch für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Auf flachen Kupfertischen standen Obstkörbe, Saftkaraffen und Schalen mit kleinen Leckereien, die vor allem bei Tusan und Popi regen Zuspruch fanden. Aber auch Harkon Hakennase war kein Kostverächter. Außer den genannten Personen hatte Baroq-abbirim nur zwei weitere aus seinem engsten Vertrautenkreis eingeladen.
Der Erste hieß Agabus. Er war schwarzhaarig und ein, selbst für Sirilimverhältnisse, auffallend schlanker Mann mit schmalen Händen und langen Fingern, welche er oft gefaltet vor dem Gesicht hielt oder als Stütze für sein Kinn benutzte, als müsse er in gebetsvoller Versenkung himmlische Anleitung erfragen. Im Rat des Lichts wurde seine Weisheit seit langem geschätzt, selbst wenn er keinem der Adelshäuser angehörte. Nach wie vor bekleidete Jaminas Vater in Jazzar-fajims Palast das Amt eines Seneschalls: Er besorgte das gesamte Hauswesen des Fürsten.
Lohentuvim, die zweite Vertrauensperson, die der König der Sirilim hinzugezogen hatte, war ebenfalls ein alter Weggefährte von Ergils Urgroßonkel: groß, breitschultrig, aber trotzdem nicht schwerfällig, sondern eher ein Mann, der in seiner Kraft und Körperbeherrschung ruhte. Das lange Haar des Sirilo war pechschwarz. Er wirkte jung wie ein Zwanzigjähriger und voller Tatendrang. Lohentuvim war der Majordomus von Saphira, der Befehlshaber des Sirilimheeres.
»… du dazu, mein Sohn?«
Baroq-abbirims Worte drangen wie durch einen drei Fuß dicken Wollvorhang in Ergils Bewusstsein vor. Sein Blick war zu dem augenförmigen Fenster und seine Gedanken waren zu Schekira abgeschweift. Es fehlte noch immer jedes Lebenszeichen von der Elvin.
»Ergil?«
Der Angesprochene blinzelte sich in die Wirklichkeit des Schneckenpalastes zurück. »Entschuldige, Großvater. Ich habe nicht richtig hingehört.«
»Das merke ich. Mach dir um deine kleine Freundin keine Sorgen. Elven haben sieben Leben.«
Popi hatte gerade in eine rosafarbene Pflaumenfrucht beißen wollen, hielt nun aber inne. »Sagt man das nicht von Katzen?«
Ergil seufzte. »Die haben’s den Elven nachgemacht.« Sich wieder seinem Großvater zuwendend, fragte er: »Wie viele Krieger kannst du also entbehren?«
»Das versuchte ich dir gerade zu erklären, mein Lieber. Ich habe die Heiligen nicht gedrängt, Saphira ins Hier und Jetzt zurückzubringen, um mein Volk in einer letzten Schlacht zu opfern.«
»Aber ihr besitzt die Alte Gabe«, begehrte Ergil auf. »Ein Dutzend Sirilim könnten den Kampf um Soodland auf einen Schlag beenden.«
Baroq-abbirim lächelte nachsichtig. »Du musst noch viel über dein Volk lernen, mein Sohn. Die Alte Gabe äußert sich in jedem Sirilo und jeder Sirila anders, so wie auch die Talente der Menschen ganz unterschiedlich ausfallen. In unserer Familie, den Nachkommen Jazzar-sirils, ist sie schon immer besonders stark gewesen. Dein Freund, der Weberknecht, macht dich jedoch zu etwas Besonderem. Ich kann die Macht in dir spüren, Ergil. Würden alle Sirilim über solche Kraft verfügen, dann hätten die Waggs uns nicht aus der Welt vertreiben können. Aber deine Talente erfüllen mich nicht nur mit Stolz, weil du der Sohn meiner Tochter bist, sondern auch mit Furcht, weil die aphim in dir nisten. Wenigstens scheinst du die Feuerraupen im Augenblick unter Gewalt zu haben. Das ist erstaunlich genug.«
»Du bist mir noch eine Antwort schuldig, Großvater«, sagte Ergil trotzig. »Mag ja sein, dass nicht alle Sirilim Krieger sind, aber wenigstens du könntest mir doch helfen. Immerhin ist meine Mutter deine Tochter. Dein einziges noch lebendes Kind. Willst du sie wirklich sterben lassen?«
»Sag so etwas nicht, Ergil! Könnte ich Vania helfen, dann würde ich es auch tun. In diesem Augenblick sammelt Jamina für dich Ginkgopollen ein. Aber was du darüber hinaus verlangst, das vermag ich dir nicht zu geben. Als
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