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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Erspartes zu kommen.
    Nein, Letzteres war auszuschließen. Jemand, der um sein Geld fürchtete, kam, um es abzuheben. Und wenn er es dann doch nicht bekam, dann krakeelte er vielleicht herum, wurde eventuell auch gewalttätig gegen diverses Inventar, unter Umständen auch gegen einige Bankbeamte, aber er käme nicht schon mit einer Waffe in das Institut. Das taten nur Bankräuber oder aber Menschen, die auf Rache aus waren.
    Bankräuber aber war der Mann auch keiner, sonst wäre er in die Schalterhalle im Erdgeschoss gestürmt, um binnen weniger Minuten mit größtmöglicher Beute wieder zu türmen. Also hatte er es, quod erat demonstrandum, mit einem selbsternannten Rächer zu tun.
    Aber wofür beabsichtigte der Mann, sich zu rächen? Vermutlich war er der Ansicht, die Bank hatte seine Existenz ruiniert. Und da es eine normale Bedienstete gewesen zu sein schien, die bei der Polizei angerufen hatte, konnte man davon ausgehen, dass der so Betrogene eher eine kleine Nummer war, denn sonst hätte er wohl intelligentere Wege gefunden, sich für einen vermeintlichen Angriff auf seine Person zu revanchieren. Also, welche Möglichkeiten gab es da?
    Es konnte jemand sein, der vollkommen überschuldet war und den man deshalb gepfändet bzw. delogiert hatte. Oder er hatte durch die Bank seine Stelle verloren. Einen direkten Zusammenhang mit der Bank schloss Bronstein aus, denn dann hätte die Anruferin den Täter beim Namen genannt. Also musste es sich, wenn die Sache mit einem Arbeitsplatz zusammenhing, eher um einen Betrieb handeln, der, zumindest in den Augen des Rächers, durch die Bank ins Elend gekommen war.
    Wäre diese Überlegung zutreffend, dann hätte der Mann wohl die Direktion gestürmt. Handelte es sich aber um einen Delogierten, dann wäre vermutlich die Kreditabteilung sein primäres Ziel gewesen. Bronstein versuchte, sich auf dem Übersichtsplan zu orientieren. Die Kreditabteilung war im zweiten Stockwerk untergebracht, die Direktion aber befand sich auf der letzten Etage. Es konnte also nicht schaden, sich zunächst einmal im zweiten Stock umzusehen.
    Bronstein öffnete die große Tür, die, dem Aufzug genau gegenüber, auf den großen Gang führte, hinter dem straßenseitig die Büros angelegt waren. An der Wand befand sich ein Schild, auf dem ›Firmenkredite‹ und ›Privatkredite‹ geschrieben stand. Das eine Wort war von einem Pfeil nach links, das andere durch einen ebensolchen nach rechts unterstützt. Bronstein entschied sich für die linke Seite. Ohne zu klopfen, öffnete er die erste Tür. Das Zimmer war verwaist. Doch war es vom nächsten Raum durch eine Glastür geschieden, und durch diese konnte Bronstein sofort sehen, dass er den richtigen Riecher gehabt hatte. Mit dem Rücken zu ihm stand tatsächlich ein Mann, der mit einer Pistole herumfuchtelte und drei oder vier weibliche Personen in Schach hielt. Der Mann schrie laut, doch durch die geschlossene Tür vermochte Bronstein nicht zu verstehen, was er sagte. Offenbar aber forderte der Aggressor, irgendeine »Sau« möge auf der Stelle in der Abteilung erscheinen, widrigenfalls er von der Waffe Gebrauch machen werde.
    Bronstein presste sich an die Wand, um von niemandem gesehen zu werden, da ihn auch die Frauen verraten konnten, wenn sie seiner ansichtig wurden und erkennbar Hoffnung schöpften. Er versuchte auszumachen, ob es schon ein Opfer gab, doch schien es, als wäre der Schuss, den er gehört hatte, in die Decke abgefeuert worden.
    Allerdings wunderte ihn, dass dieser niemanden alarmiert hatte. Warum hatte seitens der Bank niemand Nachschau gehalten? Immerhin aber war der Täter sichtlich allein, sodass man es wohl riskieren konnte, ihn von hinten zu überraschen, um ihn so zu überwältigen. Bronstein zog seine Pistole aus der Jackentasche und sank die Wand abwärts auf den Fußboden. Dann kroch er auf allen vieren auf die Tür zu, die erst ab ihrer Mitte gläsern war. Dort angekommen, plante Bronstein sein Manöver. Er würde die Tür aufreißen, die Waffe auf den Gewalttäter richten und ihm zurufen, dass sein Spiel zu Ende war, weshalb er die Pistole fallen lassen und sich ergeben solle. Erneut atmete er tief durch, dann richtete er sich wieder auf.
    Und starrte durch das Glas auf die Pistole des Mannes, der ihren Lauf direkt auf Bronsteins Brust gerichtet hatte. Mit einer knappen Handbewegung bedeutete dieser Bronstein, er möge die Tür öffnen. »Und weg mit der Krachen«, hörte er die gedämpfte Stimme des Geiselnehmers.

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