Mirage: Roman (German Edition)
Plan sein könnte.«
»Gefängnis«, sagte Faruk. »Ich dachte, Sie hätten gesagt, Sie seien nicht in unseren Datenbanken.«
»Es war keines von Ihren Gefängnissen.«
»Sie wissen, dass wir hier auch Zugriff auf Interpol-Dateien haben, ja?«
»Der mich gefangen hielt, war kein Mitglied von Interpol.«
»Wo waren Sie denn eingesperrt, in Nordkorea?« Da er keine weitere Antwort als wieder dieses Lächeln bekam, fuhr Faruk fort: »Reden wir über den heutigen Nachmittag. Was taten Sie auf der Kundgebung? Weitere Recherchen?«
»Ich folgte diesem Mann … dem, den Sie im anderen Raum festhalten.«
»Warum? Kennen Sie ihn?«
»Ich kenne den Typ. Ein Darbringer von Brandopfern. Solche Männer gab es in meiner Jugend häufig, und die Zeit scheint ihre Zahl nicht nennenswert vermindert zu haben. Auf meinen Reisen sind mir eine ganze Reihe davon begegnet.«
»Was tun Sie, wenn Sie ihnen begegnen?«
»Gewöhnlich nichts. Sich in anderer Leute Angelegenheiten einmischen, selbst mit den besten Absichten, das ist, na ja, wie sich etwas wünschen – das hat immer unvorhergesehene Folgen. Diese Lektion müsste ich inzwischen eigentlich begriffen haben. Aber heute, als dieser Mann meinen Weg kreuzte, als ich spürte, was er zu tun im Begriff war, da verspürte ich einen starken Impuls einzuschreiten. Einen Impuls, der nicht gänzlich aus mir selbst kam.«
»Was bedeutet das: der nicht gänzlich aus Ihnen selbst kam?«
»Sie wissen ja, wie das ist«, sagte der Mann im weißen Gewand. »Gott lässt das Böse in der Welt zu. Manchmal gestattet Er ihm, ungehindert zu wirken. Manchmal aber legt Er dem Bösen einen Stein in den Weg.«
»Und heute waren Sie der Stein?«
»Jedenfalls dachte ich das.« Das Lächeln wirkte jetzt leicht verlegen, als er auf die Stahlschellen an seinen Handgelenken hinuntersah. »Jetzt frage ich mich, ob ich mich bezüglich des Ursprungs des Impulses nicht möglicherweise getäuscht habe …« Er zuckte die Achseln. »Was soll’s. Letztlich ist alles dem Willen Gottes unterworfen.«
»Lassen wir den Willen Gottes zunächst aus dem Spiel«, sagte Faruk, »und wenden wir uns wieder dem zu, was auf der Kundgebung passiert ist. Sie sagten, Sie beschlossen einzuschreiten. Wie?«
Der Gefangene seufzte. »Entschuldigen Sie. Ich möchte nicht unkooperativ sein …«
»Dann seien Sie es nicht. Erzählen Sie mir, was Sie taten.«
»Sie würden mir nicht glauben. Ich könnte Sie überzeugen, aber das würde noch einen weiteren Eingriff erfordern. Außerdem haben wir so gut wie keine Zeit mehr.«
»Doch, haben wir«, sagte Faruk, jetzt sichtlich verärgert. »Sie sind ein Verdächtiger in einem Terroranschlag, und Sie gehen nirgendwohin, bis ich Antworten bekommen habe.«
Hinter ihm ertönte gedämpftes Geschrei. Faruk drehte sich auf seinem Stuhl um und sah den Spiegel erzittern, als etwas gegen die andere Seite der Glasscheibe knallte.
»Sie sind meinetwegen hier«, sagte der Mann im weißen Gewand, als Faruk aufstand. »Leisten Sie keinen Widerstand. Man würde Ihnen nur wehtun.«
Die Tür des Vernehmungsraums krachte auf. Ein großer Kerl kam herein, eine Pistole in der Hand.
»Was hat diese Unterbrechung zu bedeuten?«, sagte Faruk. »Verschwinden Sie!«
Siraj ad-Din hielt sich nicht mit einer Antwort auf. Stattdessen trat er vor und schmetterte Faruk den Kolben der Pistole gegen die Stirn.
Der Sandsturm kam, als sie gerade dabei waren, Idris in den Gefangenentransporter einzuladen.
Abu Naji und Sayyid hatten auf der Ostseite des Blocks geparkt. Idris leistete keinen weiteren Widerstand, als sie ihn aus dem Appartementhaus führten und im hinteren Teil des Transporters an eine Sitzbank ketteten. Samir schaute vom Bürgersteig aus mit einer Mischung aus Unbehagen und Enttäuschung zu: Die Befriedigung, die er verspürt hatte, während er Idris seine Mirandas vorlas, ebbte allmählich ab. Er wandte sich zu Mustafa und sagte: »Du weißt, dass die Sache damit noch nicht zu Ende ist.«
»Ich weiß«, sagte Mustafa. Er hielt den Kassettenrekorder in die Höhe. »Aber der Anfang ist schon mal nicht schlecht. Jetzt …«
Ein Schatten legte sich auf die Straße, und am Nordende des Blocks schrie jemand erschrocken auf. Mustafa und Samir drehten sich nach dem Geräusch um. Menschen kamen um die Ecke gerannt, während andere nur dastanden und nach Westen starrten und deuteten.
Sie wussten natürlich, was da kam – sie hatten es von der Wohnung aus gesehen –, aber letztlich waren Sandstürme
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