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Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)

Titel: Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Lüer
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sich ohne Not daran erinnern wollen? Heute Abend aber wollten sich die Erinnerungen nicht so recht einstellen. Ihr kam immer wieder der Inhalt dieses vermaledeiten Briefes dazwischen. Sie dachte daran, dass Melissa, dieses junge rotbraune nette Geschöpf, vor einem ähnlichen Problem stand. Wie es ihr wohl ging? Sie hatte ihr einen ganz schönen Schreck eingejagt, als sie umfiel und mit dem Kopf gegen Thaddäus schlug. Das Blut hatte sie vom Steindrachen abgewaschen, als die junge Frau im Gästezimmer schlief. Gut, dass es noch so glimpflich ausgegangen war!
    Sie nippte wieder am Weinglas und beschloss, sich morgen mit ihrem Sohn zu beraten. Auf ihn war Verlass, für seine Mutter tat er alles. Er arbeitete als führender Wirtschaftsinformatiker in einer großen Firma und kam in der Welt weit herum. Leider war das auch der Grund, weshalb er bis jetzt keine Familie gegründet hatte. Nächstes Jahr würde er Dozent an einer Universität werden, denn das Reisen strengte ihn inzwischen sehr an. Damit erfüllte er sich einen langgehegten Wunsch. Ihr Junge ging langsam schon „auf die 50 zu“. Gott, wie die Zeit vergangen war! Und wie ALT sie selbst geworden war! Seufz. Auf welchem Kontinent war er eigentlich gerade? Mira nahm sich vor, ihm morgen eine E-Mail zu schreiben. Das hatte er ihr beigebracht. Sie gehörte zu den wenigen alten Herrschaften im Dorf, die einigermaßen mit dem PC umgehen konnten. Worauf sie auch maßlos stolz war, oh ja!
    Der Rotwein floss ihr durch die Adern und wärmte die alten Knochen. Sie brachte den Sessel in eine halb liegende Position und entspannte immer mehr. Wieder glitt sie ohne Absicht in diesen tranceähnlichen Zustand hinüber und fühlte, wie ihr Engel sich näherte. Eine ganze Weile lang spürte sie nur seine Gegenwart, mehr nicht. Und dann fühlte sie, wie ihr eine wörtliche Botschaft eingegeben wurde, es fühlte sich an wie ein kleines Paket im Kopf, das sich dann in menschliche Sprache transformierte. Geradezu wie das Entpacken einer Zip-Datei!
    Als sie ihre Augen öffnete, waren diese blind vor Freudentränen.
    Die Botschaft hatte gelautet:
    Für dich ist immer gesorgt. Vertraue!
    Bis zum nächsten Morgen hatte sie vergessen, dass sie eine Nachricht an ihren Sohn schicken wollte.
     
     
     
    Ich hatte meine üblichen Samstagmorgeneinkäufe in rekordverdächtiger Zeit erledigt. Ich musste noch unbedingt bügeln, und die Kehrwoche war auch fällig. Als mir ein gewisser Gedanke kam, grinste ich hämisch. Hatte der olle Riemann nicht wörtlich gesagt „mit Ihnen habe ich keinen Mietvertrag!“? Wunderbar, dann sah ich für mich auch keine Verpflichtung mehr, das Treppenhaus zu putzen, geschweige denn, den Fußweg vor dem Haus zu fegen. Sollte Hardy das doch machen!
    Ich ging in die Küche, um mir noch eine Tasse Hustentee aufzubrühen. Heute war ein sonniger Tag, daher beschloss ich, das Buch auf dem Balkon weiterzulesen. Ich freute mich auch aufrichtig auf das baldige Wiedersehen mit der alten Dame und auch darauf, eine Seelenbildmalerin kennenzulernen. Ich war gespannt!
    An der mit einem gelben Klebezettel markierten Stelle schlug ich das Buch wieder auf. Ich las über das Problem, am Ende der Kindergartenzeit eine geeignete Schule zu finden, las über Fortschritte, Rückschritte, aber auch über kurze Zeiten des Glückes, schöne Momente mit den Kindern und ihrem Mann. Das gab es also auch. In der Buchmitte waren einige Fotos abgebildet. Das Baby da musste Martin sein. Er mochte wohl ein gutes halbes Jahr alt sein auf dem Bild, so genau konnte ich es nicht abschätzen, da ich zu wenig Erfahrung mit Kindern hatte. Das Baby hatte dunkelbraune Locken und ein sehr fröhliches und freundliches Lachen. Ein hübsches Kerlchen! So hatte ich ihn mir gar nicht vorgestellt. Der Junge trug eine weiße Hüftspreizschiene und dicke Beinschienen bis über die Zehen. Offenbar konnte er damit im Grunde nur die Kniegelenke, die Arme und den Oberkörper frei bewegen. Och Gottchen, das arme Bengelchen, dachte ich mitfühlend. Das muss doch furchtbar unbequem gewesen sein.
    Dann ein Foto von beiden Jungs, ein wenig älter schon, aber beide noch Kleinkinder. Der Ältere war mehr blond, ein zartes Kind mit strahlenden Augen. Sie saßen beide in einem Pappkarton und hatten offensichtlich ihren Spaß.
    Uups – ein Foto vom Kinderzimmer. Meine Herren, was für ein Chaos!!! Nicht ein Quadratzentimeter des Fußbodens war frei von Spielzeug oder anderen Dingen. Die Schranktüren standen weit offen, teils

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