Miranda
sprach. Und wieder einmal übermannte ihn jenes übermächtige Gefühl des Verlustes, dem er ohnmächtig ausgeliefert war.
Dann ging er zum Stall - obwohl er alle Pflichten dieses Tages schon erfüllt hatte -, um nach den Tieren zu sehen. Er war ein wohlhabender Mann, dank langer Jahre voller harter Arbeit, und er hatte seinen Bestand verdoppelt, als er vor einem Jahr Trey Hargreaves Besitz au f gekauft hatte. Er besaß gesunde Söhne, viele Freunde, ein stattliches Haus, Land und Vieh, Bargeld sowohl im Safe der Springwater-Station als auch in einer Schachtel, die er unter einem Bodenbrett im Geräteschuppen versteckt hielt. Alles, was einen Mann glücklich machen sollte - außer einer Frau, die er wahrhaft liebte.
Oh, Miranda würde neben ihm sitzen, wenn Jacob McCaffrey am Sonntag die Predigt hielt, sie würde vielleicht sogar sein Bett teilen, wenn er sie darum bäte. Aber das war nicht dasselbe. Er war so einsam, wie er immer gewesen war - vielleicht noch mehr, weil er nicht einmal den Trost hatte, mit der Frau schlafen zu können, die er sich aus einem Impuls heraus gewählt hatte.
Resigniert kehrte er schließlich ins Haus zurück.
Die Jungen hatten den Abwasch auf ihre unordentliche Art erledigt und saßen am Ti sch, um ihre Hausaufgaben zu machen. Miranda hielt das Baby im Arm und überwachte die Arbeit.
»Habe ich >Gesetzgebung< richtig geschrieben?«, fragte Jamie und hielt ihr sein Heft hin.
Miranda hatte Landry bei seinem Eintreten kurz angesehen, den Blick jedoch gleich wieder abgewandt. Sie biss sich auf die Lippen und errötete leicht.
»Ich glaube, das weiß ich nicht«, antwortete sie dann traurig.
Landry schloss die Tür, verriegelte sie und sah seinem Sonn dann über die Schulter. »Versuch es noch mal«, riet er ihm und sah Miranda an.
Rasch wandte sie sich ab und beschäftigte sich damit, das Baby wieder in den Korb zu legen. Ihre Verlegenheit war deutlich spürbar, und Landry hatte Mitleid mit ihr. Er fragte sich, ob sie überhaupt lesen konnte oder ob ihr nur lange Wörter Schwierigkeiten bereiteten. Eins war sicher: Es würde die Sache nur schlimmer machen, wenn er sie vor den Jungen danach fragte.
Am Abend wuschen sich Jamie und Marcus unter Protest Gesicht und Hände, putzten die Zähne und gingen dann ins Bett. Landry sah ihnen voller Zuneigung nach und lehnte sich an den Kamin, die Pfeife in der Hand.
»Du wirst doch nicht rauchen?«, fragte Miranda. Da sah er den ersten Funken ihres Widerspruchsgeistes. Sie hat also Feuer, dachte er befriedigt.
Dennoch überraschte ihn die Frage. Einmal, weil er nicht erwartet hatte, dass ein so verunsichertes Wesen wie sie so entschieden eine Meinung äußern könnte. Zum anderen, weil dies sein Haus war und er darin rauchen konnte, sooft er wollte. Er wollte nur in diesem Moment nicht, das war alles - er hatte Pfeife und Tabak nur aus der Tasche genommen, um sie wieder in die Kiste auf dem Regal zu legen, wo sie hingehörten.
Landry räumte die Sachen auf und schloss die Kiste mit einem vernehmlichen Schnappen. »Bist du eine Gegnerin des Rauchens?«, fragte er fast ärgerlich.
Miranda sah das Baby an, das eingeschla f en war. »Es verpestet die Luft«, sagte sie nervös, aber mit Überzeugung. »Ich bin auch keine Anhängerin von Alkohol. Trinkst du?«
Landry nahm nur selten einen Schluck, aber hier ging es ums Prinzip. »Ich werde draußen rauchen«, sagte er mit gesenkter Stimme, damit die Jungen ihn nicht hören konnten, »und ich trinke im Allgemeinen nicht, aber ich bin der Herr im Haus und habe die Hosen an. Ich wäre dir dankbar, wenn du das nicht vergessen würdest, Mrs. Kildare.«
Sie sah ihn überrascht an, als er sie so nannte, und er war selber ein wenig irritiert. Caroline war Mrs. Kildare, dachte er. Miranda war nur... nun, eben Miranda. Sie wollte etwas sagen, verschränkte dann aber die Hände vor ihrer Schürze und schwieg.
Landry betrachtete sie von oben bis unten und sagte sich selbst zum wiederholten Male, dass er nicht mehr für sie empfand als Sympathie; doch gleichzeitig fragte er sich, warum er sich selber etwas Vormächte. Er räusperte sich und fragte dann: »Kannst du nähen?« Es gab kaum eine Frau, die nicht mit Nadel und Faden umgehen konnte, aber Miranda war keine gewöhnliche Frau.
Sie schluckte. »Ich kann flicken«, sagte sie mit einem Anflug von Trotz, »und ich kann Socken stopfen. Außerdem kann ich waschen und bügeln und Seife herstellen . Ich kann jäten und Schweine hüten und entlaufene Kühe
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