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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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hielt mich zurück.
    Das Gespräch kam auf die Pension. Er
sagte: »Das ist schon eine kuriose Familie, von der man nicht genug bekommen
kann!«
    »Und Husni Allam?« fragte ich zögernd.
    »Auch er ist ein kluger junger Mann.«
    »Er wirkt wie eine Sphinx.«
    »Das ist nur äußerlich, aber eigentlich
ist er charmant, und außerdem hat er eine eingefleischte Vorliebe fürs
Randalieren.« Wir mußten alle beide lachen. Ihm war nicht bewußt, daß er mich
mehr mit sich selbst als mit dem anderen vertraut machte.
    Warnend fuhr er fort: »Er stammt aus
einer angesehenen Familie, ist beschäftigungslos, und man kann sicher sagen,
daß er auch keinerlei Abschlußzeugnisse für irgendeine Ausbildung besitzt.
Verlieren Sie das nicht aus den Augen!«
    »Er besitzt hundert Feddan Land«,
sprach er in seinem vorsichtigen und allwissenden Tonfall weiter. »So stand er
in vorderster Front. Und er hat keinen akademischen Abschluß. Den Rest können
Sie sich denken!«
    »Warum hält er sich eigentlich in
Alexandria auf?«
    »Er ist ein kluger Bursche und sucht nach
einem einträglichen kommerziellen Projekt.«
    »Erst einmal muß er seine arrogante
Miene ablegen, sonst laufen ihm die potentiellen Kunden davon.« Dann kam es mir
plötzlich in den Sinn, ihn danach zu fragen, warum er eigentlich in die Pension
gezogen war, obwohl er Alexandria schon lange kannte.
    Er gab nach kurzem Nachdenken zur
Antwort: »Ich ziehe eine Pension voller Menschen einer Wohnung in der Stadt für
mich allein vor.«
    Die Nacht mit den Liedern
von Umm Kulthum. Eine Nacht voller Wein und Fröhlichkeit. In ihr fielen die
Schleier von den verborgensten Winkeln unserer Seelen.
    Sarhan al-Buheri kam das Verdienst zu,
sich am intensivsten von uns allen für den Abend eingesetzt zu haben, aber er
beteiligte sich wohl auch am wenigsten an den Unkosten.
    Ich warf Tolba Marzuq verstohlene
Blicke zu, die niemand hätte deuten können. Ja, ich war von sehr persönlichen
Erinnerungen aufgewühlt, Erinnerungen an blutige Träume, an Szenen von
Klassenkämpfen, an Bücher und Versammlungen. Ein ganzes festgefügtes
Gedankengebäude stand mir vor Augen. Die Aufgedunsenheit und der Verfall dieses
Mannes erschreckten mich, die Bewegungen seiner Bäckchen, wie er da so ergeben
in seinem Sessel kauerte. Wie er sich der Revolution andiente, ohne an sie zu
glauben.
    Als hätte er nie zu einer Familie
gehört, die ihre Paläste aus Blut und Tränen anderer Menschen errichtet hatte.
Jetzt war die Reihe an ihm zu heucheln, nachdem das Zerbröckeln seines früheren
Ruhms eine ganze Nation von Heuchlern hervorgebracht hatte. Husni war nur ein
Flügel dieses Adlers, den seine Kräfte verlassen hatten. Aber es war ein
Flügel, der immer noch flattern, gelegentlich sogar fliegen konnte.
    »Ich sage, daß diese
sozialen Antagonismen ganz beseitigt worden sind!«
    »Nein,
sie haben neue Antagonismen nach sich gezogen, und die Zukunft wird Ihnen
bestätigen ...«
    Sarhan al-Buheri inspirierte uns alle mit seiner
lebhaften, nicht nachlassenden Fröhlichkeit. Und er war gutherzig. Und
aufrichtig. Warum auch nicht?
    Zweifellos war er ehrgeizig. Er war die
personifizierte Revolution. Rasch wurde mir klar, daß Amir Wagdi der bezauberndste
und von allen der würdigste war, geliebt und verehrt zu werden. Ich war mir der
Tatsache bewußt, daß es jener Amir Wagdi war, von dem ich zahlreiche Artikel
durchgesehen hatte, als ich meine Sendung »Generationen der Revolution«
vorbereitete.
    Seine wohldurchdachten, wenn auch
widersprüchlichen Gedanken nahmen mich gefangen. Sein Stil, zu Beginn gereimte
Prosa, später relativ schlicht, aber doch von großer Schönheit und Eleganz,
faszinierte mich. Seine Freude, daß ich seine Artikel kannte, machte mir
deutlich, wie sehr er unter dem allgemeinen Niedergang, dem Vergessenwordensein
und der Teilnahmslosigkeit litt. Diese Erfahrung war mir sehr schmerzlich. Er
griff nach dem Strohhalm, den ich ihm hingeworfen hatte, und erzählte mir die
Geschichte seines langen Lebens, von seinem ständigen Bemühen um die
Revolution, von den gegenläufigen Tendenzen, die ihn gebeutelt hatten, von den
Helden, an die er einst geglaubt hatte.
    »Und Saad Zaghlul? Die
Generation vor uns hat ihn schließlich abgöttisch verehrt!«
    »Was
für einen Sinn hatten diese alten Heldenmythen! Der Mann hat doch die
Revolution bereits in der Wiege erwürgt!«
    Aber warum schaute mich Tolba Marzuq so vorsichtig
verstohlen an? Ich konnte seine gleichzeitig argwöhnischen und

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