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Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Titel: Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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hat.«
Daisy wußte, daß Bott sich damit alle Sympathien ver- scherzte, die sein Unglück ihm vielleicht eingebracht hätte, und wollte ihn zum Schweigen bewegen. Sie erreichte ihn im selben Augenblick wie ein attraktives, stupsnasiges Mädchen mit kurzgeschnittenem dunkelrotem Haar unter einem frech aufgesetzten, butterblumengelben Hut.
»Nun halt aber wirklich mal den Rand, Horace«, sagte das Mädchen. Unter der dünnen Tünche von eleganten Manieren erinnerte ihr Tonfall ebenso an die Midlands wie der von Bott.
»Hast du denn nicht gesehen, was dieses Ekel getan hat?« empörte sich Bott.
»Ja, aber jetzt erregst du nur noch mehr Aufmerksamkeit. Je weniger gesagt wird, desto schneller ist das alles vorbei, finde ich. Komm lieber mit in mein Zimmer und trockne dich ab.«
»Das sehe ich genauso«, warf Daisy ein. »Am besten, wir vergessen die ganze Angelegenheit einfach. Nachdem Sie sich vorhin schon so schlecht gefühlt haben, Mr. Bott, werden Sie sich wahrscheinlich noch erkälten, wenn Sie sich nicht umziehen.«
»Vielen Dank.« Das Mädchen lächelte sie freundlich an. »Darf ich mich vorstellen? Ich bin Susan Hopgood.«
»Daisy Dalrymple. Die Mannschaft von Ambrose über- nachtet bei meiner Cousine.«
»Sehr nett, Sie kennenzulernen.«
»Übrigens die Honourable Miss Dalrymple«, sagte Bott mit einer Stimme, als wollte er den Weltuntergang verkünden.
»Laß mal gut sein, Horace«, ermahnte ihn Miss Hopgood streng, »und komm jetzt endlich. Meine Vermieterin ist wirk- lich ausgesprochen nett. Sie wird deine Kleider zum Trocknen aufhängen und uns sicherlich eine Tasse Tee brühen.« Sie nahm seinen triefnassen Ellbogen in ihre weiß behandschuhte Hand und führte ihn über die mittlerweile menschenleere Anlegestelle zum Ufer.
Unter Rollos Befehl hatte sich der Rest der Mannschaft mit einem Freiwilligen daran gemacht, das Boot aus dem Wasser zu holen. Unter Rufen wie: »Achtung, hinter Ihnen ein Boot!« gingen sie zwischen den Zuschauern hindurch zum Zelt für die Boote. Aller Augen richteten sich mittlerweile stromabwärts, wo der nächste Durchlauf des Rennens gerade begann.
Daisy hatte sich Bott und Miss Hopgood angeschlossen. Das Mädchen besaß offenbar einen starken Willen und übte einen guten Einfluß auf ihren Freund aus. Dennoch brauchte sie vielleicht Unterstützung, ihren unbeholfenen Liebsten zu vernünftigem Benehmen anzuhalten, vor allem, falls er noch einmal den Weg seines Peinigers kreuzen sollte.
Auf dem Weg zur Brücke kamen sie am Leander-Club vorüber, um den herum eine menschgewordene Schar Fla- mingos ihre rosafarbenen Blazer, Käppis, Krawatten und Socken vorführte. Daisy sah, wie die Gebrüder DeLancey mit einem dieser Vögel in das Clubhaus gingen, vielleicht war es Lord DeLanceys Gastgeber auf Crowswood. Sie hoffte, Cedric hätte Erfolg bei dem Versuch, seinen Bruder, den Honourable Basil, unter Kontrolle zu halten.
Eifrig lenkte sie Botts Aufmerksamkeit in die entgegen- gesetzte Richtung. »Sehen Sie den Schlußstein da in der Mitte der Brücke?« fragte sie. »Bevor ich herkam, habe ich ein bißchen über Henley nachgelesen. Die Köpfe – stromauf- wärts auf der anderen Seite gibt es noch einen zweiten – wur- den von einer Frau geschaffen, und das im achtzehnten Jahr- hundert!«
»Man stelle sich das vor«, sagte Miss Hopgood fröhlich. »Guck doch mal, Horace.«
Bott knurrte nur etwas Unverständliches.
»Es sind die Köpfe von Isis und Tameses. Geister des Flus- ses könnte man sie wohl nennen. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern, welcher Kopf zu welcher Figur gehört.«
»Hast du mir das nicht erzählt, daß die Themse in Oxford ›Isis‹ genannt wird, Horace?« Miss Hopgood ließ nicht locker.
»Ganz genau. Mal wieder eine dieser typischen Methoden, die Bescheidwisser von den ahnungslosen Massen auszugren- zen.«
»Du bist aber heute ein Brummbär, wo ich doch extra hier- hergekommen bin, um dich zu sehen! Na, wenn du erst mal trockene Kleider anhast und es dir gemütlich gemacht hast, wird es dir sicher gleich viel besser gehen.« Ohne ihren festen Griff an seinem Ellbogen zu lockern, wandte sich Miss Hop- good an Daisy und fragte: »Lesen Sie immer über die Orte nach, die Sie besuchen, Miss Dalrymple? Ich muß schon sa- gen, das ist wirklich eine ausgezeichnete Idee.«
»Nur, wenn ich darüber schreiben soll.«
Daisy hatte eigentlich an der Brücke umkehren wollen, aber sie wollte kein Wasser auf die Mühlen des überempfind- lichen Bott schütten.

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