Mirandas Monsterwelt
gelang es dem Mann, hart gegen Sukos Arm zu schlagen und ihn nach unten zu drücken.
Hätte der Inspektor jetzt abgedrückt, wäre die Kugel in den Fußboden gefahren.
»Du sollst nicht schießen!« brüllte Morton. »Verdammt, das kannst du nicht machen!«
Mit beiden Fäusten schlug er zu. Er hatte die Hände dabei dicht zusammengelegt und zielte gegen Sukos Hals. Zwar nahm der Chinese den Treffer nicht voll, aber er kippte doch gegen die zweite Für des Schranks und brachte diesen ins Wanken.
Morton wollte Sukos Beretta. Er schnappte nach dem Gelenk des Inspektors, um es herumzudrehen, aber da war er bei Suko an der falschen Adresse.
Mit der linken Faust schlug der Chinese zu.
Ein harter Treffer, der Morton durchschüttelte, denn so etwas war er nicht gewohnt. Er hatte den Mund weit aufgerissen, sackte in die Knie und taumelte nach vorn, wobei seine Beine nachgaben und er schwer auf den Teppich schlug.
»Tut mir leid«, sagte Suko. »Aber Sie haben mich dazu gezwungen.« Er faßte den Mann unter und schaffte ihn aus dem Weg.
Percy Morton hatte mit sich selbst genug zu tun. Er lag mehr, als daß ersaß, hielt die Hände gegen den Nacken gelegt und schaffte es kaum, die nächsten Sekunden voll und bewußt zu erleben.
Suko hatte von seinem Plan um keinen Deut Abstand genommen. Er wollte dieses Nest der Magie vernichten, und dafür mußte der Spiegel ein zweites Mal zerstört werden.
»Wer könnte mir jetzt noch dazwischenkommen?« fragte er das Spiegelbild der Toten. Sie gab keine Antwort. Und Suko schoß.
Der Spiegel splitterte nicht. Suko vernahm nur ein dumpfes Klatschen, als hätte er mit einer Faust in eine Masse Teig geschlagen, aber das Gesicht veränderte sich. Das geweihte Silbergeschoß war dicht unter dem Auge in die Wange gedrungen.
Etwas riß, und Suko wollte schon triumphieren, als er das häßliche Lachen der Person hörte. »Willst du einen Geist auf diese Art vernichten? Nein, das ist nicht möglich. Du kannst den Spiegel zerhacken, aber jemand wird kommen und ihn wieder zusammenbauen. Ich finde stets Helfer, und ich habe meine Tochter in dieser Welt. Nein, Mensch, wir sind stärker. Unsere Magie schafft sie alle. Die Monster sind frei, sie befinden sich auf dem Weg zu Miranda und werden ihr zur Seite stehen…«
Suko hatte genug gehört. Wenn er jetzt nicht handelte, war er der Verlierer.
Einen letzten Blick warf er noch auf Percy Morton.
Der Mann hockte am Boden und starrte aus rotgeäderten Augen zu ihm hoch. In seinem Blick lag eine Bitte, ein Flehen, doch Suko mußte in diesem Augenblick hart bleiben.
»Tut mir leid für Sie«, sagte er und zog mit einem Ruck seine Dämonenpeitsche…
***
Ich fiel in den Sumpf!
Innerhalb einer Sekunde durchtosten zahlreiche Gedanken mein Gehirn.
Ich dachte an das Mädchen, das von einer Masse gesprochen hatte, die nichts mehr freigab.
Erst recht keinen Menschen!
Mirandas häßliches, triumphierendes und widerlich klingendes Lachen begleitete mich. Ich hielt noch immer das Kreuz, hatte die Arme vorgestreckt und hätte eigentlich in diesem Augenblick in den Sumpf eintauchen müssen, das aber geschah nicht.
Statt dessen schlug ich auf eine harte Fläche, die bei dem Aufprall anfing zu knirschen, als wäre sie aus Glas, das kurz vor dem Zusammenbrechen steht.
Der Sumpf war fest geworden!
Ich konnte es kaum glauben, bis ich auf dem Bauch lag, den Blick nach vorn richtete und das grüne Licht über die Fläche tanzen sah.
Magie stand gegen Magie!
Meine war stärker gewesen.
Ich drehte mich um. Noch im Liegen sah ich Miranda. Sie hatte ihren Platz nicht gewechselt und erinnerte mich an eine Statue, denn sie bewegte sich nicht. Wahrscheinlich saß der Schreck zu tief.
Mein Lachen klang ihr entgegen. »Pech gehabt, Miranda. Wenn du es nicht glauben willst, komm her.« Ich kniete mich hin und streckte meinen rechten Arm aus.
Vielleicht drei Schritte weiter befand sich der Hütteneingang. Zwischen uns hatte sich der Boden verändert. Er war härter geworden, so hart, daß ich nicht einsank. Ein grüner Schimmer lag über ihm, so weit ich blicken konnte, und Miranda mußte einfach einsehen, daß sie die erste Runde des Kampfes verloren hatte.
»Nun?« lockte ich. »Trauen Sie sich nicht?«
Sie schüttelte den Kopf, ging zurück und verschwand in ihrer außergewöhnlichen Hütte.
Ich stand wieder auf und ließ mir Zeit, als ich den gleichen Weg nahm wie sie. Im Eingang blieb ich stehen. Das Mädchen hatte sich nicht wieder hingesetzt. Es stand
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