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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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einfach: »Lassen Sie sie am besten im Koffer!«
    Ich lächelte und fragte sie: »Arbeitest
du schon lange hier?«
    »Nein!«
    »Und die Umgebung, ist sie dazu
angetan, daß du dich hier wohl fühlst?«
    »Ja.«
    »Belästigen dich denn die Männer nicht,
die hier wohnen und ständig aus und ein gehen?«
    Sie zuckte die Achseln und sagte weder
ja noch nein. So fuhr ich fort:
    »Manchmal sind sie schrecklich, nicht?«
    Sie griff nach der Tasse und sagte
schon im Hinausgehen: »Ich habe keine Angst!«
    Ich wunderte mich über ihr
Selbstvertrauen, und plötzlich überkam mich ein Gefühl der Traurigkeit. Wie
üblich grübelte ich darüber nach, was war und was eigentlich hätte sein sollen.
    Wieder einmal bedrohte mich meine
Depressivität.
    Ich inspizierte die Möbel und beschloß
dann, ein kleines Regal für meine Bücher zu kaufen. Zum Schreiben reichte der
runde Tisch, der zwischen dem Kleiderschrank und der Chaiselongue stand.
    Ich hielt mich einige
Stunden im Rundfunkgebäude auf, um das Wochenprogramm aufzuzeichnen. Das
Mittagessen nahm ich im Pedro in der Safejja-Zaghlul-Straße ein. Danach setzte
ich mich ins Ala Kefak am zentralen Ramlah-Platz, um eine Tasse Kaffee zu
trinken, und hatte meine Freude daran, den von Wolken überschatteten Platz zu
beobachten. Die meisten Leute trugen ihre Regenmäntel über dem Arm. Plötzlich
schlug mein Herz schneller: Jener Mann dort! Das war doch Fauzi! Ich beugte
mich so weit vor, daß meine Stirn fast das Fenster berührte, um ganz
sicherzugehen, daß er es wirklich war. Nein, das war nicht Fauzi, das war ganz
bestimmt nicht Fauzi, aber er hatte sehr viel Ähnlichkeit mit ihm. Und da war —
assoziativ, wie man das wohl nennt — mir auch Durrejja plötzlich wieder
gegenwärtig, auch wenn sie durch kein anderes als ihr eigenes, ewig gültiges
Gesetz mir ohnehin ständig vor Augen stand.
    Wenn es nun wirklich Fauzi gewesen
wäre? Wenn sich unsere Blicke getroffen hätten, was wäre dann wohl passiert?
Wenn man einen alten Freund trifft, muß man ihn jedenfalls in die Arme
schließen. Zudem war er fast so etwas wie dein Lehrer, so hätte es auf alle
Fälle eine herzliche Umarmung sein müssen, auch wenn dir das Herz dabei
geblutet hätte. Du hättest ihn zu einer Tasse Kaffee einladen müssen, das
verlangt die Gastfreundschaft.
    »Sei mir herzlich willkommen! Was führt
dich denn zu dieser Jahreszeit nach Alexandria?«
    »Ich will meine Familie besuchen.«
    Das hieß, daß er in Wirklichkeit in
irgendeiner Parteiaktivität hier war, die er vor mir geheimhalten wollte, wie
das seine unbedingte Pflicht war.
    Aber natürlich wünschte ich ihm einen
guten Aufenthalt.
    »Wir haben dich seit zwei Jahren nicht
mehr zu sehen bekommen, genauer seitdem du dein Universitätsexamen gemacht
hast.«
    »Ja. Man hat mich bei Radio Alexandria
eingesetzt, wie du vielleicht weißt.«
    »Das heißt, du hast uns jetzt ganz
verlassen?«
    »Ich hatte Schwierigkeiten ... Ich
meine, auf mich kamen zufällig ein paar Schwierigkeiten zu.«
    »Es ist sicher klug, wenn ein Mensch
eine Tätigkeit aufgibt, die ihm nicht liegt.«
    Mich überkam blinder Stolz, so
bekräftigte ich: »Und er sollte auch nicht bei einer Tätigkeit bleiben, an die
er nicht mehr glaubt.«
    Er besann sich wie üblich, um seine
Worte richtig zu wägen, und brachte dann vor: »Man sagt, dein Bruder ...«
    »Ich bin nicht mehr minderjährig«, wies
ich ihn zurecht.
    »Habe ich dich verärgert?« lachte er.
»Entschuldige!«
    Meine Nerven waren zum Zerreißen
gespannt. Durrejja ... Leichter Regen tröpfelte, und ich wünschte mir einen
heftigen Schauer, der die Menschen vom Platz gefegt hätte. Meine Liebe! Glaub
es nicht! Ein kluger Mann hat früher einmal gesagt, daß wir manchmal lügen
müssen, um andere von unserer Aufrichtigkeit zu überzeugen.
    Wieder schaute ich meinen Freund an,
der mir so viel Furcht einflößte.
    »Kümmerst du dich denn um gar nichts
mehr?« fragte er mich jetzt.
    Ich mußte lachen oder besser, hätte
beinah laut aufgelacht: »Solange ich lebe, muß ich mich schließlich um
bestimmte Dinge kümmern«, entgegnete ich.
    »Und worum zum Beispiel?«
    »Ja, siehst du denn gar nicht, daß ich
mich rasiert habe und einen Schlips trage?«
    Ernst fragte er: »Und worum noch?«
    »Hast du schon den neuen Film im Metro
gesehen?«
    »Das ist eine gute Idee! Sehen wir uns
also einen kapitalistischen Film an!«
    Madame Mariana stattete
mir in meinem Zimmer einen Höflichkeitsbesuch ab. »Fehlt Ihnen etwas? Kann

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