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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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gesetzt und beobachte nun die Wolken und warte. Ich habe kein
bestimmtes Ziel. Es ist auch nicht das Gefühl der Zuneigung, das mich treibt.
Es ist nur Neugier, begründet in einer gewissen Leere und Verzweiflung, Neugier
auf ein Abenteuer, auf welches auch immer. Sie ist nicht der Typ, der mich
fasziniert oder auch nur aufregt, aber sie hat mich, so kommt es mir vor, an
einem entsetzlich langweiligen Ferientag zu einem Spaziergang eingeladen.
    Da geht sie plötzlich vor dem Cafe
vorbei, beide Hände in den Taschen ihres grauen Mantels. Ich gehe in einem
gewissen Abstand hinterher und hole sie beim Atheneus ein. Sie kauft ein paar
Süßigkeiten, steht dann da, als sei sie unschlüssig. Da trete ich auf sie zu
und grüße sie. Sie erwidert den Gruß, und ich lade sie ein, mit mir eine Tasse
Tee zu trinken. Sie entgegnet, sie habe schon vor einer Weile überlegt, daß sie
sich jetzt einmal hinsetzen müsse. Wir trinken den Tee und essen zwei Stückchen
Kuchen. Dann führen wir ein ziemlich belangloses Gespräch miteinander, aber es
ist insofern nicht uninteressant, als es mir einige Informationen über ihre
familiäre Situation und ihre Tätigkeit vermittelt. Schon allein wie wir das
Gespräch miteinander führen, das veranlaßt mich, sie darum zu bitten, daß wir
uns bald wieder treffen. Unser Treffpunkt ist das Büffet im Kino Amir. Dann
sehen wir uns den Film gemeinsam an. Jetzt ist es an mir, die Art dieses
Abenteuers festzulegen und näher zu definieren. Im Vergleich zu dem, was ich
dabei verspüre, ist es eigentlich nicht wert, daß ich es fortsetze oder gar
Mühen darauf verwende. Und trotzdem, als sie mich auffordert, sie bei ihren
Eltern zu besuchen, nehme ich die Einladung an. Mir wird klar, daß sie einen
Mann zum Heiraten sucht. Ich wäge mit kühlem Verstand ab, ziehe ihr Gehalt und
die zusätzlichen Einnahmen durch Privatstunden ins Kalkül, denke gleichzeitig
an die wachsende Verzweiflung, in die mich Zuchra stürzt. Als ich ihre Familie
besuche, entdecke ich eine weitere Attraktion: ihre Eltern besitzen ein
Gebäude, nicht zu groß und nicht zu klein, in Karmuz. Ich merke, daß ich die
Angelegenheit nun ganz ernsthaft überlege, nicht, weil mich ihr Geld lockt,
auch nicht, weil ich sie liebe, sondern einfach aus meiner alten Sehnsucht nach
der Ehe. Und Zuchra? Vielleicht finde ich etwas Trost für meinen Verrat an ihr
gerade in dieser Ehe, die mich für immer an eine Frau bindet, die ich nicht
liebe! Aber werde ich diese leidenschaftliche Liebe zu Zuchra in meinem Herzen
wirklich ersticken können?
    Er macht mir ein Zeichen,
ich möge bitte warten. Ich wollte eigentlich weitergehen, nachdem ich meine
Zeitung bei ihm gekauft hatte, da er gerade mit einem Kunden abrechnet.
    Als er mit ihm fertig ist, kommt er zu
mir und erklärt: »Ustas, ich werde um Zuchras Hand anhalten!«
    Ich lächle, um meine Betroffenheit zu
verbergen, und frage ihn: »Herzlichen Glückwunsch! Seid Ihr Euch schon einig
geworden?«
    »Fast!« gibt er mir in stolzer
Zuversicht zur Antwort. Ich spüre ein schmerzhaftes Stechen im Herzen, und ich
frage ihn: »Was meinst du mit ›fast‹?«
    »Sie kauft täglich bei mir. Wir haben
über das Thema noch nicht offen miteinander gesprochen. Aber niemand kennt die
Frauen so wie ich!«
    In diesem Augenblick hasse ich ihn wie
die Pest. Er aber fragt mich:
    »Ustas, was halten Sie von ihrem
Charakter?«
    »Sie ist ein sehr gutes Mädchen, wenn
du mich fragst.«
    »Ich werde bei Madame Mariana um ihre
Hand anhalten, damit ich ihre Angehörigen kennenlerne.« Ich wünsche ihm Erfolg
und gehe, aber er kommt mir nach, nachdem ich zwei Schritte entfernt bin, und
fragt: »Was wissen Sie über den Streit zwischen ihr und ihren Angehörigen?«
    »Wie hast du denn davon erfahren?«
    »Amir Bey hat mich darüber informiert.
Der alte Mann.. .«
    »Alles, was ich weiß, ist, daß sie
starrköpfig ist und widerspenstig.«
    Er lacht und prahlt: »Ich kenne das
Heilmittel gegen jede Krankheit!«
    Er hat um sie angehalten
... und einen Korb bekommen. Das hat mich ebenso befriedigt, wie es mein Gefühl
der Verantwortlichkeit ihr gegenüber verstärkt hat. Unruhe zerreißt mich, Liebe
überwältigt mich von neuem. Alejja verblaßt und rückt in den Hintergrund.
Sehnsüchtig und flehentlich packe ich Zuchra am Handgelenk und dringe in sie:
»Hilf mir doch! Laß uns auf der Stelle gehen!«
    Schroff macht sie sich von mir los und
fordert: »Sag das nie wieder! Ich hasse es, das zu hören!«
    Wir werden uns nie

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