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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wortfetzen entnehmen konnte, lief darauf hinaus, dass die Peidl in Csepel, dem 21. Bezirk von Budapest, aufgegriffen worden sei. Man überstelle sie eben an die Grenze, wo er sie am kommenden Morgen befragen könne, wenn er noch wolle. Allerdings im Beisein ungarischer Vertreter, wurde ihm noch beschieden.
    Na bitte, dachte er sich, und rieb sich vergnügt die Hände. Letztlich kam ja doch noch Bewegung in die Sache. Er berichtete dem Leiter der Staatspolizei vom Stand der Dinge und stellte sich darauf ein, am nächsten Tag wieder auf dem Perron zu frieren.
    Er hatte sich die Frau ganz anders vorgestellt. Eine Mischung aus Greta Schröder und Lucy Doraine. Doch die Person, die ihm gegenübersaß, wirkte weit eher wie ein mittelalterliches Mauerblümchen. Schwer vorstellbar, dass ein Mann, und sei er auch 45, hier irgendwelchen Reizen zu erliegen vermochte.
    »Frau Peidl, Sie sprechen Deutsch?«
    Die Frau nickte.
    »Sie ahnen, weshalb ich Sie sprechen wollte?«
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    »Stellen Sie sich nicht dumm. Hermann Bürkl.« Bronstein fuhr hoch und beförderte sein Gesicht ganz nah an ihres. »Sie haben ihn auf dem Gewissen!«
    Abermaliges Kopfschütteln.
    »Ich habe die Tatwaffe.« Bronstein setzte ein triumphierendes Lächeln auf. Der Frau jedoch entgleisten die Gesichtszüge. »Das können Sie gar nicht. Die habe ich …« Dann verstummte sie und biss sich sichtbar auf die Zunge.
    Bronstein aber lehnte sich zurück. Triumph! Schon nach zwei Minuten hatte sie sich selbst verraten. Der Rest war nur noch Routine. Er wartete eine Weile, bis ihr Heulkrampf wieder abebbte, und ging mit ihr dann in aller Ruhe die Beziehung zu Bürkl durch.
    In der Tat war sie es gewesen, die sich in ihn verliebt hatte. Begeistert hatte der Mann sie durch kleine, nette Bemerkungen, durch ein Lächeln in den Augen und ein Kompliment hie und da. Das habe sie noch nie zuvor erlebt, erzählte die Peidl stockend. Niemals habe sie irgendjemand beachtet, und dann sei ihr auf einmal diese Aufmerksamkeit zuteil geworden. Umso mehr, als Bürkl anfänglich durchaus ihrer Gesellschaft nicht abgeneigt schien. Man traf sich an den Abenden, an denen er für seine Frau bei den Vereinsversammlungen war. Gemeinsam sei man dagesessen, habe gescherzt und gelacht, wobei ihr gleich aufgefallen sei, wie er sie angesehen habe dabei. Und wirklich, kurz vor dem Wochenende habe er ihr zum Abschied gesagt, sie sei ein wundervolles Mädel, das sich einen guten Ehemann verdiene. Da habe sie gewusst, dass Bürkl und sie füreinander bestimmt seien.
    An jenem Dienstag habe sie daher vor seinem Haus auf ihn gewartet und ihm ihre Erkenntnis mitgeteilt. Er müsse sich von seiner Frau scheiden lassen und mit ihr jenes Leben beginnen, welches das Schicksal für sie beide vorsehe.
    Doch Bürkl habe nur gelacht und sie »dummes Kindchen« genannt. Mit jenem Satz, den sie ihm in Erinnerung gerufen hatte, habe er doch nicht sich gemeint, hätte er nur gesagt. Dann habe er sich abgewandt. Sie aber sei ihm um den Hals gefallen und habe ihn angefleht, sich der Vorsehung nicht zu widersetzen, sagte ihm, dass es ihr nichts ausmache, wenn er sie jetzt noch nicht liebe, denn die Liebe werde noch kommen, und einstweilen empfinde sie genug Liebe für beide. Derlei Sätze seien noch mehrere gefallen, erklärte die Peidl. Doch da sei Bürkl unwillig geworden. Er habe sie weggestoßen und beschimpft. Sie habe sich ihm darauf zu Füßen geworfen und gemeint, sie setze ihrem Leben mit Freuden ein Ende, wenn er hier und jetzt sage, dass er nichts für sie empfinde. Darauf sei Bürkl nur in höhnendes Gelächter ausgebrochen und habe gemeint, sie sei doch nicht einmal für den Dorfdeppen attraktiv genug, weshalb sie sich sofort wieder in ihre dämliche Puszta scheren solle.
    Und da seien ihr die Nerven durchgegangen, erzählte die Peidl stockend, immer wieder von Tränen unterbrochen. Sie habe eine ihrer Stricknadeln genommen und sie, ohne nachzudenken, Bürkl in den Rücken gerammt.
    Erst danach sei ihr bewusst geworden, was sie getan habe. Deshalb sei sie in wilder Panik geflüchtet. Doch ihre Flucht habe nun wohl ein Ende. Sie zog laut hörbar auf und wischte sich mit dem Ärmel über die Nase.
    Na bitte, doch die Stricknadel, dachte Bronstein zufrieden.
    Und sein Gedanke wurde von einem unendlich lauten Jubelschrei untermalt. Aus dem Zollhaus drang ein zigfaches »Eljen«.
    Ohne sich weiter darum zu kümmern, setzte er ein Protokoll auf, das er die Peidl zu unterschreiben

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