Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
und äußer- ten ihr Beileid. Zwei ganz junge Studenten gingen in die Hocke, um das Boot zu halten, während Rollo das Ausstiegs- manöver kommandierte. Niedergeschlagen kletterten die acht Ruderer heraus. Cherry und Rollo schnitten den Mädchen ironisch-enttäuschte Grimassen.
Rollo und die Ruderer mit den Nummern drei bis sieben, begleitet von Tish und anderen Zuschauern, machten sich mit den Rudern auf den Weg zu den Gestellen an den Zelten.
»Nächstes Jahr gibt es ja wieder ein Rennen«, sagte Mere- dith gelassen.
»Und du bist ja n-noch mit dem V-vierer dran, Frieth«, trö- stete Poindexter seinen Mannschaftskapitän Rollo.
Bott wurde von allen ignoriert. Er saß im Heck, den Kopf in die Hände vergraben. Viele Menschen hielten das Boot fest, als Cherry auf ihn zuging.
»Komm schon, Alter. Jetzt ist nichts mehr daran zu än- dern.« Er streckte Bott die Hand entgegen. Der nahm die Hilfe an und stieg ungeschickt aus dem Boot. Schwankend stand er auf dem Außenpier, die Augen geschlossen, das Ge- sicht ohne jede Farbe. »Es war diese ganze Bewegung«, mur- melte er, »und die grelle Sonne auf dem Wasser. Ich hab euch doch gesagt, daß ich nicht fit genug bin heute.«
»Nicht fit!« explodierte DeLancey, der sich mit anderen Männern unterhalten hatte und jetzt herumwirbelte. »Du bist nicht fit genug, um mit Gentlemen zu verkehren, du gräß- licher Idiot! Proleten wie dich sollte man gar nicht erst aus ihren stinkigen Hütten lassen.«
Er drängte an Cherry vorbei und stieß Bott heftig vor die Brust. Der Steuermann kippte rückwärts in den Fluß.
4
Speiend kam Bott wieder an die Wasseroberfläche. Von Panik ergriffen, schrie er: »Hilfe! Ich kann doch nicht schwimmen!«
Daisy griff sich einen Bootshaken in der Nähe. Rollo bol- lerte an ihr vorbei, der Steg schwankte unter seinen schweren Tritten. Cherry war schon auf den Knien und streckte Bott die Hand entgegen.
»Ist schon in Ordnung«, sagte er beruhigend, »hier ist es gerade mal einen Meter oder anderthalb tief. Unmöglich zu ertrinken. Stell die Füße auf den Boden, Mann. Stell dich ein- fach hin.«
Mit vor Scham gerötetem Gesicht erhob sich Bott. Das Wasser reichte ihm gerade bis zur Brust. Er machte einen Schritt nach vorn, und Rollo und Cherry zogen ihn heraus. Schlammiges Flußwasser strömte ihm aus den Haaren übers Gesicht. Das durchnäßte Hemd und die Shorts klebten an seiner drahtigen, zitternden Figur.
»Wie eine ertränkte Ratte«, spottete DeLancey.
Irgend jemand in der Menge kicherte. Zwei oder drei Män- ner grinsten breit; Rollo und einige andere wandten sich ab, um ihr Lachen zu verbergen. Doch hier und da wurde DeLancey angewidert angeschaut, darunter von Cherry und Dottie.
»Für diese ganze verdammte Angelegenheit bist doch du selbst verantwortlich«, sagte Cherry wütend.
» Ekelhafte verdamme Angelegenheit«, sagte DeLancey, der Bott genau beäugte, »und es wäre nichts leichter, als dieses wi- derliche kleine Warzenschwein in eine noch ein bißchen ekel- haftere Angelegenheit zu verwandeln.«
Er trat vor, die Fäuste zum Boxkampf geballt.
»Eine Schande!« rief jemand laut.
»Moment mal, nun mach mal halblang!«
»Hör mal, der ist gerade halb so groß wie du!«
»Was s-soll denn das!« Poindexter und die anderen waren wieder zurück.
Cherry und Rollo traten vor, um einzugreifen, als ein Mann von ungefähr dreißig Jahren im dunkelblauen Blazer dazu- kam. Er war so groß wie DeLancey, aber viel schlanker. Er packte den Schlagmann beim Arm.
»Verdammt noch mal, Basil, sei kein Vollidiot.« Hastig und voller Wut wies er auf die Umstehenden und zur Zuschauer- tribüne. »Die halbe Welt schaut dir zu. Du machst hier gerade eine durch und durch ordinäre Szene.«
»Das einzig Ordinäre hier ist dieser Waschlappen von einem Steuermann«, murrte DeLancey und schüttelte die Hand des Mannes ab.
»Laß ihn in Ruhe. Du machst dich lächerlich, wenn du dich auf sein Niveau hinabläßt. Unser alter Erziehungsberechtig- ter wird vor Wut kochen. Jetzt komm gefälligst.«
»Ja, ich bitte darum, Lord DeLancey. Nehmen Sie ihn mit, schaffen Sie ihn ganz weit weg von hier!« sagte Rollo. »Das Boot kriegen wir auch ohne ihn an Land.«
»Das zahl ich dir heim, DeLancey«, rief Bott seinem Mann- schaftskameraden giftig hinterher, während dieser laut prote- stierend von seinem Bruder Cedric weggezerrt wurde. »Freu dich drauf! Du wirst schon merken, daß man Leute nicht so rücksichtslos behandeln kann, ohne daß das Konsequenzen
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