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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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gerettet werden – ebenso wenig von Amal bint Shamal. Doch der Mann, dem ich diene, kann ihn in Sicherheit bringen.«
    »Als Gegenleistung für was?«
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Tun Sie nichts. Mustafa al-Bagdadi hat den Pfad zur Selbstzerstörung eingeschlagen. Folgen Sie ihm nicht. Helfen Sie ihm nicht. Mischen Sie sich nicht ein.«
    »Sie erwarten von mir, dass ich nur dasitze und Däumchen drehe?«
    »Bitten Sie darum, vom Fall abgezogen zu werden. Wenigstens dafür ist der Name Ihrer Mutter gut genug.«
    »Das also verstehen Sie unter ›nichts‹, ja?« Amal lachte. »Und nachdem ich meinen Kollegen klargemacht habe, dass sie sich nicht mehr auf mich verlassen können – was mache ich dann? Einfach abwarten und hoffen, dass der Senator seinen Teil der Abmachung einhält?«
    »Geben Sie mir Ihr Wort, dass Sie darum bitten werden, einen neuen Fall zugewiesen zu bekommen, und Salim ist binnen achtundvierzig Stunden auf dem Heimweg.«
    Amal verstummte, noch immer skeptisch, aber auch nicht willens, das zu glauben.
    »Hier, ich möchte Ihnen etwas zeigen.« Die Ninja holte ihr eigenes Mobiltelefon hervor. »Neulich haben Sie auf Ihrem Rechner Abu Salims Akte aufgerufen, nicht aber die des Jungen. Das ist verständlich, aber bevor Sie über seinSchicksal entscheiden, sollten Sie wirklich sein Gesicht sehen.« Sie reichte Amal das Mobiltelefon, die es widerwillig entgegennahm. »Er ist ein gutaussehender Junge«, fuhr die Frau fort. »Ein guter Sunnit, stark und intelligent. Er müsste eine aussichtsvolle Zukunft vor sich haben, wenn …«
    Bleich vor Wut, schnitt Amal ihr das Wort ab. »Soll das ein Scherz sein? Machen Sie sich über mich lustig?«
    »Mich über Sie lustig machen?« Die Frau warf einen Blick auf den Bildschirm des Mobiltelefons. »Das ist Salim bin Anwar. Was …«
    Wieder unterbrach Amal sie, diesmal, indem sie ihre Pistole zog und auf das Gesicht der Frau richtete. »Sie sagen, Ihr Herr hat Macht. Kann er Tote auferwecken?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Sie machen einen Fehler.«
    »Nein, Sie machen einen«, sagte Amal. Sie begriff jetzt, aber das verringerte ihre Wut nicht. »Gehen Sie zurück zu Ihrem Herrn. Sagen Sie ihm, dass ich keine Gefälligkeiten von ihm brauche.« Sie wartete zehn Sekunden und steckte dann die Waffe wieder weg.
    Doch die Frau rührte sich nicht von der Stelle.
    »Wir sind miteinander fertig«, sagte Amal. »Warum sind Sie noch hier?«
    Die Ninja streckte die Hand aus. »Mein Telefon.«
    »Vermutungen?«, sagte Mustafa, den Blick auf das kleine Päckchen gerichtet, das in seiner offenen Hand lag. Es war minimal größer als ein Päckchen Zigaretten. Der Absender war ein Geschäft in Frankfurt, Israel: »Hillels Kuriositäten«.
    Samir zuckte mit den Schultern. »Eine antike Mesusa-Kapsel?«
    Mustafa lachte. »Klar, Saddam sammelt die Dinger bestimmt.«
    Der Jeep war verschwunden – Samir hatte ihn diskret weggewinkt, während Mustafa mit dem APD-Zusteller sprach.Dafür hatten sie jetzt andere Zuschauer. Die Republikanische Garde hatte mitbekommen, wie sie den Lieferwagen anhielten, und als der Fahrer weitergefahren war, um die übrigen Pakete für Saddam abzuliefern, musste er den Rep-Gardisten erzählt haben, was Mustafa konfisziert hatte. Hinter dem Tor blitzten Fernglasobjektive auf; zweifellos wurde ihr Kennzeichen gerade an den Mukhabarat durchgegeben.
    Ohne sich um die Aufmerksamkeit zu kümmern, zupfte Mustafa am Klebeband, mit dem das Päckchen versiegelt war. »Hast du ein Teppichmesser?«
    »Tut mir leid, habe ich am Flughafen liegen lassen.«
    Mustafa benutzte den Zündschlüssel als behelfsmäßige Klinge und schaffte es, damit das Päckchen zu öffnen. Innen lag, in einer schlanken Plastikschachtel, ein Kartenspiel. Jede Karte trug das Bild eines Männergesichts mit dem in lateinischen Buchstaben wiedergegebenen Namen und einer englischen Amtsbezeichnung. Viele Namen und Gesichter erkannte Mustafa wieder – fast alle waren prominente Mitglieder der Baath-Gewerkschaft –, aber die Amtsbezeichnungen waren frei erfunden.
    Die Pik-Fünf zum Beispiel: Barzan Ibrahim Hasan, Saddams Halbbruder, von dem, wie es hieß, die Idee zum Mukhabarat stammte. Die Legende auf der Spielkarte bezeichnete ihn als »Präsidentenberater«. Oder die Karo-Acht: Hikmat Mizban Ibrahim al-Azzawi, ein Baath-Funktionär, der seit Langem verdächtigt wurde, Saddams Obergeldwäscher zu sein. Seine Bildunterschrift lautete »Finanzminister«.
    Die Pik-Acht: Tariq Aziz.

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